Schützenhilfe für Schützengräben
26.06.2018 Baselbiet, Bezirk Waldenburg, Bezirk SissachCVP-Landrat Pascal Ryf ersucht die Regierung in einem von Landratsmitgliedern fast aller Parteien mitunterzeichneten Postulat, Massnahmen aufzuzeigen, wie zumindest Teile des zerfallenden Grabensystems auf den Jurahöhen erhalten werden könnten.
Otto Graf
Die ...
CVP-Landrat Pascal Ryf ersucht die Regierung in einem von Landratsmitgliedern fast aller Parteien mitunterzeichneten Postulat, Massnahmen aufzuzeigen, wie zumindest Teile des zerfallenden Grabensystems auf den Jurahöhen erhalten werden könnten.
Otto Graf
Die «Fortifikation Hauenstein», eine 42 Kilometer lange Verteidigungslinie in Form eines Kreisbogens von Gösgen über den Wisenberg, den Unteren Hauenstein und den Bölchen bis zum Kappelborn bei Hägendorf, zerfällt – langsam, aber sicher. Ohne Gegenmassnahmen dürfte das Grabensystem, ein wichtiges Element der Landesverteidigung im Ersten Weltkrieg, schon bald verschwunden sein. Während über Gräben im freien Gelände schon längst Gras gewachsen ist, nagt an den Stellungen im Wald unerbittlich der Zahn der Zeit.
Nun soll dem Zerfall der Anlagen an einigen Stellen Einhalt geboten werden. So hat CVP-Landrat Pascal Ryf im Parlament das von Landrätinnen und Landräten der CVP, EVP, FDP, SP und SVP mitunterzeichnete Postulat «1918–2018: Rettet die Fortifikation Hauenstein» eingereicht. Das Postulat, das auf breite Resonanz gestossen ist, fordert die Regierung auf, Massnahmen aufzuzeigen, wie zumindest Teile des Grabensystems erhalten werden können. Eine Möglichkeit wäre, die «Fortifikation Hauenstein» ins Schweizerische Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeutung aufzunehmen. Die Antwort des Regierungsrats steht noch aus.
Stütze der Neutralität
Darüber hinaus möchte Ryf die Bevölkerung auf die immense Bedeutung der «Fortifikation Hauenstein» während des Ersten Weltkriegs sensibilisieren. Am Freitag boten er und der Historiker Lorenz Degen die Medien zu einem Augenschein im Raum Chilchzimmersattel auf.
Als Gastreferent schilderte Oberst a D Hans Rudolf Fuhrer, emeritierter Dozent für Militärgeschichte an der ETH Zürich, die Entstehungsgeschichte und die Bedeutung der «Fortifikation Hauenstein» für die Neutralität. So vertrat der 1914 zum Generalstabschef ernannte Theophil Sprecher bereits kurz nach der Jahrhundertwende die These, es werde als Revanche für den von den Franzosen verlorenen deutsch-französischen Krieg von 1870/71 zu einem grösseren Waffengang in Europa kommen. Sprecher ging davon aus, dass Frankreich die Schweiz als Durchmarschgebiet benutzen könnte, um Deutschland im Süden in die Flanke zu fallen. Folglich baute die Schweiz in einem Kraftakt sondergleichen an verschiedenen Orten Riegel, um einen Durchmarsch der Franzosen durch die Schweiz zu verhindern. Die Armee machte dabei das Gelände mit den steilen Hängen zum Verbündeten und überzog die Jurakämme mit einem Grabensystem, das vergleichsweise leicht zu verteidigen war. Die Massnahmen der Schweiz, die den ausländischen Mächten bekannt waren, bewogen die Angreifer angesichts der zu erwartenden hohen Verluste, die Strategie eines Durchmarschs durch die Schweiz aufzugeben.
Ausgewählte Stellungen schützen
Der Oberst a D erinnerte daran, die seinerzeitigen Anstrengungen zur Landesverteidigung hätten der Neutralität der Schweiz entschieden den Rücken gestärkt und dazu beigetragen, unser Land vom Krieg zu verschonen. Historiker Lorenz Degen betonte, die noch vorhandene bauliche Substanz müsse sowohl geschützt als auch dokumentiert und vermittelt werden, beispielsweise mit Infotafeln im Gelände. Dabei seien alle Beteiligten in den Prozess mit einzubeziehen: die öffentliche Hand, Jagdgesellschaften, Forstbetriebe, Tourismusorganisationen, Schulen, Medien und so weiter.
Fuhrer lobte die Anstrengungen der Freiwilligenorganisation «Rost & Grünspan», die sich um das Erhalten des Infanteriewerks auf dem Spitzenflüeli bemüht. Ein Schutz aller noch vorhandenen Anlagen der «Fortifikation Hauenstein», zeigte er auf, sei nicht möglich. Er empfahl ausgewählte, touristisch gut zugängliche Stellungen zu schützen, etwa am Wisenberg. Für alle Besuchenden der ehemaligen Infanteriestellungen, darunter Brigitte Müller, Präsidentin CVP BL, war klar, dass es eilt, die zerfallenden Zeitzeugen als Kulturdenkmäler und deren historische Bedeutung für unser Land zu bewahren.