Anpacken auf dem Bauernhof
19.07.2019 Bezirk Liestal, Lausen, LandwirtschaftFamilie Gysin bietet der 14-jährigen Liv einen Einblick in die Landwirtschaft
Misten, Kirschen pflücken, Heuen, Unkraut bekämpfen oder die Tiere versorgen: Über die Organisation Agriviva können Jugendliche in den Sommerferien die Aufgaben der Landwirtschaft kennenlernen. Ein Besuch auf ...
Familie Gysin bietet der 14-jährigen Liv einen Einblick in die Landwirtschaft
Misten, Kirschen pflücken, Heuen, Unkraut bekämpfen oder die Tiere versorgen: Über die Organisation Agriviva können Jugendliche in den Sommerferien die Aufgaben der Landwirtschaft kennenlernen. Ein Besuch auf dem Lausner Neuhof.
Sara Keller
Ferienjob-Anbieter gibt es viele, einer davon ist Agriviva. Die Neuauflage des Landdienstes vermittelt jährlich rund 1500 Jugendliche an 500 Bauernhöfe in der ganzen Schweiz, auf denen sie zwischen zwei und acht Wochen mit anpacken. So auch die 14-jährige Liv aus Biel-Benken, die während der ersten beiden Juliwochen auf dem Hof Neuhof der Familie Gysin in Lausen zu Gast ist.
Reich wird sie damit nicht – jedenfalls nicht im monetären Sinne –, denn die Gastfamilien entschädigen die Jugendlichen je nach Alter nur symbolisch mit 12 bis 20 Franken pro Tag. Tatsächlich motivierte Liv aber auch nicht das grosse Geldverdienen zum Einsatz, sondern der wertvolle Einblick in die Landwirtschaft.
Ganz neu ist ihr dieser aber nicht, denn die Sekundarschülerin wohnt mit ihrer Familie selber auf einem Bauernbetrieb, den ihre Eltern aber nicht betreiben. «Ich finde das Leben auf dem Bauernhof toll und wollte noch mehr Aufgaben übernehmen als zu Hause», erklärt sie. Auch könne sie sich ihre berufliche Zukunft in der Landwirtschaft vorstellen.
Interessen und Können im Fokus
Dass die Jugendlichen bereits solche Erfahrung mitbringen, sei nicht die Norm, so ihre Gastmutter Myriam Gysin. Sie und ihr Mann Dieter Gysin nehmen bereits seit 15 Jahren jährlich Jugendliche über Agriviva bei sich auf und haben schon beinahe alles gesehen: «Die meisten brachten wenig Vorkenntnisse mit, manche wussten zuerst nicht, wie ein Besen zu halten ist», blickt sie zurück. Obwohl es alle paar Jahre auch Gäste gebe, die ihr negativ in Erinnerung geblieben seien, ist sie vom Agriviva-Angebot überzeugt. «Es ist schön zu sehen, wie sich die Jugendlichen in dieser Zeit alle weiterentwickeln», sagt sie. «Und jeder lässt auch etwas hier, und sei es nur eine neue Anwendung auf dem Handy …», fügt sie an und lacht.
Für ihren Teil legt sie Wert darauf, den Gästen zu zeigen, wie die Landwirtschaft funktioniert: «Die Jugendlichen können hautnah erfahren, was hinter den Lebensmitteln im Supermarkt steckt – wie viel Zeit und Arbeit für ein Kilogramm Kirschen oder für einen Liter Milch benötigt wird.» Und natürlich sei sie froh über eine helfende Hand in der Haupterntezeit. Dabei übergibt sie den Jugendlichen kleinere Hilfsarbeiten, die zu deren Erfahrung, Können und Interesse passen. «Wer Angst hat, muss nicht hoch auf die Leiter klettern zum Kirschenpflücken, Autobegeisterte dürfen auch einmal eine Runde auf dem Traktor fahren», erklärt Gysin.
Zusammenarbeit im Stall
Für Liv bedeutet dies, dass sie jeden Morgen selbstständig den Gemüsegarten giesst, den Vorhof fegt, den Hühnerauslauf öffnet und den Tieren Wasser gibt, das Pferd und die Hunde striegelt sowie den Kaninchen Futter gibt. Die Arbeit mit den Tieren macht ihr besonders grosse Freude und war auch ein Grund, warum sie den Lausner Bauernhof als Einsatzort gewählt hatte. Insbesondere die Kühe haben es ihr angetan.
Zu ihren liebsten Aufgaben gehört das abendliche Melken, auch das Stallmisten macht ihr nichts aus, wie sie sogleich beweist: Beherzt sticht sie mit der Mistgabel ins Stroh, um das Gehege für die jüngsten Kälber im Stall zu putzen. Da zwei etwas ältere Kälber zu einem anderen Bauernhof transportiert wurden, ziehen die gerade einmal 12 und 14 Tage alten Tiere in das nun freistehende Gehege, erklärt sie. «Eine der Kühe wird bald kalben, deshalb müssen die Kleinen Platz machen», fügt sie an. Da dieses Gehege am nächsten bei den Mutterkühen platziert ist, lebt dort stets der jüngste Nachwuchs.
Unterstützt wird sie beim Putzen von Ronja Gysin, der 13-jährigen Tochter von Myriam und Dieter Gysin. Obwohl Liv erst seit Kurzem auf dem Hof arbeitet, wirken die beiden wie ein eingespieltes Team.