Ein Stammgast und sein schwieriges Comeback
03.05.2019 Bezirk Sissach, WenslingenDora Meier setzt sich mit Herz, Hand und Verstand für die Erhaltung der Hochstammbäume ein
Können sie bleiben oder sollen sie weg? Das fragen sich viele Bauern, wenn es um ihre Hochstamm-Obstbäume geht. Dora Meier plädiert für das Bleiben eben dieser Bäume und kann mit ihrer ...
Dora Meier setzt sich mit Herz, Hand und Verstand für die Erhaltung der Hochstammbäume ein
Können sie bleiben oder sollen sie weg? Das fragen sich viele Bauern, wenn es um ihre Hochstamm-Obstbäume geht. Dora Meier plädiert für das Bleiben eben dieser Bäume und kann mit ihrer Idee bei einigen Bauern punkten und die Konsumenten sensibilisieren.
Nelly Anderegg
Dora Meiers Idee trägt Früchte. Im Sinne des Wortes. Ihre Posamenter GmbH verarbeitet jährlich rund zehn Tonnen Hochstamm-Obst. Grösstenteils handelt es sich dabei um Hausund Bühlerzwetschgen, zwei alte Sorten. Aber auch Äpfel, Birnen, Kirschen und Mirabellen werden unter dem Posamenter-Label gedörrt, eingekocht oder in anderer Form verarbeitet. Rund 15 Bauern aus der Region versorgen den Verarbeitungsbetrieb mit Früchten. An Märkten und im Detailhandel sind die Produkte für den Konsumenten dann erhältlich.
Angefangen hat alles mit ein paar Handvoll Zwetschgen in der Küche Meiers. Das heutige Volumen liesse sich längst nicht mehr auf so engem Raum und mit herkömmlichen Küchengeräten verarbeiten. Produziert wird heute in Gelterkinden – mit leistungsfähigen Anlagen.Vor wenigen Tagen wurde in der Fruchtmanufaktur eine neue Trocknungsanlage in Betrieb genommen. Das 30 000 Franken teure Gerät wurde mithilfe von Crowdfunding finanziert. Die Füllmenge von 100 Kilogramm Obst ermöglicht es der Posamenter GmbH, auch als Lohndörrerei zu agieren. «Ein gutes zweites Standbein für die Zukunft», kommentiert Meier.
Aber spulen wir an den Anfang der Geschichte zurück, als Dora Meier die Rettung der Hochstamm-Obstbäume zu ihrer Herausforderung erklärte. 15 Jahre ist das nun her. Bei Spaziergängen durch die heimische Region fiel der Biologin damals die schleichende Veränderung auf. Die Hochstammbäume waren vielerorts wie aus der Landschaft ausradiert. Sie waren durch Monokulturen ersetzt worden.
Dora Meier fädelte sich in das Thema ein, hakte bei den Landwirten nach. Bei 23 Rappen pro Kilogramm Zwetschgen sei das Bewirtschaften von Hochstamm-Zwetschgenbäumen unrentabel, erklärte man ihr, das Abholzen der Bäume die logische Folge davon.
Wissend um die Gründe und den schweren Stand, den die Hochstamm- Obstbäume dadurch haben, machte sich Meier an die Arbeit und will Gegensteuer geben. Für die Vollblut-Hausfrau, die vier Kinder und ein Enkelkind grossgezogen hat, war es ein Sprung ins kalte Wasser.
Gründerin der Firma Posamenter
Ohne Businessplan, dafür mit umso mehr Überzeugung, Sachverstand und einer Erbschaft von 10 000 Franken als Startkapital machte sie sich auf, um die Hochstamm-Obstbäume im Oberbaselbiet zu erhalten und mit ihnen ein Stück gesund-natürliche Artenvielfalt. 2004 gründete Meier die Firma Posamenter, die ganz im Zeichen der regionalen Hochstamm-Obstverarbeitung stehen sollte. Den Bauern zahlte sie für deren Zwetschgen den von ihnen veranschlagten Preis von einem Franken pro Kilogramm.
Als Herausforderung entpuppte sich das Ersinnen verschiedener Leckereien mit der blauen Frucht. Daraus entstand unter anderem ein Zwetschgen-Chutney, das «Prune d’Or», ein Dauerbrenner im Sortiment. Weitere Spezialitäten wie das Zwetschgentörtli und die Bottenwurst folgten. 2005 startete Dora Meier am «Oltinger Määrt» den ersten Testverkauf. 2006 folgte die erste Teilnahme an der Herbstmesse Basel. «Offengestanden habe ich gar nicht damit gerechnet, dass ich dort einen Standplatz erhalte», sagt Meier. Es sei ein Glücksfall gewesen, habe aber auch viel Arbeit bedeutet.
2008 gelang der Landschaftsschützerin ein weiterer Coup. Coop nahm die Zwetschgentörtli, die Dörrzwetschgen und das «Prune d’Or» der Posamenter GmbH landesweit in sein Spezial-Sortiment auf. Dies dank der Unterstützung von Slow Food, jener Bewegung, die nachhaltige und fair produzierte Lebensmittel sowie regionale Produkte fördert.
Die Zwetschgentörtli im Posamenter-Sortiment haben inzwischen mit den «Heissen Zwetschgen» einen Nachfolger gefunden. Wer an der Spitze der Posamenter GmbH auf Dora Meier folgt, ist dagegen noch offen. «Mir wei luege», sagt die 72-Jährige und lacht dabei. Von Abendröte in ihrer Stimme keine Spur. «Die Herausforderungen werden mir wohl auch in Zukunft nicht ausgehen.»