Der Vogelzug ist in vollem Gang
09.10.2018 Baselbiet, LauwilAuf der Ulmethöchi wird gezählt und beringt
tho. Viele Vögel haben sich bereits aufgemacht. Es geht südwärts, Richtung Winterquartier. Seit 1962 werden die Vögel auf der Ulmethöchi oberhalb von Lauwil auf ihrem Zug beobachtet und gezählt. Bis heute wurden mehr als ...
Auf der Ulmethöchi wird gezählt und beringt
tho. Viele Vögel haben sich bereits aufgemacht. Es geht südwärts, Richtung Winterquartier. Seit 1962 werden die Vögel auf der Ulmethöchi oberhalb von Lauwil auf ihrem Zug beobachtet und gezählt. Bis heute wurden mehr als 112 000 Vögel aus 99 Arten mit Netzen gefangen, beringt und wieder freigelassen. Martin Furler vom Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverband (bnv) ist Obmann auf dem Ulmet. Für die «Volksstimme» berichtet er über die Arbeit der Ornithologen und über die wertvollen Erkenntnisse, die man in den vergangenen Jahrzehnten gewonnen hat.
Die grosse Reise Richtung Süden
Der Vogelzug ist in vollem Gange – ein Bericht von der Ulmethöchi
Seit 1962 wird auf der Ulmethöchi oberhalb von Lauwil der Vogelzug beobachtet. 112 000 Vögel aus 99 Arten wurden bisher bereits beringt. Die «Volksstimme» hat Martin Furler vom Baselbieter Naturund Vogelschutzverein gebeten, über die Tätigkeit auf dem Ulmet zu berichten.
Martin Furler
Der Vogelzug ist ein grossartiges Naturschauspiel. Jeden Herbst verlassen Milliarden von Zugvögeln ihre nordischen Gefilde und ziehen in den Süden. Die Zugvögel legen dabei Hunderte oder gar Tausende von Kilometern zurück, überqueren fremde und zum Teil unwirtliche Gegenden, trotzen Wind und Wetter, bleiben mithilfe des Sonnenstands, der Sternbilder und des Erdmagnetfelds auf Kurs und erreichen nach einigen Wochen ihr Ziel.
Gut beobachten lässt sich der Vogelzug nur an wenigen herausragenden Orten. Wenig bekannt ist, dass sich einer dieser besonderen Orte ganz in der Nähe befindet: die Ulmethöchi oberhalb von Lauwil. Hier wird der Vogelzug zum Erlebnis: Die Zugvögel fliegen zum Teil nur wenige Meter über Boden und direkt auf die Beobachter zu. Trupps von Finken, Meisen und Drosseln, aber auch Schwärme von Tauben und zahlreiche Greifvögel fliegen vorbei. Und einige Vögel lassen sich von ganz nah betrachten: Denn hier kann man den Ornithologinnen und Ornithologen bei der Beringung der Zugvögel noch bis Anfang November zusehen und sich von ihnen den Vogelzug erklären lassen.
Tolle Beobachtungen
Die Beringungsstation Ulmethöchi ist seit vergangenen Samstag wieder in Betrieb. Bei schönem Spätsommerwetter können tolle Beobachtungen gemacht werden. Rotmilane, Turmfalken, aber auch Schwärme von Distelfinken und Bergfinken können beobachtet werden. Fliegt dort nicht ein Fischadler? Auch das ist möglich.
Zu Fuss ist die Ulmethöchi von der Wasserfallen, Lauwil oder dem Bretzwiler Stierenberg gut erreichbar. Der informative Vogelzugweg von der Bergstation Wasserfallen führt direkt auf die Ulmethöchi. Bei den Infotafeln erfährt man einige spannende Aspekte zum Vogelzug und die illustrierte Geschichte begleitet einen bis ans Ziel.
Was im Jahr 1962 mit einem einwöchigen Beobachtungs- und Beringungslager begann, entwickelte sich bald zu einem wissenschaftlichen Programm. Etliche Publikationen über den Vogelzug entstanden und bildeten eine nationale Wissensgrundlage. Durch die lange und unveränderte Datenerfassung liefern die Daten von der Ulmethöchi eine wertvolle wissenschaftliche Grundinformation. Dank der Daten konnten interessante Erkenntnisse über den Herbstzug in Erfahrung gebracht werden. So konnte belegt werden, dass der Distelfink anzahlmässig rückläufig ist. Der Kernbeisser hingegen konnte sein Auftreten erhöhen. Grund dafür sind bei den Brutund Nahrungsgrundlagen gefunden worden.
Übernachtung vor Ort
Bei Wind und Wetter sind die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer jeweils für eine Woche vor Ort. Jede Gruppe besteht aus rund 8 bis 12 Fachleuten, die ihre Ferien dem Vogelzug widmen. Übernachtet wird in einer einfachen alten Militärbaracke. Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Nach dem gemeinsamen Frühstück in der Küche startet man den Fussmarsch auf die Höchi.
Erst in der Abenddämmerung kehrt die Gruppe in die schützende Hütte zurück. Nach dem Nachtessen steht um 22 Uhr eine Nachtkontrolle an. Sollte sich ein Nachtzieher in den Netzen verfangen haben, wird die Kontrolle zu jeder Stunde wiederholt. Somit fällt die Schlafphase nicht gerade üppig aus. Zum Glück gibt es diese Nachtfänge nur unter speziellen Wetterumständen: Vollmond, Westwind und Nebel knapp unter 1000 m. ü. M.
Ungewöhnliche Vogelarten
Bis heute wurden über 112 000 Vögel aus 99 Vogelarten beringt. Bei den beobachteten Arten liegt die Zahl viel höher. So können immer wieder spezielle und ungewöhnliche Vogelarten auf dem Zug beobachtet werden. Der farbenfrohe Bienenfresser wurde in jüngerer Vergangenheit mehrfach beobachtet. Auch der alpine Mauerläufer zeigte seine roten Flügel über der Ulmet. Gegen Ende der Aktion können mit etwas Glück Kraniche in typischer V-Formation bestaunt werden. Bei den Kleinvögeln sind natürlich die späten Insektenfresser sehr spannend. So konnten noch Langstreckenzieher wie das Blaukehlchen oder der Neuntöter beobachtet werden.
Zuschauen vor Ort ist möglich
vs. Schauen Sie den Beringern über die Schultern: Aus nächster Nähe können Sie die Vögel bestaunen, während sie einen kleinen, leichten Alu-Ring ans Bein geklemmt erhalten. Anschliessend werden die Vögel vermessen und gewogen, bevor der Flug Richtung Süden weitergeht. Informationen über die Beobachtungs- und Beringungsstation finden Sie auf der Website des Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverbands www.bnv.ch. Das Buch «Vogelzug hautnah», mit vielen spannenden und unterhaltsamen Hintergrundinformationen zur Station, kann direkt vor Ort erworben werden.
Gruppen sind gebeten, sich beim Obmann anzumelden. Für Auskünfte wenden Sie sich an den Obmann Martin Furler, Wildensteinerstrasse 53, 4416 Bubendorf, Tel. 079 689 68 41. martin.furler@furlerpartner.ch