Mehr Gesundheit pro eingesetztem Franken
25.10.2018 BaselbietSpitalvorlagen vom 10. Februar 2019 über eine gemeinsame Gesundheitsregion
Warum wird eine Fusion der Kantonsspitäler beider Basel geplant, obwohl Baselland im Jahr 2014 eine Fusion mit Basel-Stadt so deutlich abgelehnt hat? Die «Volksstimme» hat ...
Spitalvorlagen vom 10. Februar 2019 über eine gemeinsame Gesundheitsregion
Warum wird eine Fusion der Kantonsspitäler beider Basel geplant, obwohl Baselland im Jahr 2014 eine Fusion mit Basel-Stadt so deutlich abgelehnt hat? Die «Volksstimme» hat Gesundheitsdirektor Thomas Weber zur Stellungnahme aufgefordert.
Thomas Weber
Die Gesundheitsversorgung in unserer Region ist zu teuer, wir müssen handeln. Am 10. Februar 2019 stimmen die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt über zukunftsweisende Vorlagen ab. Das Projekt «Gemeinsame Gesundheitsregion» hat drei übergeordnete Ziele: die optimierte Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, die deutliche Dämpfung des Kostenwachstums im Spitalbereich und die langfristige Sicherung der Hochschulmedizin in unserer Region.
Einerseits soll die Gesundheitsversorgung gemeinsam nach einheitlichen und transparenten Kriterien sichergestellt werden. Andererseits sollen das Universitätsspital Basel und das Kantonsspital Baselland zum Universitätsspital Nordwest zusammengeführt werden.
Sie fragen sich sicher, wieso nach dem Baselbieter Nein zur Kantonsfusion nun eine Fusion der Spitäler nötig sei. Ich habe bereits im Abstimmungskampf im Sommer 2014 klar gesagt: Baselland bleibt selbstständig, und wir wollen eine themenbezogene Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen dort, wo es der Bevölkerung dient.
Warum braucht es nun die Spitalfusion? Reichen nicht einfach Zusammenarbeitsverträge der Spitäler? Freiwillige Kooperationen können in einzelnen Fachgebieten funktionieren, nicht jedoch im Grossen. Massgebend für wirtschaftlich sinnvolle Entscheide ist, dass auch ein gemeinsames finanzielles Interesse besteht. Bei den kantonalen Spitälern heisst das: Zusammenschluss zu einer einzigen Firma unter einheitlicher Führung.
Im Falle eines Alleingangs würden das Universitätsspital Basel und das Kantonsspital Baselland Konkurrenten bleiben und müssten um das gleiche Patientengut kämpfen. So würden selbst freiwillige Kooperationsverträge stark erschwert. Für die Behandlungsqualität wäre dies ein Rückschritt.
Baselbieter gehen nach Basel
Blenden wir zurück. 2012 kam schweizweit die neue Spitalfinanzierung. An stationäre Behandlungen müssen die Kantone mindestens 55 Prozent bezahlen, die Krankenversicherer maximal 45 Prozent. Schweizweit gilt die freie Spitalwahl. Seit 2014 gilt zudem die volle Patientenfreizügigkeit zwischen Baselland und Basel-Stadt. Annährend 45 Prozent aller Baselbieter Patientinnen und Patienten werden in einem Spital in Basel behandelt. Seit 2014 kann unsere Bevölkerung mit der vollen Freizügigkeit die Angebote des Universitätsspitals Basel im Grundversicherungsbereich ohne Mehrkosten in Anspruch nehmen.
Die Spitäler ihrerseits müssen seit 2012 ihre Investitionen über die Erträge finanzieren, die sie mit den Behandlungen erwirtschaften. Es gibt keine Defizitgarantien und keine Investitionsbeiträge der Kantone mehr. Es hat sich gezeigt, dass in den heutigen Strukturen weder das Kantonsspital Baselland noch das Universitätsspital Basel eine ausreichende Ertragskraft haben und sich so oder so strukturell anpassen müssen.
Das Universitätsspital Basel ist für die Versorgung der Baselbieter Bevölkerung sehr wichtig, gehört aber heute allein dem Kanton Basel-Stadt. Der Kanton Basel-Landschaft hat ein hohes Interesse, Miteigentümer an einem gemeinsamen Universitätsspital zu sein und sich so ein Mitspracherecht zu sichern.
Engere Zusammenarbeit
Die Kantonsgebiete der beiden Basel bilden zusammen mit dem Fricktal und dem Solothurner Schwarzbubenland einen gemeinsamen Gesundheitsversorgungsraum nördlich des Jurakamms, in dem sich die Patientinnen und Patienten unabhängig von den Kantonsgrenzen bewegen. Dieser Raum entspricht ziemlich genau demjenigen des Tarifverbunds Nordwestschweiz im öffentlichen Verkehr. Es ist mehr als sinnvoll, in diesem Gesundheitsraum möglichst die gleichen Regeln und politischen Vorgaben zu schaffen.
Um die erwähnten Ziele zu erreichen, soll die Gesundheitsversorgung gemeinsam nach einheitlichen und transparenten Kriterien geregelt werden. Das gemeinsame Handeln der Kantone ist Inhalt des ersten von zwei Staatsverträgen: Fehl-, Über- oder Unterversorgung können dadurch vermieden, die Qualität der Behandlungen verbessert und die Kostensteigerung gebremst werden.
Mit dem Staatsvertrag betreffend Planung, Regulation und Aufsicht in der Gesundheitsversorgung wollen Baselland und Basel-Stadt die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet längerfristig und verbindlich festschreiben. Weitere Kantone können der Vereinbarung beitreten. Im Mittelpunkt der Planung steht der Bedarf der Bevölkerung. Auf dieser Grundlage sollen die gemeinsame Regulation und Aufsicht dann die Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung setzen. In einem ersten Schritt ist vorgesehen, in beiden Kantonen gleich lautende Spitallisten zu erlassen. Für private und öffentliche Anbieter gelten dieselben Regeln.
Die gleichen Regeln bedeuten nicht, dass die Prämienregionen abgeschafft oder vereinheitlicht werden. Dies ist auf Bundesebene geregelt und bleibt auch so: Im Oberbaselbiet und im Laufental werden weniger Gesundheitsleistungen bezogen und abgerechnet als in den stadtnahen Gebieten oder gar in der Stadt, deshalb sind die Prämien bei uns auch tiefer. Es wird keine «Einheitsprämien» zulasten der ländlichen Bevölkerung geben.
«Vier Standorte – ein System»
Der zweite Staatsvertrag betrifft die kantonalen Akutspitäler: Das Universitätsspital Basel und das Kantonsspital Baselland sollen zu einer gemeinsamen Spitalgruppe mit dem Namen Universitätsspital Nordwest zusammengeführt werden. Mit der Spitalfusion werden 120 bis 150 Betten abgebaut und jährlich Kosten von mindestens 70 Millionen Franken aus dem System genommen. Weniger Kosten heisst mittelfristig auch günstigere Tarife. Die Standorte Basel, Liestal, Bruderholz und Laufen erhalten im Rahmen der Strategie «Vier Standorte – ein System» jeder eine klare Positionierung mit Kernaufgaben für das ganze Universitätsspital Nordwest.
Die stationäre akutsomatische Versorgung wird an den Standorten Basel und Liestal konzentriert. Basel ist das Zentrum der universitären und der hoch spezialisierten Medizin. Der Standort Liestal bietet wie bisher eine erweiterte Grundversorgung mit einer Notfallstation, die rund um die Uhr auch für Operationen geöffnet ist, eine Station für Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Überwachungsbedarf (IMC), eine Intensivstation mit allen notwendigen lebenserhaltenden Apparaten sowie eine Dialysestation. Erweitert werden die Angebote der Altersmedizin.
Auf dem Bruderholz wird der bestehende Bettenturm durch die wesentlich kleinere Tagesklinik für operative und interventionelle Eingriffe (TOP) ersetzt und dann abgebrochen. Ein voll installiertes stationäres Spital wird es auf dem Bruderholz nicht mehr geben. Als stationäres Element verbleibt eine Orthopädie-Klinik mit passendem Rehabilitationsangebot. Dabei werden keine neuen Kapazitäten aufgebaut, sondern die bereits bestehenden Orthopädiekliniken der beiden kantonalen Spitäler am Standort Bruderholz konzentriert.
Der Standort Laufen wird als bedarfsorientiertes Gesundheitszentrum betrieben. Operationen finden in Laufen bereits seit Anfang 2018 nicht mehr statt. Der Landrat hat unter Berücksichtigung der Verpflichtungen aus dem Laufentalvertrag für die Jahre 2020 bis 2022 für den Betrieb der Notfall-Erstanlaufstelle rund um die Uhr sowie zur Aufrechterhaltung der stationären Inneren Medizin (rund 20 Betten) zusätzliche Mittel bewilligt.
Nicht gegen Baselbieter Willen
Das Universitätsspital Nordwest bewirkt eine Verlagerung von stationärer zu ambulanter Versorgung. Immer mehr Patientinnen und Patienten möchten nach einem Eingriff am gleichen Tag wieder nach Hause. Das Universitätsspital Nordwest fördert darum gezielt den Trend, planbare Eingriffe in einer dafür optimal geeigneten Infrastruktur ambulant vorzunehmen. Die klare Trennung von stationärem und ambulantem Angebot ermöglicht eine auf Patientenbedürfnisse ausgerichtete Behandlung, weniger lange Spitalaufenthalte und entsprechend tiefere Risiken für spitalerworbene Infekte.
Für die Beteiligung an den Aktienanteilen am Universitätsspital Nordwest haben sich die beiden Kantone auf ein Verhältnis von 66,6 Prozent für Basel-Stadt und 33,4 Prozent für Basel-Landschaft geeinigt. Damit wird in Anwendung des Obligationenrechts sichergestellt, dass bei wichtigen Entscheidungen der Generalversammlung die Zustimmung beider Kantone als Aktionäre vorliegen muss.
Die Gegnerinnen und Gegner des Projekts konnten keine Alternativen aufzeigen, welche die gesteckten Ziele besser erreichen können. Sicher keine Lösung ist das Festhalten am Status quo. Gemeinsam wollen und können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern.
Regierungsrat Thomas Weber ist Vorsteher der Volkswirtschaftsund Gesundheitsdirektion Basel-Landschaft. Er ist Mitglied der SVP und wohnt in Buus.