De Courten weicht aus, Schweizer eckt an
12.02.2019 Bezirk LiestalDie Handelskammer hat zum grossen Regierungsratswahl-Podium geladen
Es war das erste Kräftemessen vor den Wahlen am 31. März: Die Baselbieter Wirtschaftselite fühlte den sechs Regierungskandidaten auf den Zahn. Dabei konnten die beiden Neuen, Thomas de Courten und Kathrin ...
Die Handelskammer hat zum grossen Regierungsratswahl-Podium geladen
Es war das erste Kräftemessen vor den Wahlen am 31. März: Die Baselbieter Wirtschaftselite fühlte den sechs Regierungskandidaten auf den Zahn. Dabei konnten die beiden Neuen, Thomas de Courten und Kathrin Schweizer, unterschiedlich punkten.
Tobias Gfeller
«Wie stehen Sie zu offenen Märkten?», fragte Martin Dätwyler Thomas de Courten. Diese Frage stellte der Direktor der Handelskammer beider Basel dem Rünenberger SVP-Nationalrat natürlich nicht zufällig, plädierte doch die SVP zuletzt mehrfach für mehr Abschottung gegenüber dem Ausland. Eigentlich eine simple Frage, mag man denken. Nicht für de Courten. Er wich aus und sprach lieber über die Wettbewerbsfähigkeit des Baselbiets und wie diese beibehalten und sogar gestärkt werden kann.
Martin Dätwyler verpasste es, die Frage der offenen Märkte zu wiederholen. Die gut 100 Vertreter von international tätigen Unternehmen im Saal hätten wohl gerne gewusst, wie de Courten zum Beispiel zur Personenfreizügigkeit steht. Die Antwort blieb er ihnen schuldig.
Die Anspannung war Thomas de Courten im voll besetzten Auditorium der Basellandschaftlichen Kantonalbank in Liestal anzumerken. Er wirkte teilweise verkrampft – sein Blick wanderte immer wieder auf seine Notizen –; als einziger Kandidat hatte er überhaupt welche dabei.
De Courten provokativ
Die Kandidierenden erhielten vor dem Talk die Stichworte für den Abend zugestellt: Fachkräftemangel, Flughafen, Bildung, öffentlicher Verkehr, Strassennetz, Raumplanung und Finanzpolitik. Befragt wurden die Kandidierenden von Martin Dätwyler, Urs Indermühle (Ernst & Young), Urs Grütter (Stöcklin Logistik AG) und dem Sissacher Advokaten und Steuerexperten Hubertus Ludwig.
Diese entlockten den Kandidierenden immer wieder überraschende Aussagen. So plädierte de Courten für einen «offenen Geist» in der Region. Lächelnd meinte er in Richtung Handelskammer-Präsidentin und CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter im Publikum: «Ja, Elisabeth, das kann man auch als SVPler sagen.» Die Lacher hatte er auf seiner Seite.
Auch gegenüber den bisherigen Magistraten zeigte sich de Courten angriffslustig: «Die Regierung hat gut gearbeitet. Aber es geht noch besser.» Sicherheitsdirektor Isaac Reber forderte Steuererleichterungen für Reiche. «Für die tiefen Einkommen sind wir attraktiv. Für die höchsten Einkommen sind wir bei den Letzten. Das müssen wir ändern.» Zustimmendes Nicken im Publikum für den Grünen-Regierungsrat.
Gschwind wirbt für Berufsmatur
Monica Gschwind (FDP) punktete als Bildungsdirektorin. Sie plädierte mehrfach für die Stärkung der Berufslehre in Kombination mit der Berufsmatur. Sie forderte die Jungen und Eltern auf, nicht nur den gymnasialen Weg als Erfolg versprechende Ausbildung zu sehen. Die Unternehmer im Publikum nahm sie in die Pflicht, den Lernenden den nötigen Raum für die Berufsmatur zu gewähren.
Finanzdirektor Anton Lauber (CVP) fühlte sich sichtlich wohl im Kreise der Unternehmer. Er bewarb die Steuervorlage 17 mit deren Umsetzung im Baselbiet und den Ausbau der ÖVund Strasseninfrastruktur in der Region. Wirklich konkret wurde er aber selten. Thomas Weber (SVP) unterstrich die Bedeutung des Flughafens Euro-Airport. Die Nutzungsinteressen der Reisenden und der Wirtschaft und die Schutzinteressen der Anwohner müssten unter einen Hut gebracht werden. Die Baselbieter Regierung habe sich im Verwaltungsrat erfolgreich für die Verkürzung der abendlichen Flugzeiten bis 23 Uhr eingesetzt. Weiter dürfe man aber nicht gehen, meinte der Wirtschaftsdirektor.
Schweizer lobt KMU
Beim Thema Euro-Airport wurde offensichtlich, dass eine auf dem Podium nicht so ganz in die Reihe der Wirtschaftselite passen will: SP-Kandidatin Kathrin Schweizer. Sie forderte einen verstärkten Schutz der Flughafen-Anwohner in Allschwil und Binningen. «Der Euro-Airport muss so betrieben werden, dass ihn die Bevölkerung mitträgt.» Ihr sei bewusst, dass der Flughafen für die regionale Wirtschaft essenziell ist. «Ich bin nicht gegen den Flughafen. Die lokale Bevölkerung muss einfach ernst genommen werden.»
Es war nicht das einzige Thema, bei dem Schweizer bei den Unternehmern aneckte und auch mal für Kopfschütteln sorgte. Die von Isaac Reber und Thomas Weber geforderte Steuersenkung für Reiche komme für sie nicht infrage. «Seit dem Jahr 2000 gingen dem Kanton Baselland wegen Steuersenkungen 180 Millionen Franken verloren. Die konnten auch nicht wieder durch zusätzliche Einnahmen von reichen Zuzügern kompensiert werden.»
Sie rief den international tätigen Unternehmern die grosse Bedeutung der regionalen KMU in Erinnerung. Kathrin Schweizer beharrte auch vor den kritischen Ohren der Wirtschaftsvertreter auf ihren sozialdemokratischen Standpunkten, wirkte dabei aber diskussions- und kompromissbereit. Dass sie den Rheintunnel befürwortet, dürfte manch einen Unternehmer im Saal überrascht haben.