10 000 Franken nur für eine Ersatzwahl
14.02.2025 Bezirk Sissach, Gelterkinden, PolitikAnnemarie Spinnler musste ihren Platz in der Gelterkinder Gemeindekommission räumen, weil sie gleichzeitig an der Primarschule unterrichtet. Der Sitz wird am 18. Mai neu besetzt. Formal hat das alles seine Richtigkeit. Die Begleitumstände lassen den Vorgang dennoch absurd ...
Annemarie Spinnler musste ihren Platz in der Gelterkinder Gemeindekommission räumen, weil sie gleichzeitig an der Primarschule unterrichtet. Der Sitz wird am 18. Mai neu besetzt. Formal hat das alles seine Richtigkeit. Die Begleitumstände lassen den Vorgang dennoch absurd erscheinen.
Christian Horisberger
Am 18. Mai, dem nächsten offiziellen Abstimmungstermin, kommen keine eidgenössischen und auch keine kantonalen Vorlagen zur Abstimmung. Dies teilte die Baselbieter Regierung unlängst mit. Doch haben mehrere Oberbaselbieter Gemeinden dieses Datum für kommunale Vorlagen bereits fixiert: In Reigoldswil, Tenniken und Langenbruck zum Beispiel sind Referendumsabstimmungen zum Naturpark Baselbiet angesetzt und Gelterkinden wird eine Ersatzwahl für die Gemeindekommission (GK) durchführen.
Würden die Urnengänge auf einen offiziellen Abstimmungstermin mit weiteren Vorlagen verschoben, könnten diese Gemeinden mehrere Tausend Franken sparen. In Gelterkinden etwa wird die Durchführung dieser einen Ersatzwahl rund 10 000 Franken kosten, wie Theres Fuchs, Gelterkinder Wahlbüro-Präsidentin und stellvertretende Gemeindeverwalterin, auf Anfrage sagt (siehe Kasten). Bei einem Budget der Gemeinde von 30 Millionen ist das nicht viel. In einem Dorf, das sich unter hohem Spardruck einst sogar überlegt hat, den Weihnachtsbaum auf dem Gemeindeplatz zu streichen, wird man auch so einen Betrag ungern «verschenken».
«Gerne geben wir das Geld unter diesen Umständen nicht aus», sagt Gemeindepräsident Christoph Belser (SP) zur «Volksstimme». Doch halte der Gemeinderat am Wahltermin fest. Einerseits sei das Datum längst publiziert, andererseits wolle der Gemeinderat die Gemeindekommission möglichst bald komplettieren. Würde die Wahl aus Spargründen auf den nächsten offiziellen Abstimmungstermin verschoben, hiesse dies, dass die Lücke erst im Herbst geschlossen werden kann.
Stelle oder Sitz
Die gesalzene Rechnung für eine einzige Vorlage lässt die Ersatzwahl für die 15-köpfige Gemeindekommission noch absurder erscheinen, als sie es ohnehin schon ist: Im Dezember meldete die Gemeinde, dass Annemarie Spinnler (SP) ihren an den Gemeindewahlen 2024 eroberten Sitz in der Gelterkinder Gemeindekommission niedergelegt habe, da sie gleichzeitig als Primarlehrerin in Gelterkinden tätig gewesen sei. Das politische Amt und die Anstellung bei der Gemeinde seien jedoch nicht vereinbar.
Die Nomination Spinnlers durch die SP war im guten Glauben erfolgt: Gelterkinden hatte in einem kommunalen Reglement die Unvereinbarkeit von Amt und Anstellung bei der Gemeinde aufgehoben. Nur: Mit einer Änderung des Baselbieter Gemeindegesetzes von 2017 verlor diese kommunale Regelung ihre Gültigkeit. Das heisst: Die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung besteht noch immer, doch hätten die Gelterkinder diese in einem anderen Reglement festschreiben müssen. Hätten.Als der Gemeinderat voriges Jahr auf den Mangel aufmerksam gemacht wurde, stellte er Spinnler vor die Wahl: Gemeindekommission oder Job. Die 64-Jährige entschied sich für die weitere Anstellung bei der Primarschule.
Hätte der Tippgeber oder die Tippgeberin einige Monate gewartet, hätte sich das Problem von alleine gelöst, denn Annemarie Spinnler wird nur noch bis Ende des laufenden Schuljahrs unterrichten. Ende August geht sie offiziell in Pension. Das sind 105 Tage, nachdem ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger gewählt sein wird.
BZG und SP bringen Kandidaten
Dass es am 18. Mai zur Urnen- und nicht zu einer stillen Wahl kommen wird, steht bereits so gut wie fest. Sowohl der Bürgerliche Zusammenschluss als auch die SP Gelterkinden werden eine Kandidatin oder einen Kandidaten ins Rennen schicken, wie die Präsidenten der Ortsparteien auf Anfrage erklären. Deren Namen würden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Meldeschluss für Kandidaturen ist der 17. März.
Anders als in Gelterkinden wird in Reigoldswil die auf den 18. Mai angesetzte Naturpark-Abstimmung laut Gemeindepräsident Fritz Sutter noch einmal diskutiert. Neben den Kosten, die laut Sutter im Bereich von 3000 Franken liegen, werde der Gemeinderat in der Beratung auch die Dringlichkeit und die möglicherweise tiefere Stimmbeteiligung wegen fehlender eidgenössischer und kantonaler «Zugpferde» berücksichtigen. Auch in Langenbruck soll der Abstimmungstermin fürs Naturpark-Referendum noch einmal auf den Ratstisch kommen. Tenniken dagegen hält dafür am 18. Mai fest.
An diesem Datum finden auch Ersatzwahlen für den Gemeinderat statt. So beispielsweise in Hölstein und in Waldenburg, wo jeweils ein Ratsmitglied zu ersetzen ist, das im Sommer demissionieren wird.
Gemeinden berappen Abstimmungen
ch. Ob kommunal, kantonal oder eidgenössisch – die Kosten für die Durchführung von Abstimmungen gehen stets zulasten der Gemeinden. Bund und Kanton stellen ihnen einzig die Unterlagen und Wahlzettel für die eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen und Wahlen zur Verfügung.
Kosten fallen bei den Gemeinden an für die Produktion des eigenen Abstimmungsund Wahlmaterials, für das Kuvert zum Versand der Wahlunterlagen samt Porto, ein zweites (unfrankiertes) Kuvert für den Rückversand sowie die Entschädigung der Mitglieder des Wahlbüros. In Gelterkinden liegt deren Stundenansatz bei 29.50 Franken, sonntags werden 50 Prozent mehr bezahlt.
Wahlbüro-Präsidentin Theres Fuchs schätzt den Aufwand der Gemeinde pro Urnengang auf insgesamt rund 10 000 Franken.