Eine Leidenschaft fürs Leben
31.12.2019 Bezirk Waldenburg, Waldenburg, Kultur, PorträtBeat Eggenschwiler ist auch mit 81 Jahren noch begeisterter Modelleisenbähnler
Es gibt sie auch im digitalen Zeitalter noch, die «Ysebähnler» mit ihren nostalgischen, analog betriebenen Modelleisenbahnen. Aber es werden ihrer immer weniger.
Elmar ...
Beat Eggenschwiler ist auch mit 81 Jahren noch begeisterter Modelleisenbähnler
Es gibt sie auch im digitalen Zeitalter noch, die «Ysebähnler» mit ihren nostalgischen, analog betriebenen Modelleisenbahnen. Aber es werden ihrer immer weniger.
Elmar Gächter
Gegen 80 Lokomotiven fahren ein, fahren ab, rangieren oder warten auf ihren nächsten Einsatz. Fast wie im Hauptbahnhof Zürich, einfach ein bisschen kleiner und nostalgischer. Denn wo verkehren auf dem heutigen Schienennetz noch Dampflokomotiven, wo noch legendäre Gotthard-Krokodile oder Rote und Blaue Pfeile? Gut, es gibt noch wenige davon, aber sie sind rar geworden, und wenn sie unterwegs sind, dann höchstens, um Eisenbahnfans eine Freude zu bereiten.
Ein Eisenbahnfan ist auch er, oder genauer: ein Modelleisenbahnfan. Und der Hinweis auf den Hauptbahnhof Zürich ist so weit nicht hergeholt. Denn dort hat Beat Eggenschwiler als junger Bursche zahlreiche Ferienwochen bei einem Bekannten verbracht, dessen Beruf Lokomotivführer war. «Mitfahren auf einer der grossen Loks, wenn sie im Sackbahnhof zur Weiterfahrt rangiert werden mussten, war ein absolutes Highlight für mich», erinnert sich der inzwischen 81-Jährige.
«Ich habe nicht einmal zu träumen gewagt, jemals eine elektrische Eisenbahn zu besitzen», sagt Eggenschwiler. Denn dies war finanziell schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit in einer Familie mit fünf Kindern, deren Vater starb, als der kleine Beat erst zehn Jahre alt war.
Und so hat er sich mit seinem kargen Stiftenlohn als Schriftsetzer gerade einmal dieses oder jenes kleine Modellauto leisten können, die heute in einer Vitrine in seinem Haus in Waldenburg ihr stilles Dasein fristen.
Bis ihm ein Kollege einen Sack voller Märklin-Eisenbahnwagen und Lokomotiven schenkte mit dem Wunsch, er möge doch seinen drei Söhnen eine Anlage bauen. «Dies habe ich auch gemacht, und diese immer mehr erweitert, bis meine Kinder eines Tages keine Freude mehr am ‹Ysebähnle› hatten», blickt Eggenschwiler zurück. «Und so habe ich halt selber mehr und mehr Freude daran gewonnen.»
Als Bahnjournalist unterwegs
Seine Verbundenheit mit der Eisenbahn lebte Beat Eggenschwiler auch als Geschäftsführer des ehemaligen «Waldenburger Anzeigers», der unter seiner Leitung zur heutigen «Oberbaselbieter Zeitung» (OBZ) mutierte. Speziell faszinierte ihn die Waldenburgerbahn (WB), deren Bahnhof wenige Meter von seinem Wohnhaus entfernt lag.
Als Bahnjournalist berichtete er laufend über den öffentlichen Verkehr im Waldenburgertal, aber auch über wichtige Entwicklungen in ganz Europa. Und aus Anlass des 100-Jahre-Jubiläums der WB im Jahr 1980 nahm er im Komitee Einsitz und war für den einwandfreien Druck der 160-seitigen Chronologie verantwortlich.
Selbstverständlich umfasst seine Modelleisenbahnanlage, die er nach seiner Berufslaufbahn vom ehemaligen Sitz der OBZ in sein neues Zuhause an der Mosermattstrasse zügelte, auch die 9-Millimeter-Spur H0e, massstabgetreu jener der WB entsprechend. Und so präsentiert sich auch die Station Lampenberg, die er selber nach Originalplänen aus dem Jahr 1880 nachgebaut hat. Wie viele Meter Schienen, zur Hauptsache Spur H0, hier in der ehemaligen Garage miteinander verbunden sind, weiss Eggenschwiler nicht, aber einige Hundert dürften es im rund 20 Quadratmeter grossen Raum schon sein.
Vieles auf seiner Anlage ist als Fantasiegebilde in seinem Kopf entstanden. Da wechseln sich schon mal Holzhäuser aus dem Schwarzwald mit einem Tanklager oder einem Militärschiessplatz samt Panzer ab, selbst ein Umschlaghafen mit Hafenbahn und Verlademöglichkeit auf eine Fähre fehlen nicht.
Rümlinger Viadukt
Besonders stolz ist Beat Eggenschwiler auf jenes Geschenk, das ihm seine Brüder zum 50. Geburtstag in vielen Stunden gestaltet haben: Das Eisenbahnviadukt Rümlingen, aus Massivholz im Massstab 1:100 nach Plänen von 1852 erstellt. «Dieses Modell gibt es nur einmal. Und wenn erst noch eine Zugskomposition aus der Zeit der Centralbahn darüberfährt, ist es schon etwas ganz Besonderes», schwärmt er nach wie vor von diesem speziellen Bauwerk.
Schade nur, kann er diese Freude nicht mit jungen Modelleisenbähnlern teilen. Weder seine Enkel noch andere Junge hätten Interesse an seiner Anlage. «Heute ist halt alles digital, was ich mir seinerzeit schlicht und einfach nicht leisten konnte», sagt Eggenschwiler. So wird er seine Anlage noch so lange betreiben, wie ihm dies aus gesundheitlichen Gründen möglich ist.
«Im Moment lässt mich der Modelleisenbahn-Virus allerdings noch nicht los», sagt er und steuert mit seinen Transformern eine seiner Rangierloks samt Güterwagen voll Leidenschaft über das weit verzweigte Schienennetz.