Hybridorgel benötigt noch Gönner
20.12.2019 Gelterkinden, KircheSebastian Schanzer
Die Katholische Kirchgemeinde Gelterkinden ist an einem Wendepunkt angekommen: Freiwillige, Helfer und Behördenmitglieder ziehen sich mehr und mehr zurück. Die Last auf den Schultern der Angestellten nehme zu, war in der Ausgabe des Publikationsorgans ...
Sebastian Schanzer
Die Katholische Kirchgemeinde Gelterkinden ist an einem Wendepunkt angekommen: Freiwillige, Helfer und Behördenmitglieder ziehen sich mehr und mehr zurück. Die Last auf den Schultern der Angestellten nehme zu, war in der Ausgabe des Publikationsorgans «Kirche heute» von Ende Oktober zu lesen. Würde diese «gefährliche Tendenz» anhalten, dann gäbe es eines Tages auch keine Angestellten mehr. «Ende, aus!», steht im Text, unterzeichnet vom Pastoralteam Gelterkinden.
Damit das befürchtete Szenario nicht eintrifft, will die Pfarrei ihre Mitglieder künftig enger an sich binden. Durch Hausbesuche und persönliche Gespräche mit den rund 2500 Gläubigen aus Gelterkinden und den 14 umliegenden Gemeinden soll die Kirche näher an die Freuden und Hoffnungen, Ängste und Sorgen der Menschen herangeführt werden, heisst es im eingangs zitierten Entwicklungskonzept.
Viel Hoffnung steckt die Kirche auch in das Projekt Orgelsanierung 2020. Die 1961 eingeweihte Orgel ist ein Sanierungsfall. Mit einem Wert von mehr als einer halben Million Franken ist sie aber das wertvollste Infrastrukturobjekt der Kirchgemeinde. An einer ausserordentlichen Versammlung stellte der Kirchgemeinderat, der für die Verwaltung der Steuergelder sowie für den Unterhalt und Betrieb der Gebäude verantwortlich ist, im April seine Pläne mit dem Instrument vor: Pfeifen und Windladen werden revidiert, die Elektrik erneuert und – das ist der umstrittene Teil – durch einen digitalen Spieltisch erweitert. Die Töne der sogenannten Hybridorgel, die künftig den Kirchensaal erfüllen sollen, kommen zum einen aus den Orgelpfeifen, zum anderen aber – elektronisch erzeugt – aus dem Lautsprecher. Für Kritiker dieser Technik ein Betrug am Kirchgänger, für die Befürworter ein Gewinn an Klangvielfalt und die Chance, externe Organisten für Gast-Konzerte zu gewinnen.
Zweckentfremdung oder nicht?
Im Finanzierungsplan des Projekts war vorgesehen, dass sich die Kirchgemeinde mit 50 000 Franken und die Landeskirche mit 30 000 Franken an der Sanierung beteiligen. Weitere 140 000 Franken sollten über ein Crowdfunding-Projekt sowie mit Stiftungsgeldern, Spenden und Sponsorenbeiträgen gesammelt werden. Die Kirchgemeindeversammlung bewilligte die Orgelsanierung im April einstimmig, das anschliessende Crowdfunding-Projekt scheiterte allerdings. Von den angestrebten 70 000 kamen nur gerade 13 250 Franken zusammen. Die Kirchgemeinde teilte daraufhin entschlossen mit: «Trotzdem werden wir unser Orgelprojekt so wie geplant umsetzen!»
Nun ist auch klar, wie: Im Protokoll der folgenden Kirchgemeindeversammlung vom 11. Juni steht unter Punkt 6, «Informationen des Kirchgemeinderats»: «Der Ersatz der Garagen neben dem Pfarramt ist zurückgestellt worden. Der gesprochene Kreditantrag wird sistiert. Die Finanzierung dafür wird im Moment für die Orgelsanierung und wichtigere Umbauten verwendet.»
Bei dem erwähnten Kredit handelt es sich um 60 000 Franken, welche die Versammlung im November 2018 für den Ersatz der Garagen neben dem Pfarramt gesprochen hatte. Diese Information teilte der Kirchgemeinderat mit, noch bevor das Scheitern des Crowdfundings überhaupt sicher war.
Will sich der Kirchgemeinderat für seine Hybridorgel also aus einem Topf bedienen, der vom Kirchensteuerzahler für ganz anderes vorgesehen ist? Die Anfrage der «Volksstimme» leitet die Gelterkinder Kirchgemeinderatspräsidentin Cordula Schneider weiter an die Landeskirche, welche die Aufsicht über die Baselbieter Kirchgemeinden innehat. Dort ist man davon überzeugt: Juristisch ist an der Sistierung des Kredits für den Garagen-Neubau nichts zu beanstanden. Die Idee, den Garagenkredit zurückzustellen sei sogar gut, sagt Dominik PrétÔt, Mediensprecher der Landeskirche. Durch die Sistierung des Kreditantrags für den Garagenneubau stünden der Kirchgemeinde die vorerst noch nicht benötigten 60 000 Franken als liquide Mittel zur Verfügung. «Das Geld darf aber nicht einfach in die Orgelsanierung umgeschoben werden, das ist klar.» Die zitierte Information der Kirchgemeinde sei missverständlich formuliert.
Das Kostendach von 220 000 Franken für die Orgelsanierung sei aber von der Kirchgemeindeversammlung im April bewilligt worden und der in der Vorlage präsentierte Finanzierungsplan lediglich ein anzustrebendes Ziel und nicht verbindlich, so PrétÔt. «Zur Sammlung der Gelder sind verschiedene Aktionen geplant.» So fänden Veranstaltungen zugunsten der Orgelsanierung statt, Stiftungen und Institutionen würden angefragt und nach Umsetzung des Projekts werde eine Eingabe bei der Bausubventionskommission der Landeskirche gestellt.
Kein Gesuch bei Swisslos-Fonds
In der gestrigen Ausgabe der «Basler Zeitung» liess sich der Projektverantwortliche Organist Thomas Brand zitieren, die Finanzierung sei durch die Beiträge der Kirchgemeinde, der Landeskirche, des Swisslos-Fonds und durch Spenden gesichert. Der Swissloss-Fonds hat Stand heute allerdings weder ein Gesuch erhalten, geschweige denn eines bewilligt, wie Diana Lutz, Sachbearbeiterin beim Swisslos-Fonds, auf Nachfrage sagt. Angaben darüber, mit welchen Geldern das Orgelprojekt finanziert werden soll, bleibt die Gelterkinder Kirchgemeinde gegenüber der «Volksstimme» schuldig. Spenden sammelt die Kirchgemeinde jedenfalls nach wie vor und mittlerweile seien mehr Gelder zusammengekommen als beim gescheiterten Crowdfunding-Projekt, so Brand in der BaZ. Und bei der Sicherung der finanziellen Mittel ist durchaus Eile angesagt: Der Orgelbauer soll bereits am 17. Februar mit den Revisionsarbeiten beginnen. Die Einweihung ist auf den 23. August angesetzt.
Wer zuvor noch ein Konzert auf der alten Orgel hören will, ist eingeladen, am 25. Januar dem Domorganisten von Schwerin bei seinem Gastauftritt in der katholischen Kirche Gelterkinden zuzuhören. Dort ist auch eine Kollekte für Spenden deponiert.