Zur Spitalvorlage vom 10. Februar 2019 über eine gemeinsame Gesundheitsregion

Der Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber hat Ende Oktober in der «Volksstimme» mit einem umfangreichen Beitrag für die Fusion der Kantosspitäler beider Basel geworben. Tibor Somlo wehrt sich namens der Basellandschaftlichen Privatkliniken gegen die Vorlage. Ein Meinungsbeitrag.

Tibor Somlo

Unermüdlich reisen die beiden Regierungsräte Lukas Engelberger und Thomas Weber durch Stadt und Land, um bei jeder möglichen Veranstaltung die Spitalfusion des Kantonsspitals Baselland mit dem Universitätsspital Basel in den Himmel zu loben.

Gebetsmühlenartig werden drei Hauptargumente für eine Spitalfusion wiederholt: Die beiden Staatsverträge über die Spitalfusion des Kantonsspitals Baselland (KSBL) mit dem Universitätsspital Basel (USB) einerseits und der Staatsvertrag zur gemeinsamen Planung andererseits sollen angeblich – die Gesundheitsversorgung der
Region optimieren; – zu einer deutliche Dämpfung des Kostenwachstums im Spitalbereich führen; – langfristig die Hochschulmedizin in der Region sichern.

Der Staatsvertrag über die gemeinsame Planung ist eine «flankierende Massnahme» des Fusionsprojekts Universitätsspital Nordwest. Mittels dieses zweiten Staatsvertrags wollen die Gesundheitsdirektionen in ihrer Regulatorenfunktion das neue Universitätsspital Nordwest vor unliebsamer, günstigerer Konkurrenz schützen. Zudem soll der ambulante Versorgungsbereich neu ebenfalls einer straffen staatlichen Regulation durch die Kantone unterstellt werden. Weiter ist zu befürchten, dass der Entzug von Leistungsaufträgen an die Privatspitäler standardisiert und erleichtert umgesetzt werden könnte.

Ich möchte Punkt für Punkt zu den einzelnen Argumenten und Folgen dieser beiden Staatsverträge Stellung nehmen.

1. Kann das Kostenwachstum mithilfe dieses Megafusionsprojekts im Gesundheitswesen gedämpft werden?
Nein – im Gegenteil, es wird zu einem massiven Kostenwachstum kommen. Statt dass man wie üblich in einer privatwirtschaftlichen Fusion Stellen und Administration abbaut, erhält das Universitätsspital Nordwest einen riesigen administrativen Überbau. Die beiden Gesundheitsdirektionen Baselland und Basel-Stadt werden nicht etwa zusammengelegt oder verkleinert.

Dem Spitalpersonal wurde versprochen, dass trotz Fusion ein Personalabbau nicht oder nur in bescheidenstem Masse stattfinden wird.Vieles deutet aber darauf hin, dass man zwar in grossem Stil zusätzliche Verwaltungsstrukturen plant, ohne aber die Nöte und Anliegen der Pflegefachpersonen und einer verunsicherten Ärzteschaft zu berücksichtigen.

2. Wird die medizinische Versorgung der Bevölke rung durch diese Fusion verbessert?
Ganz bestimmt nicht. Die medizinische Versorgung hängt nicht von überbordenden administrativen Grossverwaltungen ab. Je direkter der Weg zwischen Patienten und Arzt, je direkter die medizinischen Gespräche und je zügiger die medizinisch-therapeutische Behandlung, umso effizienter und kostengünstiger ist die Versorgung. Solch eine Fusion der beiden grössten öffentlichen Spitäler stört die bestehende und gut funktionierende harmonische Koordination des heutigen vielseitigen und kostengünstigen Leistungsangebots. Heute kann der Patient zwischen verschiedensten Kliniken, öffentlichen und privaten Anbietern frei wählen und hat die Gewissheit einer optimalen medizinischen und pflegerischen Versorgung.

3. Waren die bisherigen Fusionen der Spitäler Bruderholz, Laufen und Kantonsspital Liestal zum gemeinsamen Kantonsspital Baselland erfolgreich – und hat diese Fusion die qualitative Versorgung der Bevölkerung verbessert?
Wie wir alle wissen, hat die Fusion der Spitäler Bruderholz, des Spitals Laufen und des Spitals Liestal zum Kantonsspital Baselland weder aufseiten der Kosten noch der Qualitätsförderung einen positiven Effekt gehabt. Ganz im Gegenteil: Es kam zu einem Exodus der besten Fachkräfte. Chefärzte, leitende Ärzte und hoch qualifizierte Pflegefachpersonen haben zum Teil fluchtartig das Kantonsspital Baselland verlassen.

Hauptgrund dieses Aderlasses an Pflege- und Arztpersonen war das Überborden einer immer grösser werdenden und autonom handelnden Administration, die weitab von den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten wie auch der Ärzte und der Pflegekräfte agierte.

Administration und Bürokratie des Kantonsspitals Baselland bestimmten zunehmend den Tagesablauf, während die Fachmeinung der Ärzte, der Pflegepersonen und das Wohl der Patientinnen und Patienten zunehmend zur «quantité négligeable» degradiert worden sind.

Nachdem das Fusionskonstrukt Kantonsspital Baselland mit drei Standorten Schiffbruch erlitten hat, sucht man mit den Staatsverträgen zur Spitalfusion des Kantonsspitals Baselland mit dem Universitätsspital nun das Heil in einer noch grösseren Bürokratie: dem Universitätsspital Nordwest.

Es geht mir keinesfalls darum, auf emotionaler Ebene diese Fusion zu bekämpfen. Vielmehr geht es mir um das Wohl der Patientinnen und Patienten, um die Kostenstrukturen und um eine zukunftsweisende Spitalversorgung unserer Bevölkerung.

4. Was hat die Form einer Aktiengesellschaft (Universitätsspital Nordwest AG) auf die Mitbestimmung des Kantons Baselland für Folgen?
Die Antwort ist für den Kanton Baselland politisch fatal: Bei einer AG hat der Minderheitsaktionär grundsätzlich nichts zu sagen. Zwar hat der Kanton Baselland mit seiner Minderheitsbeteiligung von 33 Prozent in einigen wenigen fest definierten Entscheidungsfragen ein gleichberechtigtes Mitspracherecht. Bei allen anderen Entscheidungen hat der Kanton Baselland aber das Nachsehen und Basel-Stadt entscheidet allein. Baselland bestimmt also bei der Annahme der Spitalfusion zukünftig nicht mehr mit, was mit seinen Spitälern auf dem eigenen Kantonsboden geschieht.

Hingegen muss der Kanton Baselland als Aktionär alle Finanzfolgen und Defizite der neuen AG im Verhältnis zu seinem Aktienanteil mittragen. Der Steuerzahler des Kantons Baselland zahlt also an alle Spitalneubauten des Universitätsspitals Nordwest AG auf städtischem und ländlichem Boden einen Drittel mit – sowohl die Kosten der drei neu geplanten Spitalbaukörper auf dem Bruderholz wie auch die städtischen Kosten des Neubaus Klinikum 2. Die geplante Investitionssumme beträgt gigantische 3,2 Milliarden Franken. Dazu kommt, dass bei Spitalplanungen der öffentlichen Hand meist bewusst viel zu tief projektiert wird und die Endkosten die Planungskosten wesentlich übertreffen. Für Baselland droht mit dieser Spitalfusion ein langfristiges Finanzfiasko.

5. Ist das Konzept des Universitätsspitals Nordwest AG mit vier Standorten innovativ und zukunftsweisend?
Sicherlich nicht. Vielmehr werden mit diesem Staatsvertrag alte und überflüssige Standorte zementiert. Das Bruderholzspital liegt, wie allen bekannt ist, am falschen Ort und jeder betriebswirtschaftlich denkende Mensch würde sich hüten, das Bruderholz als Leistungsstandort neu aufzubauen und mittels Investition von angeblich drei neuen Baukörpern und einer komplett neuen Infrastruktur diesen unglücklichen Standort auf Jahrzehnte zu zementieren. Damit die Bevölkerung aber bezüglich Ausbau weiter im Unklaren bleibt, wird vor der Abstimmung tunlichst vermieden, das Neubauprojekt Bruderholzspital bezüglich der zu erwartenden Kosten zu konkretisieren. Zuerst soll das Volk einmal Ja stimmen und dann kann der Mehrheitsaktionär Basel-Stadt tun und lassen, was er will. Die Baselbieter Steuerzahler werden immer und immer wieder mitfinanzieren, und die Bevölkerung, der Landrat und der Regierungsrat von Baselland bleiben aussen vor.

6. Bringen das Megafusionsprojekt und die beiden Staatsv erträge Vorteile bezüglich des Erhalts der Universität respektive der medizinischen Fakultät?
Leider überhaupt nicht. Entscheidend für den Erhalt der medizinischen Fakultät ist die gute vernetzte Zusammenarbeit zwischen allen Gesundheitsanbietern, den öffentlichen und den privaten. Dass dies effizient, kostengünstig und im Sinne der optimierten Patientenversorgung am idealsten durch eine vernetzte Zusammenarbeit möglich ist, hat gerade kürzlich das Universitätsspital Basel mit der Zusammenarbeit mit dem Claraspital bewiesen. Man hat ohne grossen administrativen Aufwand die neue Gesellschaft Clarunis gegründet und kann so die Anforderungen zur Erreichung der notwendigen Fallzahlen bei speziellen komplexen Eingriffen erreichen.

Patientenorientierte und hochkomplexe Therapiengebote benötigen weder mehr Staat, mehr Verwaltung und schon gar nicht mehr Bürokratie.

Der Staatsvertrag zur Spitalfusion von KSBL und USB erreicht in keinem einzigen Punkt die Ziele, die mit diesen Staatsverträgen von den Gesundheitsdirektoren Engelberger und Weber propagiert werden. Vielmehr führen diese Staatsverträge dazu, dass der Einfluss des Kantons Baselland bezüglich Spitalversorgung vollständig und unwiderruflich an Basel-Stadt abgegeben wird, verbunden mit der Pflicht, alle Entscheide von Basel mit einem 33-Prozent-Kostenbeitrag mitzufinanzieren.

Keine sinnvollen Argumente
Bei genauer Betrachtung aller Argumente für und gegen diese Spitalfusion kann man nirgendwo ein sinnvolles Argument erkennen, warum dieser Staatsvertrag zur Spitalfusion des KSBL mit dem USB zu befürworten wäre. Deshalb braucht es ein überzeugendes Nein zu diesem Staatsvertrag.

Letztlich stellt sich noch die Frage, wie es um den Staatsvertrag über die gemeinsame Regulierung und Planung steht. Alle, die sich mit der Spitalplanung und der Vergabe von Leistungsaufträgen befassen, wissen, dass die Gesundheitsdirektionen von Baselland und Basel-Stadt sich bezüglich Leistungsaufträge heute schon abgesprochen haben und alle Spitäler, die privaten und öffentlichen, von beiden Kantonen die gleichen Leistungsaufträge bekommen und auf einer inhaltlich identischen Spitalliste aufgeführt sind.

Somit ist für eine gemeinsame Planung dieser zweite Staatsvertrag völlig überflüssig, unnötig und birgt eine Menge zusätzlicher teurer Bürokratie. Aus diesem Grunde sollte auch der Staatsvertrag über die gemeinsame Planung und Regulierung abgelehnt werden.

«Dem Baselbiet droht ein Finanzfiasko»

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