Sorgen wegen OECD-Steuerreform
06.12.2019 Baselbiet, WirtschaftVerliert die Region bald Einnahmen im grossen Stil?
Die OECD hat dafür gesorgt, dass das Bankgeheimnis in der Schweiz fällt und ausländische Firmen nicht mehr bevorzugt besteuert werden dürfen. Jetzt liegt bereits eine nächste OECD-Forderung für eine grosse Steuerreform auf dem Tisch. ...
Verliert die Region bald Einnahmen im grossen Stil?
Die OECD hat dafür gesorgt, dass das Bankgeheimnis in der Schweiz fällt und ausländische Firmen nicht mehr bevorzugt besteuert werden dürfen. Jetzt liegt bereits eine nächste OECD-Forderung für eine grosse Steuerreform auf dem Tisch. Für die Region Basel könnten die Folgen negativ sein.
Paul Aenishänslin
Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Sitz in Paris, der alle marktwirtschaftlichen Industrieländer angehören, hat jüngst einen Plan vorgelegt, der für mehr internationale Steuergerechtigkeit sorgen soll. Bis jetzt werden Unternehmen primär dort besteuert, wo sie ihren Hauptsitz haben. Neu müssten Firmen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie erwirtschaftet werden. Das heutige zentralistische Steuersystem bei der Besteuerung der Gewinne weltweit tätiger Firmen würde durch ein viel dezentraleres System der steuerlichen Belastung dieser Unternehmen abgelöst.
Diesen Systemwechsel strebt die OECD an, um beispielsweise die Gewinne der Tech-Giganten wie Google, Facebook und Amazon stärker besteuern zu können, und um Firmenumzüge aus steuertechnischen Gründen zu unterbinden. Die OECD geht davon aus, dass den Staaten jährlich 100 bis 240 Milliarden US-Dollar an Steuern aufgrund von Steuerflucht und anderer Steuervermeidungstaktiken entgehen. Gewinner wären die Länder, in denen international tätige Firmen viel Umsatz machen, wie China, Indien, Brasilien oder auch Frankreich. Verlierer wären insbesondere kleine Staaten, in denen sich viele Hauptsitze weltweit tätiger Konzerne befinden, wie Irland und die Schweiz, die vergleichsweise geringe Gewinnsteuersätze kennen.
Im Kanton Baselland ist gerade am 24. November der Steuerkompromiss angenommen worden, der dafür sorgt, dass inländische und ausländische Gewinne von Firmen mit Sitz in der Schweiz gleich stark besteuert werden. Jetzt könnte es in zwei bis drei Jahren wieder zu einer neuen Regelung in der Besteuerung von international tätigen Unternehmen kommen. Es gibt Befürchtungen, dass die Schweiz, die viele Sitze weltweit tätiger Firmen beherbergt, insgesamt bis zu 5 Milliarden Franken an Gewinnsteuern verlieren könnte, falls der neue OECD-Plan zur internationalen Norm wird. Immerhin ist zu sagen, dass es sich im Augenblick erst um eine Absichtserklärung handelt und die Schweiz als OECD-Mitglied auch die Möglichkeit hat, in der laufenden Diskussion ihren Standpunkt einzubringen.
Der Kanton Basel-Stadt würde von diesem neuen Regime vermutlich besonders betroffen, haben doch dort mehrere international sehr erfolgreiche Firmen wie die Pharma-Riesen Novartis oder Roche ihren Hauptsitz. Momentan zahlen die Unternehmen in Basel-Stadt rund 750 Millionen Franken Steuern im Jahr, was beispielsweise über die gemeinsame Uni Basel oder kulturelle Einrichtungen der ganzen Region zugutekommt.
Im Baselbiet erreichen die Steuern der juristischen Personen nicht einmal ein Drittel. Würde das vorgeschlagene neue OECD-Regime weltweit verbindlich, auch für die Schweiz, könnten insbesondere in Basel-Stadt grosse Steuerausfälle drohen – eine schlechte Entwicklung wohl auch für das Baselbiet. Der Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, Christoph Buser, ist im Interview mit der «Volksstimme» (siehe unten) der Ansicht, die Steuerpläne der OECD könnten für unsere Region sehr schädlich werden.