Musik kaufen

Sie, ich mach mir ernsthaft Sorgen um die Musikindustrie. Aber lassen Sie mich von Anfang an beginnen. Mein «Göttimeitli» wünschte sich zu Weihnachten einen MP3-Player. Nun gut, ich ab zum Elektronikhändler meines Vertrauens und so ein Teil «gepöstelt». Ich lud ihr gleich einige meiner Lieblingsschlager von «Bobby Solo und seiner singenden Säge» bis hin zu Karel Gottogott auf das Kleinstgerät und ergänzte die Sache mit einem Gutschein für käufliche Musikdownloads einer bekannten Internetseite. Gestern ging ich bei dem Mädchen vorbei, um als alter EDV-Freak die Sache sachlich zu erörtern und das Guthaben in Tonware umzuwandeln, die dann dem Gusto eines modernen Teenies genügen sollte.

Sagen wir’s mal so: Die Sache gestaltete sich ungefähr so einfach, wie man eine Kuh zum Klettern bewegt. Die Programmierer dieser Musikseite scheinen grossen Gefallen daran zu finden, die potenzielle Kundschaft mit allerlei irren Ideen auf den Pfad des real existierenden Wahnsinns zu führen. Nicht nur kannten sie das Lied «079» nicht (es wurden sämtliche Artikel mit Artikelnummer 079irgendwas gelistet), sie brachten zudem bei «Jonas Brothers» vorab Notensammlungen in Steilschrift von Bruder Johannes, Abt im Kloster zu St. Inkontinentia.

Wie einfach war das doch früher: Man ging zu einem der zahllosen Plattenläden, fand das Gesuchte in der Auslage oder sang bestenfalls das unbekannte Lied vor und erhielt nach siebentägiger Bestelldauer das schöne Album in schicker Plastiktüte über den Tresen gereicht. Bereits die Nachfolgerin der Schallplatte – die CD – war ein herber Schritt zurück. Doofe Tupperware mit «unzerstörbaren» Silberlingen drin. Man guckte die einmal schräg an, danach waren sie nicht mehr lesbar.

Mit dem Internet kam dann die Zeit der Piratendownloads. Auf halbseidenen russischen Tauschbörsen konnte man gratis und grobkriminell Musik downloaden, aber die war verseuchter als ein Tiramisu nach sechs Stunden Dampfsauna. Übel waren die mitgelieferten Computerviren: Ich hatte mal einen erwischt, der löschte alle Daten auf dem Computer und auch von allen Disketten im Zimmer, soff meine Hausbar leer, liess die alten Socken auf der Couch liegen und kippte Rohrfrei ins Aquarium.

Deshalb stieg ich dann rasch auf saubere Bezahldownloads um. Aber: Die Piraten hatten deutlich einfachere Downloadportale. Bei den unverschämt teuren offiziellen Seiten war die Auswahl dürftig («urheberrechtliche Probleme», «länderregionale Verträge»), der Bezahlvorgang wirr («es werden nur Lira in unnummerierten Scheinen, die Kreditkarte der Gebrüder Fröhn oder billiger Tand in Zahlung genommen») und der Download ein Gang zu Canossa («Sie brauchen den Treiber x33f99, sonst stirbt Ihr Hund»).

Ich habs wirklich satt und hör zukünftig nur noch Musik auf Radio Beromünster.

Lars Mazzucchelli ist Betriebsökonom und Sissacher Gemeinderat.

MEINE WELT

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