Zwischen Misstrauen und Zweckallianz
30.10.2025 DiegtenFDP-Regierungsratskandidat Markus Eigenmann wirbt um die Unterstützung der SVP-Wähler
Am Parteitag der Baselbieter SVP bemühte sich der Freisinnige Markus Eigenmann, sich die Unterstützung der Rechtsbürgerlichen für den zweiten Wahlgang zu sichern. Dabei ...
FDP-Regierungsratskandidat Markus Eigenmann wirbt um die Unterstützung der SVP-Wähler
Am Parteitag der Baselbieter SVP bemühte sich der Freisinnige Markus Eigenmann, sich die Unterstützung der Rechtsbürgerlichen für den zweiten Wahlgang zu sichern. Dabei musste sich der FDP-Kandidat insbesondere kritischen Fragen zur EU stellen.
Janis Erne
Präsident Peter Riebli setzte am jüngsten Parteitag der Baselbieter SVP zu einer Brandrede gegen die neuen EU-Verträge und die Gegner des Ständemehrs an. «Ohne kantonale Souveränität und Föderalismus gäbe es keinen modernen Bundesstaat. Doch diese Prinzipien sind unter Beschuss – und zwar von wem?», rief er den rund 100 anwesenden Parteimitgliedern zu. «Vom Freisinn!», ertönte es zurück.
Es war nicht unbedingt die Antwort, die Riebli erwartet hatte – er spielte auf die Konferenz der Kantonsregierungen an. Doch sie widerspiegelt das aktuelle Verhältnis der SVP zur FDP. In den Augen der Volkspartei driften die Freisinnigen zusehends nach links ab. «Dass sich die FDP gegen das Ständemehr ausgesprochen hat, offenbart einmal mehr den Niedergang dieser einst staatstragenden und stolzen Partei», meinte Riebli kurz darauf.
Markus Eigenmann, der freisinnige Regierungskandidat, sass daneben – nahezu regungslos, mit dem für ihn typischen «Pokerface». Später am Abend durfte er sich im Stübli des Hofs Mättenbol in Diegten der SVP-Basis präsentieren. Im Wissen, dass er auf ihre Stimmen angewiesen ist, um am 30. November GLP-Kandidatin Sabine Bucher zu übertrumpfen, war er gut vorbereitet.
Seine Charmeoffensive begann Eigenmann bereits vor dem offiziellen Beginn des Parteitags, als er den Anwesenden Ricola-«Päckli» verteilte und sich einzeln vorstellte. Seine Rede eröffnete er schliesslich mit einem Dank an Mitbewerberin Caroline Mall, die ihn und Bucher im ersten Wahlgang ernsthaft herausgefordert habe. Und er betonte, dass es die SVP in der Regierung brauche: «Unser gemeinsames Ziel ist es, dass wir beide mitregieren.»
Das Publikum reagierte kaum. Vielmehr warteten die Anwesenden ungeduldig auf die Fragerunde. Den Anfang machte schliesslich der Frenkendörfer Landrat Andi Trüssel. Er nahm den FDP-Kandidaten sogleich ins Kreuzverhör: Ölheizungsverbot kippen? EU-Verträge gutheissen? Diese dem Ständemehr unterstellen? Eigenmann antwortete drei Mal mit Ja.
Letzteres ist durchaus bemerkenswert. Noch vor rund zwei Wochen hatte der Freisinnige an einem von Europafreunden organisierten Podium betont, man solle sich beim Ständemehr primär auf historisch-rechtliche Aspekte abstützen – und es daher eher ablehnen. Vor der EU-feindlichen SVP-Basis hob er nun die politische Dimension hervor, die in seinen Augen eher für das Ständemehr spreche. Kritiker mögen ihm dies als Anbiederung auslegen, Unterstützer als geschickte Kommunikation.
Weitere kritische Fragen, etwa zur dynamischen Rechtsübernahme oder zu «fremden Richtern», beantwortete Eigenmann sachlich. Als es trotzdem unruhig wurde, versuchte er, das EU-Thema herunterzuspielen: «Es geht hier nicht um einen Bundesratssitz, sondern um die Zukunft des Baselbiets», so der Arlesheimer Gemeindepräsident.
Alt-Regierungsrat lobt
Unterstützung erhielt Eigenmann von Peter Riebli, der die Anwesenden darum bat, auch Fragen zur kantonalen Politik zu stellen. Sie kamen dem Wunsch nach und befragten Eigenmann etwa zum Finanzausgleich, zur Partnerschaft mit Basel-Stadt und zur Landwirtschaft. Schliesslich machte sich alt Regierungsrat Thomas Weber für Eigenmann stark: «Ich habe mit Markus während der Corona-Zeit zusammengearbeitet, und er hat sich als sehr verlässlich erwiesen. Zudem verfügt er über breite Führungserfahrung.» Die Frage bleibt: Kann Eigenmann im Duell gegen Sabine Bucher, die auf linksgrüne Unterstützung zählen kann, die SVP-Wähler hinter sich scharen? Wahrscheinlich schon – so zumindest der Eindruck in Diegten. Denn obwohl die Junge SVP keinen der beiden Kandidaten als genügend bürgerlich einstuft und empfiehlt, den Wahlzettel leer einzulegen, dürfte der Grossteil der SVP-Sympathisanten den FDP-Mann wählen. Einige Parteimitglieder bezeichneten Eigenmann zwar als «kleineres Übel», doch der Pragmatismus, den bürgerlichen Sitz zu halten, wird wohl überwiegen.
SVP-Präsident Peter Riebli appellierte: «Ich rufe alle Mitglieder und Wähler auf, geschlossen den bürgerlichen Kandidaten zu unterstützen – es ist die Kandidatur, die uns am nächsten liegt.» FDP-Präsident Melchior Buchs, der Eigenmann ins Oberbaselbiet begleitete, wies auf die Gesamterneuerungswahlen in zwei Jahren hin, für welche die bürgerlichen Parteien «grundsätzlich» eine Zusammenarbeit vereinbart hätten.
Eigenmann nutzte die Gelegenheit auch, um eine Spitze gegen Bucher zu setzen: Er könne es fast nicht mehr hören, wie sehr sie sich als Mediatorin positioniere. «Gut zuhören kann man als Friedensrichter, doch in der Regierung braucht es auch Entscheidungs- und Umsetzungswillen.» Der zweite Wahlgang ist lanciert.

