«Es braucht immer wieder Kompromisse»
29.11.2019 Bezirk Waldenburg, Porträt, HölsteinGabriel Antonutti spendet seinem Gemeinderatsteam Lob
Er hat vier Jahre lang die Geschicke des «Gwaaggendorfs» geleitet. Amtsmüde ist Gabriel Antonutti zwar nicht. Dennoch freut er sich nach seinem Rücktritt als Hölsteiner Gemeindepräsident auf mehr Zeit mit der ...
Gabriel Antonutti spendet seinem Gemeinderatsteam Lob
Er hat vier Jahre lang die Geschicke des «Gwaaggendorfs» geleitet. Amtsmüde ist Gabriel Antonutti zwar nicht. Dennoch freut er sich nach seinem Rücktritt als Hölsteiner Gemeindepräsident auf mehr Zeit mit der Familie.
Elmar Gächter
«Mit Wehmut.» Dies die Antwort von Gabriel Antonutti auf die Frage, mit welchen Gefühlen er Ende August sein Amt als Gemeindepräsident von Hölstein niedergelegt hat. Er blickt auf rund acht Jahre Tätigkeit in der Hölsteiner Exekutive zurück, die er die letzten vier Jahre geleitet hat und nennt berufliche Gründe, die ihn zu dem Rücktritt bewogen haben. «Ich musste mir eingestehen, dass sich meine Weiterbildungen als Mitarbeiter einer hiesigen Regionalbank zeitlich nicht mehr mit meinem öffentlichen Amt vereinbaren lassen», hält er fest. Zudem wolle er wieder vermehrt Zeit mit seiner Familie verbringen.Von Amtsmüdigkeit könne jedoch keine Rede sein.
Monica Gschwind, die heutige Regierungsrätin und damalige Gemeinderätin, war es, die den politischen Nobody motivieren konnte, sich für das vakante Amt als Behördenmitglied in Hölstein zu bewerben. Wer hätte damals gedacht, dass Gabriel Antonutti seine Promotorin ein paar Jahre später als Gemeindepräsident beerben würde. «Ich wurde von Anfang an sehr gut in das gemeinderätliche Team integriert. Dies hat mir den Einstieg in das Amt ausserordentlich erleichtert», blickt er zurück.
Schnell musste er allerdings feststellen, dass er sich auf einer Gratwanderung befand zwischen den Erwartungen der Bevölkerung und der Tatsache, dass ein solches Mandat praktisch wenig eigene Kompetenzen zulässt.
Eine Prise Narzissmus
Als eigentliches Salz in der Suppe der Gemeinderatsarbeit bezeichnet Antonutti den Anschub und die Realisierung von grösseren Projekten. Dies sei ihm als Vorsteher des Departements Schule mit dem Spielplatz beim Holde-Schulhaus gelungen. «Eigentlich wollten wir nur ein paar Spielgeräte aufstellen und standen am Schluss vor einer Investition von 350 000 Franken. Hier wurde mir bewusst, welche Konsequenzen ein zunächst nur kleineres Vorhaben haben kann», so Antonutti.
Dass er nach der Wahl von Monica Gschwind in den Regierungsrat ein Auge auf das frei gewordene Amt als Gemeindepräsident von Hölstein geworfen hat, mag Gabriel Antonutti nicht ganz verschweigen. «Und als in der Gemeinderatsrunde die Nachfolge zur Sprache kam, und ich mich dahingehend äusserte, dass ich mir später diese Funktion vorstellen könne, war ich schon gewählter Kandidat.» Man müsse halt schon ein wenig narzisstisch veranlagt sein, wenn man sich für ein solches Amt zur Verfügung stelle, meint Antonutti und lacht. Einfach sei er nicht gewesen, der Sprung vom Gemeinderat zum Gemeindepräsidenten. «Wie kommen meine Pläne für Veränderungen an, wie führe ich die Sitzungen vor Kolleginnen und Kollegen, die schon viel länger als ich im Rat sitzen?» Da müsse er seinem Team ein grosses Kränzchen winden. Stets sei offen, fair und fern aller parteipolitischen Aspekte über die Geschäfte diskutiert worden. «Es ist nie jemand mit einem roten Kopf aus unseren Sitzungen gelaufen», hält Antonutti fest.
Sein Ziel als Gemeindepräsident sei es von Anfang an gewesen, bereits seit längerer Zeit anstehende Probleme anzugehen. Er erwähnt dabei die Ribigasse, deren Bachmauer vor dem Zusammenbruch gestanden habe, die Neuregelung der Wasserversorgung oder die Sanierung des Stutzwegs. «Und, was ich allerdings weder den Gemeinderatskollegen noch der Öffentlichkeit je verraten habe: Der Steuersatz darf nicht erhöht werden.» Dass seine Ziele in weiten Teilen erreicht werden konnten, schreibt er auch der Verwaltung und dem Werkhofteam zu. Es habe ihn extrem stolz gemacht, so tolle Leute mit ihrem grossen Effort hinter sich zu wissen.
Dass an Gemeindeversammlungen von einer bestimmten Personengruppe immer wieder Opposition gegen Gemeinderatsgeschäfte vorgebracht wurde, ist an Gabriel Antonutti zwar nicht ganz spurlos vorbeigegangen, aber als persönliche Eingriffe habe er sie nie empfunden. Auch musste er sich eingestehen, dass ihm an seiner letzten Versammlung als Gemeindepräsident ein Verfahrensfehler passiert ist, der später korrigiert werden musste. «Es stand für mich jedoch nie zur Diskussion, den Bettel hinzuschmeissen», erwidert er auf Stimmen, die diesen Vorfall als Grund für seinen Rücktritt werten wollten.
Gabriel Antonutti ist mit der Genugtuung zurückgetreten, mit «Futurum» ein Projekt angestossen und vertreten zu haben, das für Hölstein eine erfreuliche Zukunft verspricht. Dass dabei die Bevölkerung in breitem Mass in die Diskussion einbezogen wird, entspricht seinem grundsätzlichen Verständnis von gelebter Demokratie. «Ich bin stark der Meinung, dass es nur miteinander und nicht gegeneinander gute Lösungen gibt. Und vor allem braucht es immer wieder Kompromisse. Nur dies bringt uns weiter», ist er überzeugt.
GABRIEL ANTONUTTI
emg. Der 44-jährige Gabriel Antonutti ist in Arboldswil aufgewachsen und wohnt mit seiner Frau und seinen beiden schulpflichtigen Kindern seit 2003 in Hölstein. Er absolvierte eine Banklehre beim seinerzeitigen Bankverein und ist heute Spezialist für Privatkunden bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank. Er will sich in seiner nicht beruflichen Zeit vermehrt seiner Familie widmen.
«Wir haben uns das nötige Vertrauen geschenkt»
Herr Antonutti, was war das persönliche Highlight in Ihrer Amtszeit?
Neben den verschiedenen Projekten war es vor allem die Zusammenarbeit im Gemeinderat. Wir sind uns stets mit der nötigen Wertschätzung begegnet und konnten sehr lösungsorientiert arbeiten. Toll war auch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung und anderen politischen Gremien. Dies war nicht zuletzt deshalb möglich, weil wir uns Freiraum gegeben und vor allem das nötige Vertrauen geschenkt haben.
Was sind die grössten kommenden Herausforderungen für die Gemeinde Hölstein?
Es geht darum, die Ergebnisse von «Futurum» umzusetzen, die zweite Turnhalle also oder das Wohnquartier in der Husmatt. Von der finanziellen Seite her sollte dies möglich sein. Wichtig wäre auch, altersgerechte Wohnungen zu erstellen, damit die älteren Leute im Dorf bleiben können. Und wenn unsere jungen Einwohner eine gute Zeit hier haben, ist die Chance gross, dass sie später wieder hierher zurückkehren und eine Familie gründen. Sorge tragen müssen wir zu unseren KMU und Industriebetrieben. Wir haben hier Top-Firmen, sei es in der «Bärenmatte» oder mitten im Dorf.
Welchen Rat geben Sie Ihrer Nachfolgerin?
Vertrauen zum Personal der Verwaltung und des Werkhofs zu haben, dass es frei arbeiten und sich entfalten kann. Und im Übrigen bin ich überzeugt, dass es Andrea Heger zwar in vielen Dingen anders macht als ich, aber bestimmt gut.