Das Los entscheidet
22.02.2019 Bezirk Waldenburg, Diegten, LandwirtschaftBürgergemeinde vergibt vier Parzellen Pachtland neu
Lose gibt es nicht nur am Kiosk und Jodlerabend, sie können auch über Pachtlandverträge entscheiden. Wenn die Bürgergemeinde Diegten Kulturland neu vergibt, entscheidet das Los – neutral und vorurteilsfrei. Am Montag wird ...
Bürgergemeinde vergibt vier Parzellen Pachtland neu
Lose gibt es nicht nur am Kiosk und Jodlerabend, sie können auch über Pachtlandverträge entscheiden. Wenn die Bürgergemeinde Diegten Kulturland neu vergibt, entscheidet das Los – neutral und vorurteilsfrei. Am Montag wird ausgelost.
Lucas Huber
Dass ein Landwirt gepachtetes Kulturland abzugeben hat, wenn er in Rente geht, ist in Landwirtschaftskreisen ein gewöhnlicher Vorgang. Der Verpächter schreibt das Land dann beispielsweise neu aus. Pachtland, auch im Diegtertal, ist begehrt, denn wie in allen Wirtschaftszweigen gilt auch in der Landwirtschaft das Prinzip des Wachstums: Was wächst, gedeiht,was stagniert, verdorrt.
Das alles muss wissen, wer nun nach Diegten blickt. Diegten ist eine Bauernhochburg. Keine Baselbieter Gemeinde zählt mehr Bauernhöfe, 28 sind es. Und in keinem Dorf des Kantons arbeiten mehr Bauern und Bäuerinnen Vollzeit: 46 sind es. Am Montag vergibt die Bürgergemeinde Diegten Pachtland eines frisch pensionierten Bauern.
Es handelt sich um vier Parzellen, die zwischen 50 und 194 Aren umfassen, insgesamt 354 Aren. Nun könnte die Bürgergemeinde Diegten als Verpächterin Bewerbungen entgegennehmen, Anhörungen veranstalten, abwägen und nach Gutdünken entscheiden. Doch das Kulturlandreglement, das sich die Bürgergemeinde selbst verordnet hat, sieht ein anderes Vorgehen vor.
«Los verhindert böses Blut»
Dass frei werdendes Kulturland zur Weiterverpachtung im öffentlichen Gemeindemitteilungsblatt ausgeschrieben wird (Artikel 3.2 des Kulturlandreglements der Bürgergemeinde Diegten) ist noch nichts Besonderes. Dass zur Weiterverpachtung ausgeschriebene Kulturlandparzellen allerdings ausschliesslich durch Losentscheid vergeben werden (Artikel 3.3), hingegen schon. Die Idee dahinter: Entscheidet das Los, ist der Neutralität Genüge getan, wenn mehrere Bewerber um die zu verpachtenden Parzellen buhlen. Gerade in kleineren Gemeinden sind involvierte Exponenten oft eng verwoben, Behördenmitglieder kennen Pachtbewerber, Bauer A liegt mit Bauer B überkreuz, Bauer C ist mit einem Bürgerrat verschwägert. Somit leistet die Bürgergemeinde Diegten, die immerhin rund 40 Hektaren Land verpachtet, mit dem Losverfahren der Neutralität nachhaltig Vorschub.
Martin Degen, Landwirt in Eptingen und Vorstandsmitglied des Bauernverbands beider Basel, begrüsst die Diegter Pachtlandverlosung grundsätzlich. Sie garantiere eine unparteiische Vergabe und könne so böses Blut verhindern. «So gesehen ist das sehr fortschrittlich.» Er gibt aber zu bedenken, dass sich Parzellen auf der anderen Dorfseite des Betriebs mit dem Glückslos befinden könnten, was nicht besonders wirtschaftlich wäre. Ruedi Mohler, Diegter Bürgerrat und Organisator der Verlosung, vertraut auf die Eigenverantwortung der Bauern und verweist auf das Kulturlandreglement, das auch den allfälligen Abtausch von Parzellen regelt.
Verfahren nicht öffentlich
Die «Volksstimme» wäre gerne dabei gewesen, wenn Mohler am kommenden Montag die vier Lose mit den vier Parzellen zieht. Doch das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Überhaupt möchte die Bürgergemeinde die Sache nicht an die grosse Glocke hängen. Andreas Bubendorfer, stellvertretender Leiter des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft, Natur und Ernährung, kann das gut verstehen. Landvergaben hätten ein gewisses Explosionspotenzial.
Dass Kulturland verlost wird, ist seiner Erfahrung nach ein ziemlich seltenes, aber doch plausibles Vorgehen, gerade für eine Bürgergemeinde, die sich selbst eine gewisse Neutralitätspflicht auferlegt. Nach dem Wissen Mohlers hat letzmals 2007 eine Verlosung von landwirtschaftlichem Pachtland stattgefunden.