Hüst und Hott der Schulbehörde
27.09.2019 Bezirk Waldenburg, OberdorfVersprechungen, die nicht eingehalten werden, ein kurzfristig geänderter Entscheid, eine Beschwerde, auf deren Behandlung eine Familie aus Oberdorf seit Wochen wartet – kein Ruhmesblatt für die kantonalen Behörden bei den Schulortzuweisungen.
Elmar Gächter
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Versprechungen, die nicht eingehalten werden, ein kurzfristig geänderter Entscheid, eine Beschwerde, auf deren Behandlung eine Familie aus Oberdorf seit Wochen wartet – kein Ruhmesblatt für die kantonalen Behörden bei den Schulortzuweisungen.
Elmar Gächter
Die Familie Seidel wurde wie auch andere Familien aus Gemeinden der Sekundarschule Waldenburgertal im April dieses Jahres vom Amt für Volksschulen angefragt, ob sie freiwillig bereit sei, ihre Tochter statt in Oberdorf in Liestal oder Reigoldswil in die Sekundarschule zu schicken. Für Seidels war Liestal eine denkbare Option, da ihre Tochter in ihrer Freizeit viel Musik macht, auch ausserhalb des Waldenburgertals, Reigoldswil hingegen kam aus logistischen Gründen eher weniger infrage.
Das Amt für Volksschulen fand für die Begründung der Familie kein Gehör und wies der Tochter Reigoldswil als Schulort zu. «Wir erklärten uns mit diesem Entscheid einverstanden, forderten aber die Übernahme der Transportkosten und einen auf den Stundenplan abgestimmten Busfahrplan», so Natalie Seidel.
Die Behörde lehnte es «aufgrund langjähriger kantonaler Praxis» ab, die Transportkosten zu übernehmen. Sie stellte jedoch schriftlich in Aussicht, eine Busverbindung einzurichten, die auf den Stundenplan der Schüler aus Oberdorf und Liedertswil Rücksicht nimmt. Seidels legten gegen den Entscheid Rekurs beim Regierungsrat ein. «Es gibt Bundesgerichtsentscheide aus verschiedenen Kantonen, die klar festhalten, dass solche Kosten vom Kanton übernommen werden müssen, wenn der Weg vom Wohnort zum Schulort übermässig lang ist», so die Begründung der Familie. Die unübersichtliche Hauptstrasse Oberdorf–Reigoldswil sei für ein Schulkind mit dem Velo nicht zumutbar und gefährlich.
In seiner Stellungnahme an den Regierungsrat hält das Amt für Volksschulen Anfang Juli am negativen Entscheid um Kostenübernahme fest, bestätigt jedoch einmal mehr, dass ein Bus organisiert werde. Knappe drei Tage vor Schulbeginn, am Freitagnachmittag um 16 Uhr, kam dann das Telefon des Amtsleiters an Natalie Seidel: Leider klappe es nicht mit dem Bus, man offeriere ihrer Tochter wie auch einem Schulkind aus Liedertswil jedoch, dass sie am Montag die Sekundarschule in Oberdorf besuchen könnten. Beide Familien lehnten das kurzfristige Angebot ab. «Es ist eine Frechheit, so spät einen solchen Entscheid durchzugeben», macht Natalie Seidel ihrem Ärger Luft. Bei einem Wechsel hätten alle Musikstunden ihrer Tochter neu während der Schulzeit von Oberdorf stattgefunden. Ein so kurzfristiges Verschieben würde viele Personen tangieren und sei beim besten Willen nicht mehr möglich.
Lösung soll auch für die Zukunft gelten
Für die zugewiesenen Kinder bedeutet der Schulort Reigoldswil, dass sie an zwei Tagen insgesamt mehr als drei Stunden auf den Bus warten müssen. Der Zusatzaufwand für einen angepassten Fahrplan koste einen fünfstelligen Betrag, wurde Familie Seidel mitgeteilt. «Da kommt ein Taxidienst wesentlich günstiger», ist sie überzeugt und weist zudem darauf hin, dass der Kanton mit dem Zuweisen von Schülern an andere Standorte ja immerhin den Aufwand für eine ganze Schulklasse einspare, der sich auf 250 000 Franken belaufe.
Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) hält in ihrer Antwort auf Fragen der «Volkstimme» fest, dass der Fahrplan der Busverbindung «trotz intensiver Bemühungen» nicht «vollständig» auf die Unterrichtszeiten abgestimmt werden konnte. Mit dem Angebot, dass die Tochter von Natalie Seidel die Schule in Oberdorf besuchen könne, habe das Amt lediglich versucht, eine unbürokratische Lösung zu finden. Diese sei von der Familie Seidel abgelehnt worden. Danach, so Monique Juillerat, Leiterin der Kommunikation der BKSD, sei der betroffenen Familie ein Kulanzangebot unterbreitet worden.
Ob sie ein solches akzeptieren wird, ist sich die Familie Seidel noch nicht sicher. Verbunden damit wäre ein Rückzug ihrer immer noch nicht behandelten Beschwerde. «Wir werden die Beschwerde nur sistieren. Wir wollen kein Spezialfall sein, nur weil wir hartnäckig genug sind, an unseren Bedingungen festzuhalten. Wir fordern eine Gesamtlösung, die rechtlich ‹verhebt› und auch in zwei Jahren gilt, wenn unser nächstes Kind in die Sekundarschule übertritt», sagt Natalie Seidel. Sie wartet nun gespannt auf das Urteil des Kantonsgerichts in einem ähnlich gelagerten Fall.
Der ganze Ablauf von der Schulzuweisung bis zur Tatsache, dass der Regierungsrat bis heute nicht über die Beschwerde der Familie Seidel entschieden hat, stellt kein Ruhmesblatt für die kantonalen Behörden dar. Dies sieht wohl auch die BKSD so, wenn sie in ihrer Antwort an die «Volksstimme» von «misslichen Umständen» schreibt. Auch Beat Lüthy, Leiter des Amts für Volksschulen, ist über die Situation nicht glücklich. «Wir bemühen uns jedoch stets, für alle Schülerinnen und Schüler eine gute Lösung zu finden. Es liegt uns fern, den Amtsschimmel walten zu lassen.» Aber wiehern tut er im vorliegenden Fall, dies schleckt keine Geiss weg.