«Ich schreibe nur auf, was ich sehe»
28.02.2019 Gemeinden, Lupsingen, PorträtHans-Rudolf Tschopp war 45 Jahre lang kommunaler Wohnungsexperte
Das eidgenössische Mietrecht ist umfangreich und für viele Mieter und Vermieter schwer zu verstehen. Als kommunaler Wohnungsexperte klärte Hans-Rudolf Tschopp sie 45 Jahre lang auf. Dabei hatte er stets Wert auf ...
Hans-Rudolf Tschopp war 45 Jahre lang kommunaler Wohnungsexperte
Das eidgenössische Mietrecht ist umfangreich und für viele Mieter und Vermieter schwer zu verstehen. Als kommunaler Wohnungsexperte klärte Hans-Rudolf Tschopp sie 45 Jahre lang auf. Dabei hatte er stets Wert auf Fairness und Neutralität gelegt.
Sara Keller
Er habe nie die Rolle eines Richters eingenommen, sagt Hans-Rudolf Tschopp. Nach 45 Jahren ist der 79-Jährige Ende 2018 von seinem Amt als kommunaler Wohnungsexperte zurückgetreten. Als solcher war es seine Hauptaufgabe, bei Wohnungsabnahmen ein neutrales Protokoll über den Zustand des Mietobjekts zu erstellen und Fragen zu beantworten. «Das Mietrecht ist sehr umfangreich und komplex, weshalb es viele Menschen nicht verstehen und oft falsche Vorstellungen von ihren Rechten und Pflichten haben», erklärt er.
Um dem entgegenzuwirken, bestimmte der Bund 1974, dass die Kantone je eine Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten einzurichten hätten. Während in manchen Kantonen eine Fachperson für die Mietobjekte mehrerer Gemeinden zuständig ist, hatte im Baselbiet jede Gemeinde einen eigenen Wohnungsexperten zu wählen. So auch Lupsingen, das zu dem Zeitpunkt gerade mal um die 500 Einwohner zählte.
Keine Konkurrenz
Für den damals 35-Jährigen sei es eine leichte Entscheidung gewesen, als ihn der Gemeinderat anfragte, ob er diese Funktion übernehmen möchte: «Das Dorf war klein, und es brauchte jeden, der bereit war, im Nebenamt für die Gemeinde zu arbeiten», sagt der ehemalige Gemeinderat. «Als eidgenössisch diplomierter Immobilientreuhänder brachte ich die nötige Voraussetzung für dieses Amt mit und habe zugesagt.»
Bis zum vergangenen Dezember hatte er die Gemeinde so unterstützt. «Die Stelle hat mir niemand streitig gemacht», erzählt er und lacht. Im Gegenteil: Oft habe er neue Mitarbeiter der Gemeinde selbst daran erinnert, dass diese Dienstleistung bestehe und von ihm wahrgenommen werde. Ausserdem erstellte er zuhanden des Gemeinderats jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit. Maximal sechsmal im Jahr waren seine Dienste gefragt. So stellte er sicher, dass das Angebot nicht in Vergessenheit geriet.
«Eine grosse Arbeit war es bei Weitem nicht, doch die Kunden schätzten es, bei Meinungsverschiedenheiten eine neutrale Instanz beiziehen zu können», so Tschopp, ehemaliger Vorsteher des kantonalen Amts für Liegenschaftsverkehr. Deshalb habe er die nebenamtliche Tätigkeit auch so lange ausgeführt, gar 17 Jahre über die Pensionierung hinaus. Dieses Jahr wird er 80 Jahre alt, und er findet, es sei nun an der Zeit, abzutreten.
Nur wenige Mieter und Vermieter würden bei der Wohnungsübernahme ein Protokoll erstellen, so der Lupsinger. Das führe oft zu Problemen bei der Rückgabe des Apartments, da dann oft Uneinigkeit darüber herrsche, durch wen ein Schaden entstanden sei. Für Tschopp galt dabei immer: «Ich schreibe nur auf, was ich sehe. Wann ein Mangel entstanden ist, kann ich nicht beurteilen.» Einem Mieter, der beim Wohnungsbezug bereits bestehende Schäden nicht innerhalb der 30-Tage-Frist dem Vermieter schriftlich gemeldet hatte, konnte er im Nachhinein nicht helfen.
Ihm sei stets wichtig gewesen, dass beide Seiten sich fair beraten fühlten, besonders wenn er eine Partei persönlich kannte. «Ich wollte alle gleich behandeln, auch meine Kollegen. Schliesslich hatte ich keinen Grund, nicht objektiv zu sein.»
Neben der Erstellung der Wohnungsrückgabe-Protokolle, die im Fall von Streitfällen der kantonalen Schlichtungsstelle als Grundlage dienen, machte er es sich zur Aufgabe, die Umziehenden an ihre Pflichten zu erinnern. Die Hinweise bezüglich der Abmeldung bei der Gemeindeverwaltung, dem Elektro- und Gaslieferanten oder der Post seien meist sehr geschätzt worden, so Tschopp. «Mich kostete dies nicht viel Zeit, aber die Mieterschaft konnte so viele Unannehmlichkeiten, Geld und Nerven sparen.»