Wachstum der Landbevölkerung bremsen
14.05.2019 BaselbietDas Bundesamt für Raumentwicklung akzeptiert den Baselbieter Richtplan nur mit Auflagen. Ländliche Dörfer mit zu grossen Baulandreserven müssen ihre Bauzonen verkleinern. Der Widerstand der Gemeinden ist programmiert.
Christian Horisberger
Dicke Post aus Bern für ...
Das Bundesamt für Raumentwicklung akzeptiert den Baselbieter Richtplan nur mit Auflagen. Ländliche Dörfer mit zu grossen Baulandreserven müssen ihre Bauzonen verkleinern. Der Widerstand der Gemeinden ist programmiert.
Christian Horisberger
Dicke Post aus Bern für Liestal. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) bewilligt den Richtplan des Kantons Baselland nur unter dem Vorbehalt, dass 30 Gemeinden ihre Bauzonen überprüfen und gegebenenfalls verkleinern. Der Bund will, dass die Bevölkerungsentwicklung vorab in den Ballungszentren stattfindet. Gemäss dem Baselbieter Richtplan befinden sich die unüberbauten Wohn-, Misch- und Zentrumszonen (WMZ) jedoch zu 62 Prozent in ländlichen Gebieten im Oberbaselbiet und im Laufental. Gemäss Berechnungen des Bundes würde diese Kapazität das erwartete Wachstum in diesen Räumen um etwa 30 Prozent übersteigen. Der Überschuss ist auszuzonen, lautet die Vorgabe.
Der Auftrag des ARE an den Kanton Baselland lautet nun wie folgt: Gemeinden mit einer Auslastung der WMZ von unter 90 Prozent müssen innerhalb der nächsten drei Jahre ihre Bauzonen überprüfen und aufzeigen, mit welchen Massnahmen sie die Auslastung erhöhen können und dem Kanton Bericht erstatten. In einem weiteren Schritt müssen die Gemeinden «die notwendigen Rückzonungen» innert fünf Jahren umsetzen. Beim Baselbieter Amt für Raumplanung klingt dies nicht mehr ganz so drastisch: «Kommen Gemeinden und Kanton zum Schluss, dass die Bauzonen zu gross sind, so wären sie im Verlauf von weiteren fünf Jahren zu reduzieren», heisst es dort auf Anfrage.
«Bund hat Bogen überspannt»
Kantonsplaner Martin Kolb ist alles andere als erfreut über die Auflage aus Bern. Gegenüber dem «Regionaljournal» von Radio SRF erklärte er, dass nach seiner Auffassung nicht der Bund, sondern der Kanton dafür zuständig sei, dass die Gemeinden vernünftig haushalten. «Das ARE hat den Bogen überspannt», sagt er zur «Volksstimme». Laut Kolb sind 30 Gemeinden betroffen. Welche, verrät er nicht. Der Kannton wolle sie direkt informieren. Dies werde im Rahmen einer Informationsveranstaltung im Verlauf der nächsten Wochen geschehen. Bereits aber kursieren in verschiedenen Medien Listen mit den «gefährdeten» Dörfern. Sie befinden sich fast alle im oberen Baselbiet oder im Laufental.
Eine der genannten Gemeinden ist Gelterkinden. «Gemeindepräsidentin Christine Mangold lässt keine Zweifel darüber offen, dass sie Rückzonungen in ihrem Dorf mit aller Kraft verhindern wolle, sollten diese tatsächlich gefordert werden. «Es kann doch nicht sein, dass eine Gemeinde mit einer Zentrumsfunktion noch mehr beschnitten wird als ohnehin schon.» Sie spricht von einer von der Gemeinde angestrebten Einzonung in Richtung Rickenbach, bei welcher der Kanton sein Veto eingelegt habe. Und nun stelle der Bund gar eine Auszonung von Bauland zur Debatte. «Das kann für uns kein Thema sein.»
Die Auszonungen von Bauland im Zusammenhang mit dem Richtplan wird Mangold auch in ihrer Funktion als Präsidentin des Vereins Region Oberbaselbiet beschäftigen. Von den Rückzonungen hält sie prinzipiell wenig: «Damit nimmt der Bund den ländlichen Gemeinden jeden Handlungsspielraum. So können wir uns bevölkerungsmässig nicht weiterentwickeln und werden weiterhin dem Finanzausgleich auf der Tasche liegen.» Sobald mehr Informationen zur Verfügung stünden, «werden wir das zusammen in der Region anschauen», sagt die Vereinspräsidentin. Beim Verband Basellandschaftlicher Gemeinden stehen die drohenden Rückzonungen noch nicht auf der Tagesordnung. Doch Verbandspräsidentin Bianca Maag-Streit geht davon aus, «dass uns das Thema noch beschäftigen wird».
Ausgleich für Wertverlust
Die Aus- oder Rückzonung eines Grundstücks bedeutet einen erheblichen Wertverlust des Bodens. Das Gesetz über die Abgeltung von Planungsmehrwerten sieht vor, dass den Grundeigentümern der Wertverlust durch eine Auszonung aus dem Mehrwertabgabe-Topf vergütet wird. Auf eine Nachfrage, ob von Auszonungen betroffene Grundeigentümer damit rechnen können, dass ihnen ihr Wertverlust ausgeglichen wird, geht das Amt für Raumplanung nicht näher ein. Es könne heute noch nicht seriös beurteilt werden, welche Auszonungen «allenfalls entschädigungspflichtig werden».
Noch ist der mit dem Richtplan installierte Abgabetopf leer und mit grossen Einnahmen sei in absehbarer Zeit nicht zu rechnen, weil im Kanton in den nächsten 15 Jahren nichts eingezont werde, erklärt Kolb. Einnahmen entstünden höchstens beim Abtausch von Zonen, denn Aufund Umzonungen, die ebenfalls eine Wertsteigerung für Grundstücke bringen, sind nicht mehrwertabgabepflichtig.