Mexiko – mehr als nur Tacos
10.08.2018 GesellschaftVergangenen Herbst unterbreiteten mir meine zweitälteste Tochter und ihr Freund, dass sie für fünf Monate nach Mexiko reisen werden. Er, um sein Masterpraktikum zu absolvieren, und sie, um ihre Spanischkenntnisse zu erweitern. Konfrontiert mit dieser Neuigkeit begann ich zu ...
Vergangenen Herbst unterbreiteten mir meine zweitälteste Tochter und ihr Freund, dass sie für fünf Monate nach Mexiko reisen werden. Er, um sein Masterpraktikum zu absolvieren, und sie, um ihre Spanischkenntnisse zu erweitern. Konfrontiert mit dieser Neuigkeit begann ich zu recherchieren und musste feststellen, dass die aktuellen Reisehinweise des EDA für Mexiko alles andere als berauschend waren. Zunehmend wurde ich auf Medienberichte aufmerksam, die von Drogendelikten, Entführungen, hoher Kriminalitätsrate, Korruption sowie von Erdbeben berichteten.
Der Tag der Abreise kam und bereits nach einer Woche erzählten uns die Reisenden begeistert von ihren Erlebnissen, was mich bewog, einen Flug nach Mexiko zu buchen und die beiden zusammen mit meiner jüngsten Tochter zu besuchen. Im Juni war es dann soweit. Unser Anflug über die Stadt mit 22 Millionen Einwohnern liess uns die Vielfallt und das pulsierende Leben in dieser Metropole erahnen. Zeit, um uns an die dünne Luft auf 2200 Metern über Meer zu gewöhnen, blieb uns keine. Bereits am zweiten Tag stand eine private Führung von Professor Pérez Panduro, der unter anderem am «Colegio de Postgraduados» das Projekt des Freundes meiner Tochter betreute, durch Texcoco auf dem Plan. Mit seiner Begeisterung und seinem enormen Fachwissen über die Blütezeit und den Untergang der Azteken gelang es ihm, uns die Vergangenheit greifbar zu machen und unsere einseitig durch Medien beeinflusste Sicht auf Mexiko zu korrigieren. Nicht nur sein Wissen über Kultur und Geschichte beeindruckte, sondern auch seine Visionen für die neue Generation Mexikos. Damit junge Menschen den Respekt und das Verständnis für die eigene Kultur und Tradition zurückgewinnen, möchte er, dass das Kulturerbe Mexikos einen höheren Stellenwert in der Bildung erlangt. Zudem sollen private Sportanlagen für die Bevölkerung zugänglich gemacht und weitere Angebote im öffentliche Raum ausgebaut werden.
Mit dem Projekt «Muévete en Bici», das 2007 initiiert wurde, macht Mexiko-Stadt bereits einen Schritt in die richtige Richtung. Jeden Sonntag werden in der Hauptstadt von 8 bis 14 Uhr insgesamt 55 Kilometer Strasse für den motorisierten Verkehr gesperrt und stehen Fussgängern, Velofahrern und Joggern zur Verfügung. Dies zu erleben und mit Tausenden anderer sportbegeisterter Menschen auf dem Fahrrad durch die Hauptstrassen der lebendigen Stadt zu radeln, vermittelt einem das Gefühl, Teil eines grossen Ganzen zu sein. Diese Erfahrung, die zuvor beschriebene Begegnung mit dem Professor und weitere Gespräche mit Einheimischen haben mein negatives Bild von Mexiko verändert. Nie hätte ich gedacht, dass ich Mexiko bereisen würde. Umso mehr ist es mir ein Anliegen, ein anderes Bild von Mexiko zu vermitteln.
Dass es den Mexikanern nicht egal ist, was ich von ihrem Land denke, zeigte die Frage: «Wie gefällt dir Mexiko und wie schmeckt dir das Essen?», die ich bei jeder ersten Begegnung gestellt bekam und mit Überzeugung positiv beantworten konnte.