«Den Regenwald einmal sehen und spüren»
31.01.2020 Baselbiet, Porträt«Den Regenwald einmal sehen und spüren»
Als neuer Geschäftsführer von Pro Natura Baselland lebt der 42-jährige Thomas Fabbro aus Kleinlützel selber sehr umweltbewusst. Morgen tritt er in Liestal seine neue Stelle an.
Jürg ...
«Den Regenwald einmal sehen und spüren»
Als neuer Geschäftsführer von Pro Natura Baselland lebt der 42-jährige Thomas Fabbro aus Kleinlützel selber sehr umweltbewusst. Morgen tritt er in Liestal seine neue Stelle an.
Jürg Gohl
Herr Fabbro, ab morgen sind Sie neuer Geschäftsführer von Pro Natura Baselland. Sind Sie nervös
Thomas Fabbro: Nein, nicht nervös, aber ich bin sehr gespannt und freue mich auf das, was auf mich zukommen wird. Etwas Respekt vor den neuen Aufgaben habe ich aber auf jeden Fall.
Ihr Vorgänger Stefan Grichting ist kaum im Amt vor über einem Jahr überraschend gestorben. Da dürfte sich ein Stapel an Arbeit angesammelt haben.
Nein, Astrid Schönenberger, welche die Geschäftsstelle interimistisch betreut, kennt Pro Natura Baselland sehr gut. Dass da eine Lawine an dringlichen Aufgaben auf mich zukommt, glaube ich nicht.
Wie stark werden Sie als Geschäftsführer die Schwerpunkte von Pro Natura Baselland mitbestimmen können?
Idealerweise werden die Geschäfte von Pro Natura Baselland durch das ganze Team, das heisst durch die Geschäftsstelle und den Vorstand getragen. Wie das dann in der Praxis genau funktioniert, wird die Zukunft weisen. Ich freue mich, gemeinsam die Schwerpunkte zu finden und diese dann beherzt umzusetzen.
Nach Ihrem Biologiestudium haben Sie Statistik studiert und halten auf diesem Gebiet an der Uni Vorlesungen. Zudem arbeiteten Sie am Unispital für die Abteilung Forschungsinfrastruktur. Sie sind also ein Quereinsteiger. Welche Vor- und Nachteile hat das?
Einen Vorteil sehe ich darin, dass ich an meiner Stelle im Spital sehr viel kennengelernt habe und so Zahlreiches gerade im organisatorischen Bereich mitnehmen kann. Meine Erfahrungen aus der klinischen Forschung in einem sehr stark regulierten Umfeld helfen mir sicher auch im Naturschutz. Ich bin überzeugt, dass sich zwei auf den ersten Blick völlig verschiedene Themen gegenseitig befruchten.
Nun schulden Sie uns noch die Nachteile.
Ich habe mir in einem für den Naturschutz fremden Gebiet ein Beziehungsnetz aufgebaut. Dieses muss ich mir nun bei Pro Natura erst erarbeiten. Doch durch meine Unterrichtstätigkeit und durch mein Engagement im lokalen Naturschutz bin ich schon in den ersten Tagen zahlreichen Personen begegnet, die ich bereits kenne oder mit denen ich schon zusammengearbeitet habe.
Als Nachteil könnte sich auch erweisen, dass Sie im Fricktal aufgewachsen sind und nun im Kanton Solothurn wohnen. Kennen Sie das politische Baselbiet gut genug?
Es wird zu einer meiner ersten Aufgaben zählen, es kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Das kann man sehr gut auch als Chance betrachten.
Schwebt Ihnen als Geschäftsführer bereits eine andere grössere Aufgabe vor, die Sie gleich anpacken wollen?
Ich habe einige Ideen. Um diese auszubreiten, ist es aber noch zu früh.
Umweltthemen diktieren gegenwärtig den politischen Alltag wie nie zuvor. Wird Pro Natura davon profitieren können?
Viele wollen heute etwas für die Natur unternehmen, und wenn wir von Pro Natura dabei in irgendeiner Form behilflich sein können, ist das eine gute Sache. Bei Pro Natura gibt es sehr viel Wissen und Erfahrung, wie sich die Biodiversität fördern lässt. Ich hoffe fest, dass die Natur und die Umwelt tatsächlich von den aktuellen Strömungen profitieren können und es nicht nur bei der gegenwärtigen Diskussion und bei leeren Worten bleibt.
Ist die Biodiversität im Naturschutz Ihr persönliches Steckenpferd?
Die Artenvielfalt nimmt im Naturschutz sicher einen zentralen Stellenwert ein, und wir sollten mit allen möglichen Massnahmen versuchen, dem gegenwärtigen Artensterben entgegenzuhalten. Dazu können wir alle etwas beitragen. Die Biodiversität lässt sich auch im Kleinen fördern. Nehmen Sie die Vorgärten bei uns. Wir sollten dort viele verschiedene heimische Pflanzen setzen. Wenn jemand es aber bei einem Kirschlorbeer statt einheimischen Arten belässt, dann tut er es sicher nicht in der Absicht, der Natur zu schaden. Deshalb sind das Sensibilisieren und die Information darüber, wie wir uns im Alltag natur- und umweltgerecht verhalten, für Pro Natura Baselland wichtige Aufgaben.
Als Geschäftsführer werden Sie damit leben müssen, dass man Ihnen genau auf die Finger schaut und jede Verfehlung unter die Nase reibt. Wie umweltbewusst leben Sie selber?
Umweltschutz ist ein wichtiges Thema, das sich durch mein Leben zieht. Mir war es immer wichtig, aufzuzeigen, dass man mit einem kleineren ökologischen Fussabdruck nicht grundsätzlich verzichten muss, sondern viel zum eigenen Wohlergehen beitragen kann. Ich lebe ohne Auto und bin seit 14 Jahren nicht mehr geflogen.
Ihr Wohnort Kleinlützel ist eher abgelegen. Sie büssen mit dem Entscheid gegen das Auto also auch Lebensqualität ein, wenn wir ehrlich sind.
Im Gegenteil. Wir sind gerade wegen der Lebensqualität nach Kleinlützel gezogen – nämlich wegen der tollen Natur zum Wandern und Velofahren. Die Verbindungen des öffentlichen Verkehrs geben auch einen gewissen Rhythmus vor, was ich sehr angenehm finde.
Das hätte das Oberbaselbiet auch zu bieten.
Richtig. Das Oberbaselbiet ist eine wunderbare Gegend mit vielen Naturschätzen. Viele Exkursionen und Wanderungen haben mich immer wieder dahin geführt. Dabei haben mich die Naturführer «Natur im Baselbiet» von Roland Lüthi stets begleitet. Ich bin gespannt darauf, die Region in meiner neuen Aufgabe noch besser kennenzulernen.
Noch zwei Fragen an Ihr Gewissen: Sie halten Schafe. Wer wird schuld sein, wenn der heimgekehrte Wolf dereinst eines dieser Schafe reisst?
Es geht nicht um die Frage der Schuld. Die Raubtiere gehören zur einheimischen Tierwelt und es freut mich, dass einige von ihnen wieder bei uns Fuss fassen. Als Tierhalter werde ich unsere Tiere so gut wie möglich davor schützen, so wie ich auch versuche, sie vor Krankheiten und Unwettern zu schützen.
Sie fliegen nicht. Doch einmal werden Sie sicher auch das Bedürfnis haben, eine völlig andere Gegend dieser Welt zu bereisen.
Ich war noch nie auf einem anderen Kontinent. Natürlich wäre es für mich als Biologe sehr verlockend, einmal den Regenwald zu sehen und zu spüren, anstatt nur darüber zu lesen. Gut möglich, dass ich mir einmal die Zeit nehme, um umweltbewusst dorthin zu reisen.
Zur Person
jg. Thomas Fabbro, ab morgen neuer Geschäftsführer von Pro Natura Baselland, ist 42 Jahre alt und lebt mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern in Kleinlützel. Aufgewachsen ist er im Fricktal, hat in Basel und Freiburg Biologie und danach in Neuenburg Statistik studiert. Er ist bereits seit Kindheit Mitglied bei Pro Natura. Er ist Präsident des lokalen Naturschutzvereins.