«Diese Pläne sind brandgefährlich»
06.12.2019 Baselbiet, WirtschaftWirtschaftskammerdirektor Christoph Buser zu den OECD-Plänen (Weiterlesen: «Sorgen wegen OECD-Steuerreform»)
Paul Aenishänslin
Herr Buser, wie beurteilen Sie die ...
Wirtschaftskammerdirektor Christoph Buser zu den OECD-Plänen (Weiterlesen: «Sorgen wegen OECD-Steuerreform»)
Paul Aenishänslin
Herr Buser, wie beurteilen Sie die erfolgte Annahme der Steuervorlage 17 durch das Baselbieter Volk am 24. November?
Christoph Buser: Ich bin sehr froh, dass wir vom überparteilichen Komitee «Ja zur Steuervorlage 17» den Wählerinnen und Wählern mit einer volksnahen Kampagne die vielseitigen Vorteile dieser ausgewogenen Steuervorlage aufzeigen konnten. Fast 65 Prozent der Wählerschaft auf unserer Seite zu haben, ist für uns ein schöner Erfolg. Die nun für die Unternehmen geschaffene Rechts- und damit Planungssicherheit ist enorm wichtig.
In der OECD werden schon wieder neue Pläne geschmiedet, die Besteuerung multinationaler Firmen auf neue Grundlagen zu stellen, vor allem weg von der Besteuerung am Hauptsitz und näher dorthin, wo diese Unternehmen ihren Umsatz erzielen. Was halten Sie von diesen Plänen?
Diese Pläne sind für unsere Region brandgefährlich. Sie zeigen einmal mehr, wie wenig Rücksicht grosse internationale Organisationen – der Auftrag für die Pläne kommt von der G-20 – auf nationale Interessen nehmen. Für ein kleines Land wie die Schweiz hätte dieser Schritt gravierende Konsequenzen und würde zu massiven Steuerausfällen führen. Die Unternehmen würden also von der guten Infrastruktur und den stabilen Verhältnissen bei uns profitieren, einen grossen Teil ihrer Steuern aber den Nationen mit vielen Konsumentinnen und Konsumenten wie Indien, China oder auch Hochsteuerländern wie Frankreich abtreten.
Angenommen, diese OECD-Steuerpläne würden Wirklichkeit und zur internationalen Norm. Wie sehen Sie die Auswirkungen für die Schweiz?
Finanzminister Ueli Maurer hat bereits im vergangenen Sommer vor den Plänen gewarnt. Er meinte, dass diese Pläne das Schweizer Steuersystem auf den Kopf stellen könnten. Ich befürchte, es würde zu massiven Steuerausfällen in Milliardenhöhe kommen. Um diese zu kompensieren, wird es zu Einsparungen in Bereichen wie Infrastruktur, Bildung und Sicherheit kommen, und es muss mit Steuererhöhungen auch für natürliche Personen gerechnet werden.
Wie könnten die Auswirkungen für die Region Basel, insbesondere für Basel-Stadt, aussehen?
Gerade unsere Region mit den grossen, starken internationalen Firmen wäre massiv betroffen, dabei insbesondere Basel-Stadt. Die Pharma-Multis Roche, Syngenta und Novartis kommen in der Stadt für rund 20 Prozent des Steueraufkommens auf. Die Millionenbeträge der Grosskonzerne sorgen für Wohlstand und geben dem Kanton grossen Handlungsspielraum, der dann wegfällt. Werden die Pläne der OECD dereinst umgesetzt, dürfte vor allem die neue Basler Finanzdirektorin Tanja Soland sehr viele schlaflose Nächte haben.
Und die Auswirkungen gerade auch für das Baselbiet?
Unser Kanton wäre zwar nicht im gleich hohen Mass betroffen wie Basel-Stadt, aber auch wir müssten mit substanziellen Steuerausfällen rechnen. Dazu kommt die Unsicherheit. Diese ist für Unternehmen und ihre Pläne immer Gift, was unsere regionale und nationale Standortattraktivität schwächen würde. Kommt hinzu, dass Basel-Stadt mit der Unternehmenssteuerreform und Baselland gerade erst mit der SV 17 gute Steuerreformen durchgeführt haben, die dann bereits zu grossen Teilen wieder hinfällig werden dürften.
Was wäre das Rezept der Wirtschaftskammer Baselland, um die schädlichen Auswirkungen einer solchen von der OECD diktierten Neuordnung der Besteuerung international tätiger Firmen auf das Baselbiet möglichst gering zu halten?
Es ist noch zu früh, um die genauen Folgen der Pläne abzuschätzen. Erst wenn die OECD Details zur Steuerreform bekannt gibt, können wir uns mit Massnahmen und Rezepten gegen eine schädliche Auswirkung auf unsere Region auseinandersetzen. Es dürfte viel Arbeit auf uns zukommen.
Welche Stellungnahme erwarten Sie nun vom Bundesrat?
Der Bundesrat ist sicher gut beraten, die Pläne der OECD sehr ernst zu nehmen und unsere nationalen Interessen mit grosser Vehemenz zu vertreten. Er muss sich Verbündete mit ähnlichen Interessen suchen und aktiv und mutig daran mitarbeiten, dass die Regeln auch im Interesse der Schweiz formuliert werden. Ich hoffe, dies gelingt unseren Diplomaten besser als dazumal beim Bankgeheimnis.