Vom Socken stricken zum Abstimmungs-Apéro
09.04.2019 Anwil, Vereine, Kultur, Gesellschaft, BaselbietNach 27 Jahren gibt Marianne Stauffer ihr Amt als Präsidentin des Frauenvereins Anwil ab. Mit diversen sozialen Aktionen engagieren sich die Frauen im Dorf und bleiben dabei stets am Puls der Zeit.
Anna Uebelhart
Seit dem 22. März ist Marianne Stauffer nicht mehr ...
Nach 27 Jahren gibt Marianne Stauffer ihr Amt als Präsidentin des Frauenvereins Anwil ab. Mit diversen sozialen Aktionen engagieren sich die Frauen im Dorf und bleiben dabei stets am Puls der Zeit.
Anna Uebelhart
Seit dem 22. März ist Marianne Stauffer nicht mehr Präsidentin des Anwiler Frauenvereins. Nach 27 Jahren hat sich das Vorstandsmitglied entschieden, den Posten ihrer Nachfolgerin Irene Burri zu überlassen. Das Vereinsleben wird weiterhin eine bedeutende Rolle im Leben der Anwilerin spielen, denn auch zukünftig möchte sie sich einbringen – dann nicht mehr als Präsidentin oder im Vorstand, sondern als «normales» Mitglied.
Im Grunde verfolgen alle Frauenvereine ähnliche Ziele. Die Mitglieder fördern die Gemeinschaft im Dorf und kümmern sich um diejenigen, die Unterstützung brauchen. Die Aufgaben sind unterschiedlich, haben aber immer einen sozialen Charakter. Insgesamt zählt der Frauenverein Anwil 130 Mitglieder zwischen 18 und 90 Jahren. Am aktivsten ist der Vorstand, die restlichen Vereinsmitglieder packen jeweils da mit an, wo Hilfe benötigt wird. «Viele Leute halten Frauenvereine für verstaubt und denken, wir würden nur Socken stricken. Bei uns ist dies aber gar nicht der Fall», erklärt Stauffer.
Hier haben Frauen etwas zu sagen
Den Frauenverein in Anwil gibt es seit 1931. Seither standen mit Marianne Stauffer sechs Präsidentinnen an der Spitze des Vereins. Die Dauer der Amtsperiode von 27 Jahren hat Stauffer mit der ersten Vereinspräsidentin gemeinsam. Ansonsten haben sich einige Dinge verändert. Im Vergleich zu früher seien die meisten Frauen berufstätig, was das Vereinsbild stark geprägt habe, erklärt die 71-Jährige. Die ersten Frauenvereine seien in einer Zeit entstanden, in der Krieg herrschte. In der Abwesenheit ihrer Männer hätten sich die Frauen getroffen, um einander Halt zu geben. Es war auch eine Zeit, in der Frauen noch nicht viel zu sagen hatten. «Abende in der Beiz galten als Männersache. Mit den Frauenvereinen haben die Frauen etwas geschaffen, das einzig und alleine ihnen gehörte», so Stauffer.
In den Anfängen hätten die Mitglieder des Frauenvereins noch Socken für das Militär gestrickt, heute sähen die Aufgaben ganz anders aus. Die Anwilerinnen veranstalten jeweils am ersten Dienstag im Monat einen Mittagstisch, frisch gebackenen Müttern statten sie einen Besuch ab, für ältere Leute, die nicht mehr gut zu Fuss unterwegs sind, organisieren sie Fahrdienste und für Trauerfeiern backen sie Kuchen.
Männer sind keinesfalls tabu
Die Vereinsaktionen, bei denen übrigens oft auch Männer dabei seien, wie die ehemalige Präsidentin betont, tragen Früchte. So zum Beispiel der Abstimmungsapéro, für den jeweils eine Einladung direkt mit dem Stimmkuvert an alle Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinde verschickt wird. Laut Wahlbüro sei die Stimmbeteiligung, seit es den vom Frauenverein verantstalteten Apéro gibt, höher als in den Jahren zuvor.
Um zum Verein dazuzugehören, muss man nicht zwingend in Anwil wohnen und eine Einsatzpflicht gibt es auch nicht. Stauffer betont: «Jede kann sich soweit einbringen, wie sie möchte. Manche unterstützen uns auch nur, indem sie den Jahresbeitrag zahlen. Andere hingegen engagieren sich regelmässig im Verein. Wir begrüssen beides.»
Zwei unvergessliche Momente
Es gibt zwei Ereignisse, die Marianne Stauffer aus ihren 27 Jahren als Vereinspräsidentin besonders in Erinnerung bleiben werden. Zum einen ist es die Preisverleihung des jährlich vom Regierungsrat vergebenen Freiwilligenpreises. 2015 kam der Anwiler Frauenverein unter die Top 3 und wurde für seine ehrenamtlichen Einsätze ausgezeichnet. «Das war für uns etwas ganz Spezielles. Die gute Platzierung kam für uns total überraschend», erinnert sich die damalige Präsidentin. Ein weiteres Highlight sei das Buch, das die Vereinsmitglieder zusammengestellt und sich zum 85-jährigen Jubiläum geschenkt haben. Im Buch mit dem Titel «Frauen machen sich auf die Socken» sind sämtliche Aktivitäten, Fotos und verschiedene Geschichten des Vereins zu finden.
Während Frauenvereine in Nachbargemeinden eingehen, weil sich keine Nachfolgerinnen mehr finden, scheint der Anwiler Verein geradezu zu florieren. «Wir hatten sogar zwei Kandidatinnen, die sich für einen Vorstandsposten interessiert haben», erzählt Marianne Stauffer. Sie ist überzeugt: Solange man nicht an Ort und Stelle verharrt und am Puls der Zeit bleibt, funktioniere ein Verein.
Ihre Amtszeit als Vereinspräsidentin habe sie sehr genossen, sagt Stauffer. Trotzdem sei jetzt ein guter Zeitpunkt aufzuhören. «Ich habe ein gutes Gefühl beim jetzigen Vorstand und meiner Nachfolgerin. Ein anderes Mal wären die Umstände vielleicht weniger ideal, deshalb ist es sinnvoll jetzt aufzuhören», fügt sie lächelnd hinzu.