Der Appell verhallt
07.08.2018 Baselbiet, Bezirk Waldenburg, Bezirk Sissach, RegionSeit einem Jahr heisst es vonseiten vieler Primarschulen «Elterntaxi, nein danke!». Das Projekt bekämpft den Trend, dass Eltern ihre Kinder zur Schule chauffieren. Das Fazit vor dem Schulstart am Montag zeigt: Die Kampagne ist kein Wundermittel.
Sara Keller
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Seit einem Jahr heisst es vonseiten vieler Primarschulen «Elterntaxi, nein danke!». Das Projekt bekämpft den Trend, dass Eltern ihre Kinder zur Schule chauffieren. Das Fazit vor dem Schulstart am Montag zeigt: Die Kampagne ist kein Wundermittel.
Sara Keller
«Geben Sie Ihren Kindern mehr Raum!» Unter diesem Credo kämpft die Gemeinschaftsaktion «Elterntaxi, nein danke!» seit einem Jahr dagegen an, dass immer mehr Eltern ihre Kinder im Auto zur Schule chauffieren und wieder abholen. Die Kinder sollen den Schulweg zu Fuss oder mit dem Velo bewältigen, so das Plädoyer der Gemeinden hinter der Aktion.
Das erhöhte Verkehrsaufkommen vor Schulen durch Elterntaxis sei gefährlich für Kinder, die zu Fuss in die Schule gehen, argumentieren die Mitglieder des Projekts. Bei heiklen Wendemanövern oder dem Parkieren auf dem Trottoir könnten Kinder übersehen werden. Ihrem eigenen Nachwuchs helfen die besorgten Eltern mit den Fahraktionen auch nicht, so die Initianten der Kampagne. Den Kindern fehle es an Möglichkeiten, das sichere Verhalten im Verkehr zu erlernen, sowie an Bewegung und sozialen Kontakten.
Vorfälle in der Region
23 Baselbieter Gemeinden haben sich im vergangenen Sommer der Gemeinschaftsaktion angeschlossen. Lanciert haben diese Reinach, Bottmingen und Oberwil. Auch Gemeinden aus dem Oberbaselbiet engagieren sich: Bennwil, Bubendorf, Itingen, Lausen, Lupsingen, Ormalingen, Seltisberg, Sissach und Waldenburg unterstützen das Projekt.
In der Region ist es in der Vergangenheit aufgrund der Elterntaxis zu heiklen Situationen gekommen. Besonders in Waldenburg hat es immer wieder Probleme gegeben, wie aus dem Gespräch mit dem Gemeindeverwalter hervorgeht.
Veränderungen schwer messbar
In Lupsingen schien die Aktion unmittelbar nach der Publikation eines Flyers Früchte zu tragen, wie Gemeindeverwalterin Silvia Leisi auf Anfrage sagt. So haben weniger Eltern ihre Kinder zur Schule gefahren oder wenigstens nicht direkt vor die Schule. Stattdessen hätten sie ein Stück entfernt parkiert. Zum positiven Ergebnis beigetragen hat, dass das Trottoir vor der Schule nicht mehr befahrbar ist. Beim Renovieren der Liestalerstrasse hat der Kanton die Ränder des Trottoirs mit Pfosten ausgestattet. Dies hat für Entlastung gesorgt.
Wie erfolgreich die Aktion auf lange Sicht sein wird, lasse sich schwer abschätzen, so Leisi. «Damit die Kampagne wirklich nachhaltig wirkt, muss sie immer wieder publiziert und thematisiert werden. Die Veränderungen bleiben schwierig zu messen».
Misserfolg in Waldenburg
In Sissach zeigt sich ein ähnliches Bild. Gemeindeverwalter Godi Heinimann sagt auf Anfage, es habe zu Beginn der Kampagne den Eindruck erweckt, dass die Elterntaxis weniger wurden. Wie lange der Erfolg anhalte, sei auch hier unsicher. Das bestätigt Gemeinderat Gieri Blumenthal, der für die Bildung zuständig ist. Die Aktion habe keine grossen Wellen geschlagen und sei insofern erfolgreich gewesen, dass die Elterntaxis kein Thema mehr seien, sagt er. Auch in Ormalingen sei die Problematik der Elterntaxis kein kritischer Punkt mehr, sagt Gemeinderat Ernst Bussinger.
Aus Itingen kann Gemeindeverwalter Reto Lauber in Absprache mit der Schulleitung Positives berichten. Die Kampagne sei bei den Eltern auf gute Resonanz gestossen und habe Wirkung gezeigt, so Lauber. Es habe Ausnahmen gegeben, insgesamt sei aber eine Verbesserung der Situation sichtbar. Die Gemeinde werde zum Schulbeginn erneut den Flyer im Gemeindeanzeiger und am Anschlagbrett vor dem Gemeindehaus publizieren.
Ganz anders sieht es in Waldenburg aus. Hier habe die Akton keinerlei Wirkung gezeigt, wie Gemeindeverwalter Markus Meyer berichtet. Die Situation sei immer noch gleich prekär wie vor einem Jahr. Vor der Schule würden sich ganze Kolonnen bilden und die Primarschüler in Gefahr bringen. «Die Argumente werden nicht zur Kenntnis genommen, was sehr schade ist, aber schliesslich kann man niemanden zwingen.» Ob die Gemeinde zum Schulstart nochmals einen Versuch wagen werde, wisse er noch nicht.
Neuer Lehrplan – neues Dossier
ske. Dass sich die Elterntaxis teilweise hartnäckig halten, weiss auch der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Die gemeinützige Organisation engagiert sich gegen die Elterntaxis. Zum Schulbeginn publiziert sie regelmässig Tipps für einen sicheren Schulweg und lanciert immer wieder neue Kampagnen. Zum diesjährigen Schulstart und Beginn des «Lehrplans 21» bietet der VCS ein neues Dossier an. Unter dem Namen «Schulweg 21– ein Erlebnis» behandelt dieses Aspekte der Sicherheit und der Gesundheit des Schulwegs, sowie Fragen zu Umwelt, Raumplanung und Klima.