Gymnasiast bringt Autos das Fahren bei
12.06.2019 Gelterkinden, PorträtAnna Uebelhart
Künstliche Intelligenz und Autos, die nicht mehr länger auf einen Fahrer angewiesen sind, faszinieren viele Menschen. So auch Jean-Claude Graf. Für seine Maturarbeit hat sich der Gelterkinder ausführlich mit dem Thema der künstlichen Intelligenz und ...
Anna Uebelhart
Künstliche Intelligenz und Autos, die nicht mehr länger auf einen Fahrer angewiesen sind, faszinieren viele Menschen. So auch Jean-Claude Graf. Für seine Maturarbeit hat sich der Gelterkinder ausführlich mit dem Thema der künstlichen Intelligenz und deren Möglichkeiten auseinandergesetzt und eine Software programmiert, mit der sich ein Auto selbst steuern kann. Mit dem Ergebnis hat er nicht nur seine Mathematik-, Physik- und Informatiklehrer am Gymnasium beeindruckt. Von ihnen erhielt er für die in einem Zeitraum von mehreren Monaten entstandene Arbeit die Bestnote 6. Ausserdem konnte der 21-Jährige an zwei Wissenschaftswettbewerben einen Erfolg feiern: Beim nationalen Wettbewerb der Stiftung Schweizer Jugend forscht wurde seine Arbeit mit dem Titel «How can I teach a car to drive by itself?» mit der dritthöchsten Bewertung, dem Prädikat «Gut», bewertet. Am 24. Mai erhielt er an der ETH Zürich den «Niklaus Wirth Young Talent Computer Science Award».
In seiner Maturarbeit hat Graf den Fokus auf künstliche neuronale Netze gelegt. Diese Technologie sei die Basis der modernen künstlichen Intelligenz, so der Schüler. Genutzt werden neuronale Netze für die Verarbeitung komplexer Daten. Ein solches neuronales Netz hat er eigens von Grund auf programmiert und für die Steuerung eines selbstfahrenden Fahrzeugs in einer Simulation angewendet. Heisst: Der Schüler hat im Rahmen seiner Arbeit eine Software programmiert, die es einem Auto ermöglicht, sich sicher ohne einen Fahrer fortzubewegen. Müsste er sich erneut entscheiden, würde Graf den Schwerpunkt seiner Arbeit sofort wieder auf künstliche Intelligenz legen: «Es ist nicht bloss ein interessantes, sondern auch ein aktuelles Thema», sagt er.
Der Aufwand hat sich gelohnt
Der «Niklaus Wirth Young Talent Computer Science Award» mit der dazugehörigen Urkunde und einem Preisgeld von 300 Franken sei für ihn eine zusätzliche Bestätigung, dass sich der «wohl eher überdurchschnittliche» Aufwand, den er in seine Maturarbeit gesteckt hat, gelohnt habe. Über ein Jahr lang intensive Arbeit hat der Gymnasiast in seine Recherchen, die Programmierung und das Schreiben der Arbeit investiert. «Sucht man sich ein Thema aus, für das man sich interessiert, ist es kein Müssen», findet der Preisträger.
Die Fachjury, bestehend aus Professorinnen und Professoren sowie Dozierenden von ETH, Universitäten und pädagogischen Hochschulen, hat aus 17 eingegangenen Maturarbeiten drei Gewinner ermittelt – darunter der angehende Informatiker aus Gelterkinden. «Die Arbeit besticht durch die extrem kompetente und kreative Anwendung der wissenschaftlich anspruchsvollen theoretischen Grundlagen aus dem Fachgebiet der neuronalen Netzwerke», schreiben die Experten in einer Mitteilung. Weiter loben sie die «einfache, klare und effektive Art und Weise», in welcher der Gymnasiast die Theorie in seiner Arbeit dargelegt hat.
Programmieren als Hobby
Für Informatik interessiert sich Graf seit der Sekundarschule. Mit 14 Jahren begann er, sich sein Wissen selbstständig aus Büchern und im Internet anzueignen. Für ihn sei Informatik ein Hobby. Das Programmieren habe ihn schon im jungen Alter fasziniert, erzählt Graf. «Vom Typ her bin ich eher ruhig und bedacht. Ich kann gut eigenständig und strukturiert arbeiten.» Zu seinen ersten Arbeiten gehörten einfach aufgebaute Webseiten, später auch grössere Projekte wie ein kleiner Taschenrechner. Seine Freizeitbeschäftigung möchte der 21-Jährige nun auch zum Beruf machen. Nach der Matur will er Informatik an der ETH in Zürich studieren.
Nach dem ersten Jahr am Gymnasium, das er mit dem Schwerpunktfach Mathematik und Physik absolviert, hat Graf ein Zwischenjahr in Fordingbridge im Süden Englands verbracht, um seine Englischkenntnisse aufzubessern. Und das nicht ohne Grund: Zwar interessiert sich der Schüler hauptsächlich für Mathematik, Informatik und Physik und weniger für Sprachen. Englisch, so sagt Graf, sei jedoch als «Sprache der Informatik» unerlässlich. Auch seine Maturarbeit hat er komplett auf Englisch verfasst.
In seiner Freizeit tüftelt und programmiert der Schüler nicht nur, er spielt auch das Schlaginstrument Marimbafon. Eine Zeit lang war er Mitglied einer Percussion-Band und seit einem Jahr musiziert er in einer Jazzband. Zum Ende seiner Schulzeit hat sich der Gelterkinder nun aber entschlossen, die Musik vorerst an den Nagel zu hängen. Grund dafür seien Zeitmangel und andere Interessen. Ein Hobby, das er neben der Informatik aber nicht aufgeben möchte, ist die Fotografie. Seit acht Jahren ist er mit seiner Kamera unterwegs, eine Leidenschaft, der er künftig wieder mehr Zeit widmen möchte. Am liebsten beobachte und fotografiere er Wildtiere und Natur, erzählt Graf.
Mit «How can I teach a car to drive by itself?», sagt Jean-Claude Graf, habe er sich in die Thematik der künstlichen Intelligenz eingearbeitet. Jetzt ist sein Wissensdurst geweckt. Die preisgekrönte Maturarbeit bezeichnet er als «Basis». Sein nächstes Ziel ist es, darauf aufzubauen und die Software mithilfe von weiteren Methoden zu optimieren und verbessern. Die Möglichkeiten der Informatik, so sagt er selbst, seien schliesslich endlos.
Wettbewerb für junge Informatiker
aue. Der «Niklaus Wirth Young Computer Science Award» ist ein Wettbewerb für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, die eine Maturarbeit im Fach Informatik geschrieben haben. Die Preise werden von der Schweizer Informatik Gesellschaft (SI), dem Schweizerischen Verein für Informatik in der Ausbildung (Svia) und dem Ausbildungs- und Beratungszentrum für Informatikunterricht der ETH Zürich (ABZ) verliehen. Seit 2017 trägt der Wettbewerb den Namen eines ehemaligen Informatikprofessors der ETH Zürich, Niklaus Wirth. Seine wissenschaftliche Laufbahn wurde 1984 mit dem Turing Award, dem «Nobelpreis der Informatik», geehrt. Er ist die bisher erste und einzige Person im deutschsprachigen Raum mit dieser Auszeichnung. Die Preisträgerinnen und Preisträger des «Niklaus Wirth Young Computer Science Awards» werden von einer Fachjury ausgewählt.