Neue Besitzer für ehemalige RCC

  16.05.2019 Bezirk Sissach, Wirtschaft, Itingen

Tierversuchslabor soll umgenutzt werden – wofür, ist unklar

Das Baselbieter Konkursamt hat die Gebäude, die einst von der Tierversuchsfirma RCC erbaut wurden, versteigert. Die neue Besitzerin, eine Basler Immobilienfirma, legte 9,95 Millionen Franken auf den Tisch.

David Thommen

30 Stühle hatte das Baselbieter Konkursamt im grossen Sitzungszimmer eines altehrwürdigen Verwaltungsbaus an der Liestaler Amtshausgasse aufgestellt. Das war gut geschätzt: Die Versteigerung der ehemaligen RCC-Gebäude in Itingen lockte tatsächlich viel Publikum an – der Raum war voll. Ein Bietspektakel wurde allerdings nicht geboten – schon nach wenigen Minuten war der Spuk vorbei.

9 940 000 Franken lautete das Anfangsgebot des Vertreters einer Therwiler Immobilien- und Investmentgesellschaft, die einst den Schuldbrief auf das Gebäude von einer Bank übernommen hatte und seither als Hypothekargeberin für einen Besitzer aufgetreten ist, der die riesige Itinger Immobilie 2015 gekauft und sich offensichtlich damit übernommen hatte. Jedenfalls wurden die Ausstände nicht mehr beglichen und jetzt, nach der Versteigerung und dem damit verbundenen Besitzerwechsel, muss er auch sein ganzes Eigenkapital abschreiben. Mehrere seiner Pläne für neue Nutzungen hatten sich zuvor zerschlagen (siehe «Volksstimme» vom 16. April).

Es war die kreditgebende Therwiler Immobilienfirma selber, welche die Verwertung beantragt hatte. Ihr Eröffnungsgebot vom Dienstag entsprach ziemlich genau den vom Konkursamt aufgelisteten offenen Forderungen. Mit den gebotenen 9,94 Millionen Franken wäre die Firma schlimmstenfalls einstweilen auf dem komplett leer stehenden Komplex sitzen geblieben, hätte aber immerhin keinen Verlust auf ihre Buchwerte einfahren müssen. Mit ihrem hohen Anfangsgebot unterstrich die Firma, dass sie die ehemalige RCC nicht um jeden Preis loswerden wollte. Zumindest theoretisch hätten die Labor- und Bürogebäude auch weit günstiger den Besitzer wechseln können: Das Konkursamt hatte das minimale Gebot bei lediglich knapp 70 000 Franken festgelegt – im Wesentlichen handelt es sich dabei um Ausstände für Wasser und Strom.

Ohne konkreten Plan
Als der Gantmeister schon anhob, um den Zuschlag den alten Gläubigern quasi zum ausgewiesenen Einstandspreis zu erteilen, wurde das Gebot aus dem Saal doch noch um 10 000 Franken erhöht – auf 9,95 Millionen Franken. Der Bieter, ein Advokat und Notar, trat in Liestal als Vertreter der Basler Ulani Immobilien AG auf. Die alten Gläubiger signalisierten rasch, dass sie an einem Bietstreit kein Interesse haben – somit war die Versteigerung bereits vorbei.

«Ich bin überrascht, dass wir den Zuschlag so rasch erhalten haben», sagte der Ulani-Vertreter gegenüber der «Volksstimme», nachdem die ersten Formalitäten mit dem Konkursamt erledigt waren. Die Ulani Immobilien AG habe viel Erfahrungen mit Arealentwicklungen. Die ehemalige RCC sei zwar ein grosser Brocken, doch die Firma sei auch schon an weiteren, ähnlichen Projekten beteiligt gewesen, sagte er.

In welche Richtung die Entwicklung des 11 000-Quadratmeter-Areals mit den mächtigen Laborund Bürogebäuden gehen werde, lasse sich im Moment nicht sagen. Handfeste Pläne für die ehemaligen RCC-Gebäude gebe es noch nicht. Zwar wolle er nichts ausschliessen, doch eine weitere Nutzung als Tierversuchslabor halte er trotz vorhandener Infrastruktur für weniger wahrscheinlich, sagte er. Möglicherweise werde es auf eine gemischte Nutzung mit mehreren Mietern hinauslaufen. Der Standort in Itingen nahe bei der Autobahnausfahrt weise eine hohe Qualität auf. Vorstellbar sei beispielsweise, dass ein Pharmaunternehmen Interesse bekunden könnte. «Die Ulani AG wird sich nun aber viel Zeit nehmen, um Ideen zu konkretisieren. Grund zur Eile besteht nicht.»

Kaum hatte er den Satz vollendet, wurde er von einer Vertreterin der Baselbieter Standortförderung in Empfang genommen. Gleich nebenan am Sitz der Standortförderung war ein Apéro hergerichtet worden, bei dem auch Behördenvertreter von Itingen zugegen waren. Die Gemeinde darf zuversichtlich sein, dass die grosse Brache in ihrem Industriegebiet nun wieder belebt wird – und bald einmal wieder Steuern von dort in die Gemeindekasse fliessen.

Wechselvolle Geschichte
Die RCC (Research and Consulting Company) hatte ihr Laborgebäude im Itinger Industriegebiet 1981 in Betrieb genommen. Die Firma hatte sich auf Tierversuche (unter anderem mit Hunden) im Auftrag von Pharma und Agrochemie spezialisiert. Bis zu 400 Angestellte – häufig Hochqualifizierte – beschäftigte die RCC in ihren besten Zeiten alleine in Itingen. 2009 wurde die Firma an die Harlan Laboratories verkauft, 2014 ging das Unternehmen an die britische Huntingdon Life Sciences, welche kurze Zeit später überraschend bekannt gab, dass der Standort Itingen geschlossen wird. Rund 240 Beschäftigte erhielten die Kündigung. Die Laborund Bürogebäude gingen in der Folge an einen Immobilienunternehmer aus Muttenz, der jedoch wie erwähnt glücklos blieb.

«Die ganze Geschichte ist ein ziemlicher Krimi», meinte ein Itinger Einwohner, der am Dienstag die Versteigerung mitverfolgt hatte. Er sei gespannt auf das nächste Kapitel.


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