Schweiss und Magnesia statt Bier

  22.02.2019 Bezirk Liestal, Sport

Bouldern | In der Ziegelhof-Abfüllhalle soll ab Herbst geklettert werden

Wo früher Ziegelhofbier abgefüllt wurde, wollen Chasper Kron und Dominique Baumann eine Kletterhalle einrichten. Dafür sammeln sie seit Samstag per Crowdfunding Geld – in der Halle wird aber bereits fleissig gewerkt.

Sebastian Wirz

In der alten Abfüllhalle der Brauerei Ziegelhof in Liestal scheint eine Bombe eingeschlagen zu haben. Da steht eine Leiter, dort ein «Döggeli-Kasten», dort ein abgedeckter Billardtisch. Stühle sind aufeinandergestapelt, die mobile Bar neben einer grossen Leinwand in der Mitte der grossen Fensterfront hin zur Gerberstrasse wirkt nicht sonderlich einladend. Über allem liegt dichter Staub, denn in der Halle wird gebaut. Chasper Kron und seine Freunde haben ein Mäuerchen aus Beton weggespitzt.

Von Kron und seiner Freundin Dominique Baumann stammt die Idee, die auf dem ehemaligen Brauereiareal eingeschlagen hat. Sie wollen in der Halle eine Kletteranlage bauen, und die soll heissen, wie ein Baselbieter reagiert, wenn er jemanden in der Wand hängen sieht: «Hebdi!» Das Paar hat dafür den Verein Kletterei Ziegelhof gegründet. Für Seilklettern ist die Halle nicht hoch genug, deshalb soll hier gebouldert werden. Mit Bouldern wird das Klettern ohne Seil und Gurt an Felsblöcken (englisch «boulder»), natürlichen oder künstlichen Wänden bezeichnet, von deren oberem Ende der Athlet noch ohne Verletzungsgefahr abspringen kann. Entsprechende Anlagen gibt es bereits in Basel und in Pratteln, diese seien aber teilweise so voll, dass es ungemütlich wird, sagt Kron.

Boulderhalle statt Segelschiff
Für den 40-Jährigen kam seine neueste Herzensangelegenheit gerade zum richtigen Zeitpunkt. Nach der Rückkehr von einer mehrjährigen Weltreise wusste der gelernte Schreiner nicht, ob er wieder in seinen Beruf zurückkehren oder eine neue Ausbildung angehen sollte. Als er merkte, dass die Abfüllhalle nicht wie geplant abgerissen wird, wurde die neue Nutzung des grossen und hellen Raums zum Projekt des langjährigen Kletterers. Die Boulderhalle ersetzte das Segelschiff, mit dem er in den Jahren zuvor über die Weltmeere gefahren war.

«Wir haben bei der Arealentwicklerin Denkstatt nachgefragt, was hier passiert und die Verantwortlichen gaben zur Antwort: ‹Du hast eine Idee? Dann komm mit einem Business-Plan.›», sagt Kron. Darin sind nun nicht nur Kletterwände enthalten. Im Eingang zur Halle von der Meyer-Wiggli-Strasse her hat es eine Bühne – und «wenn es eine Bühne hat, dann soll Kultur hier ihren Platz haben», sagt der Mitinitiant.

Daneben soll eine Bar zum Verweilen einladen. Diese ist im ganzen Bau-Ensemble aktuell am weitesten fortgeschritten. Denn am «Chienbäse» am 10. März wird das kulturelle Entree zum zukünftigen «Hebdi» zum ersten Mal geöffnet haben. Konzerte und Barbetrieb sollen die Bekanntheit von «Hebdi» steigern, denn diese kann direkte wirtschaftliche Folgen haben: Die «Kletterei Ziegelhof» ist auf Geldsuche.

500 Quadratmeter Kletterwand
Kron und Baumann haben keinen Investor im Rücken, der die gesamten Ausgaben stemmt. Neben Eigenkapital, einem Investor und erhofften Beiträgen von Stadt und Swisslos-Fonds setzen die Initianten auf Crowdfunding. Auf lokalhelden.ch sammeln sie seit vergangenem Samstag Spenden. Stand gestern Mittag haben knapp 60 Unterstützer über 15 000 Franken gespendet. Kommen bis zum14. April 80 000 Franken zusammen, wird das Projekt von der Plattform finanziert, das Ziel sind aber 160 000 Franken. Der Betrag fliesst vollumfänglich in den Innenausbau der Halle.

Die Baselbieter Kletterwelt soll im Ziegelhof-Areal ab kommendem Herbst einen Spielplatz vorfinden. Die Organisatoren sprechen von 500 Quadratmetern Kletterwand. Die Wände werden an mehreren Stellen auf die bereits bestehende Galerie führen, andererseits sollen künstliche «Felsbrocken» auf der offenen Fläche erklommen werden können. Für die «Hülle» ist die Gebäude-Eignerin Coopera zuständig. Sie habe vor, die Fenster zu ersetzen, das Dach zu sanieren und darauf Sonnenkollektoren zu platzieren, wie Kron sagt. «Unser Projekt hat wohl auch überzeugt, weil sich die Ausgaben für ‹Denkstatt› und Coopera in Grenzen halten», sagt der Liestaler, «wir brauchen keine 20 Grad in der Halle. Eine Heizung muss man für uns also nicht einbauen.»

Als Kron der Klettervirus packte, er noch zu Hause wohnte und kein Geld für Eintritte in Kletterhallen hatte, baute er sich eine eigene kleine Wand zum Üben. Diese ist im Werbe-Video für die Crowdfunding-Aktion zu sehen. Nun geht die Wand auf Tour: Kron und Baumann stellen sie an Bahnhöfen und Märkten auf, um die Bevölkerung auf das Klettern und vor allem auf «Hebdi» aufmerksam zu machen. Und sollten die erwünschten 160 000 Franken nicht zusammenkommen, ist Kron pragmatisch: «Dann bauen wir halt eine Wand weniger.» Belebt werden müsse die Halle so oder so.


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