Lobbyist und Dienstleister
08.10.2019 BaselbietSeit gut einem Jahr ist Markus Meier Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbands. Mit der «Volksstimme» plauderte er über den Dauerbrenner Eigenmietwert und womit er dafür sorgt, dass sein Verband nichts von seiner Schlagkraft verliert.
Christian ...
Seit gut einem Jahr ist Markus Meier Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbands. Mit der «Volksstimme» plauderte er über den Dauerbrenner Eigenmietwert und womit er dafür sorgt, dass sein Verband nichts von seiner Schlagkraft verliert.
Christian Horisberger
Für so ein Büro würden viele Menschen töten: offener, grosszügiger Raum, wunderschönes altes Parkett, Holzmöblierung, reichlich Tageslicht und vor dem Fenster nicht etwa eine graue Fassade, womit man in einem Zürcher Wohnquartier rechnen würde, sondern eine grüne Baumkrone. «Im Winter ist es noch besser», sagt Markus Meier, dessen Name auf dem Schild neben der Bürotür steht. «Wenn der Baum sein Laub verliert, sieht man sogar direkt auf den See.» Den Zürichsee. Das Büro befindet sich im ersten Stock einer Liegenschaft im Zürcher Seefeld, wo die Geschäftsstelle des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV) eingemietet ist. Meier ist seit gut einem Jahr dessen Direktor.
Wegen der Seesicht habe er sich nicht entschieden, Tag für Tag für Tag von Ormalingen nach Zürich zu pendeln, versichert der 58-Jährige. Auch nicht, weil ihm am «Altmarkt» in Liestal, bei der Wirtschaftskammer Baselland, für die er 25 Jahre gearbeitet hatte, die Luft zu dick geworden wäre: Sein Jobwechsel fiel in eine Zeit, als das einstige Baselbieter Polit-Machtzentrum unter dem Dauerfeuer von Medien und politischen Gegnern lag. Er habe nicht das unter Beschuss stehende Schiff verlassen, versichert Meier, sondern eine einmalige Chance gepackt.
Stolz aufs Eigenheim
«Ich habe mich immer voll mit dem Wohneigentum identifizieren können», sagt Meier. Die Grosseltern lebten in Einfamilienhäusern, er ist in Zunzgen ebenfalls in einem Einfamilienhaus aufgewachsen. Und zusammen mit seiner Frau erwarb auch er Wohneigentum: Ein frei stehendes Einfamilienhaus auf einem bescheidenen Grundstück. Am Eigenheim, in dem er mit seiner Frau einen Sohn aufzog, habe er Freude, sagt Meier, und er sei auch stolz darauf: «Meine Frau und ich haben gezielt darauf hingearbeitet und dafür auf vieles verzichtet. Von nichts kommt nichts.»
Die Liaison zwischen Meier und dem HEV dauert bereits mehr als 30 Jahre an. Sie begann, als er den Baugrund für sein Haus erwarb und dem HEV Gelterkinden und Umgebung beitrat. Er wurde bald darauf Geschäftsführer des Kantonalverbands, 2013 löste er Hans Rudolf Gysin als dessen Präsident ab und nahm im Vorstand des Schweizerischen HEV Einsitz. Während er das Kantonalpräsidium mit dem Wechsel nach Zürich abgab, ist er nach wie vor Chef der Regionalsektion: «Der Kontakt zur Basis ist mir wichtig.»
Meier, der bei der Maloya in Gelterkinden eine KV-Lehre absolviert und einen Abschluss als Marketingplaner in der Tasche hat, setzte sich im Bewerbungsverfahren gegen mehr als 100 Bewerber durch. So wurde die ehemalige Nummer zwei der angeschlagenen Baselbieter Wirtschaftskammer zur Nummer eins des schlagkräftigen HEV Schweiz. Mit seinen 335 000 Mitgliedern in 117 Sektionen verfügt der Verband über die wichtige «Referendumsfähigkeit»: Er kann aus den eigenen Reihen die nötige Anzahl Unterschriften aufbringen, um eine eidgenössische Volksinitiative (100 000) oder ein Referendum (50 000) zu lancieren.
Diese Macht zu erhalten und zu stärken, ist eine der Hauptaufgaben des HEV-Direktors. Er managt die Geschäftsstelle mit 19 Mitarbeitenden, er sorgt dafür, dass die Wohneigentümer von der Verbandsmitgliedschaft einen handfesten Nutzen haben. Den bieten der HEV Schweiz und dessen Sektionen mit einem breiten Dienstleistungsangebot, bestehend aus Formularen für die Vermietung oder Verwaltung von Liegenschaften, Ratgebern zu Themen wie Renovieren oder Altersvorsorge sowie Kursen von «Bauen und Wohnen» bis «Stockwerkeigentum».
Zudem vermittelt der HEV seinen Mitgliedern zu Vorzugskonditionen allerlei Produkte für Haus und Herd und selbst Ausflüge und Reisen können über den HEV gebucht werden – mit Preisvorteilen für Mitglieder, versteht sich.
Meier hat das bereits breite Angebot kurz nach seinem Amtsantritt erweitert:Vermieter können jetzt über den HEV ohne grossen administrativen Aufwand Bonitätseinkünfte potenzieller Mieter einholen – dazu einen fälschungssicheren Betreibungsregisterauszug. Ausserdem hat der Baselbieter die Anpassung der Mitgliederdatenbank auf den neusten technischen Stand und eine «Kundenzufriedenheitsumfrage» an die Hand genommen, die mit der aktuellen Ausgabe der Verbandszeitung «Der Schweizerische Hauseigentümer» lanciert wird. Vor allem aber habe er nach dem Stellenantritt auch Struktur und Betrieb der Organisation durchleuchtet, um möglichen Optimierungsbedarf auszuloten.
Ans Rampenlicht gewöhnt
Das Verbandsmanagement passiert unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit. Macht der HEV aber Politik, sind für öffentliche Auftritte die rhetorischen Fähigkeiten und Verkaufsqualitäten des Direktors gefragt. Da kommt ihm auch seine Erfahrung als Laienschauspieler in früheren Lebensjahren zugute. «Ich gerate nicht gleich ins Schwitzen, wenn das ‹10vor10› oder die ‹Tagesschau› vorbeikommt.» Es sei wichtig, dass der HEV regelmässig in den Medien präsent ist, sagt Meier. Das Medieninteresse zeige die politische Bedeutung und Stärke des Verbands auf.
Gut möglich, dass die Fernsehleute in den kommenden Monaten öfter bei ihm anklopfen. Denn der Eigenmietwert, den Wohneigentümern seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge, steht wieder einmal zur Debatte. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) hat sich der Petition angenommen, die der HEV mit mehr als 140 000 Unterschriften garniert eingereicht hatte. Zurzeit ringt die WAK-S noch darum, welche Kompensationsmassnahmen die Hauseigentümer leisten sollen, wenn man sie von der Besteuerung des Eigenmietwerts für selbst genutztes Wohneigentum befreit.
Die Steuer, ein weltweit einmaliges Ding, sei ungerechtfertigt, hält Meier fest. «Wohneigentümer müssen ihr Einkommen zweimal versteuern», sagt er, zuerst während des Kapitalbildungsprozesses als Einkommenssteuer und dann als Nutzungssteuer für das erworbene Eigentum in Form eines fiktiven Einkommens.
«Wahnsinn des Systems»
Die Besteuerung von Wohneigentum wurde nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt, als Krisensteuer. Nach der Weltwirtschaftskrise wurde sie mehrmals verlängert. In den 1950er-Jahren strich der Bund dann den Wortteil «Krise» und machte so eine reguläre Steuer daraus.
Der «Wahnsinn dieses Systems» zeige sich auch an einem anderen Element, sagt Meier. Als Kompensation können die Wohneigentümer in der Steuererklärung die Fremdkapitalzinsen für die Hypothek vom Einkommen abziehen. Dies beschere dem Fiskus je nach Zinssituation höhere oder geringere Einkünfte, allenfalls gar ein Minusresultat. Die aktuell tiefen Hypothekarzinsen spielten dem Fiskus in die Hand, stiegen sie wieder deutlich an, lachen die Hausbesitzer. «Dieser Mechanismus ist irrig», sagt Meier.
Diese Botschaft unters Volk zu bringen, gehört ebenfalls zu Meiers Aufgaben. Er lobbyiert an der HEV-Basis und bei befreundeten Verbänden für die Abschaffung des Eigenmietwerts. Das Weibeln im Bundeshaus hierfür übernehmen primär die Exponenten der Verbandsgremien, die dem Ständerat oder dem Nationalrat angehören. Im Vorstand des HEV Schweiz sind dies derzeit deren fünf; Galionsfigur ist als HEV-Präsident der Zürcher Nationalrat Hans Egloff.
Keine Ambitionen für «Bern»
Wie Egloff gehört auch Markus Meier der SVP an. Seit 2013 politisiert der Ormalinger im Landrat. Nach höheren politischen Weihen strebt er nicht. Jedenfalls steht sein Name nicht auf der aktuellen Nationalratsliste der Baselbieter SVP. Noch nicht? «Das Bundeshaus ist für mich kein Thema», sagt Meier bestimmt. Der Verband sei in Bern stark vertreten, da müsse der Direktor nicht auch noch mitmischen. Seine Verantwortung sei eine erfolgreiche operative Führung der Geschäftsstelle und zudem habe ihn Bundesbern nie «gekitzelt».
Als wir uns vom HEV-Direktor verabschieden, weist er von sich aus auf den einzigen «Makel» in seinem Büro hin: An der Wand hinter dem Schreibtisch hängt ein Foto einer historischen Schweizer Lokomotive. Eine Hinterlassenschaft seines Vorgängers Ansgar Gmür, einem grossen Eisenbahn-Fan, erklärt Meier dazu voller Respekt. Er sei noch nicht dazu gekommen, werde es aber demnächst durch ein eigenes Bild ersetzen: ein Foto von einem seiner Tauchgänge. Dann kann er nämlich auch im Sommer aufs Wasser sehen.
Markus Meier zu …
5G | «Das ist für den HEV im Zusammenhang mit Liegenschaften relevant. Wir stehen mit der Swisscom generell in einem regelmässigen Austausch. Was die Bedenken vieler Menschen zu 5G vom Handy-Mast angeht, finde ich, dass man vor technischen Entwicklungen nicht immer zu viel Angst haben sollte. Die Diskussion muss sachlich geführt werden. Wenn man 5G fürchtet, hätte man auch bereits gegenüber 3G oder 4G Bedenken haben müssen. Ob ich es gut finde, wenn selbst an einem Rockkonzert alle nur noch aufs Handy starren, ist ein anderes Thema.»
Neid | «Neid muss man sich erarbeiten.»
Klimawandel | «Mit Streiks schafft man keine Lösungen. Ich bin an handfesten Lösungen interessiert. Die Wohneigentümer haben zur Verminderung des CO2-Ausstosses schon einen erklecklichen Beitrag geleistet – dies dank Motivations- und Förderprogrammen und nicht aufgrund von drangsalierenden Verboten.»
Pendeln | «Ich lebe auf dem Land und arbeite in der Stadt, in einem tollen, lebendigen Quartier. Ich bin berufsbedingt mehrheitlich mit dem Auto unterwegs und komme immer wieder gerne nach Hause.»
Freizeit | «Als Familienmensch fühle ich mich zu Hause sehr wohl. Ich lese viel und mache gerne einmal eine Runde mit dem Rennrad. Als passionierter Taucher geniesse ich es, die Unterwasserwelt zu erkunden. Bald werde ich mit meinem Sohn im Roten Meer auf eine Tauchsafari gehen.»