Zwei Plastiksäcke voller Geld
31.10.2024 SportIn Muttenz gab es 1995 ein Dorffest, bei dem ich den FC-Basel-Präsidenten René C. Jäggi kennenlernte. Ich war in Muttenz Trainer und wir waren dabei, uns für die Aufstiegsspiele in die Nationalliga B zu qualifizieren. Ich war immer kritisch gegenüber dem FCB gewesen, weil ...
In Muttenz gab es 1995 ein Dorffest, bei dem ich den FC-Basel-Präsidenten René C. Jäggi kennenlernte. Ich war in Muttenz Trainer und wir waren dabei, uns für die Aufstiegsspiele in die Nationalliga B zu qualifizieren. Ich war immer kritisch gegenüber dem FCB gewesen, weil es fast nie Spieler aus der Region in die 1. Mannschaft geschafft hatten. Jäggi wollte mich als Nachwuchschef verpflichten, mit der Begründung, es sei besser, aus dem Zelt zu «schiffen» als in das Zelt.
Im Sommer 1996 habe ich diese Stelle tatsächlich angetreten und bin mit der Aufgabe betraut worden, die Nachwuchsabteilung neu zu strukturieren. Dabei habe ich eng mit dem damaligen Sportdirektor Heinz Hermann zusammengearbeitet. Aus dieser Zeit stammt die folgende abenteuerliche Anekdote.
Wir hatten damals einen jungen Spieler von Borussia Dortmund, Cetin Güner, übernommen. Er war nach einer Ausleihe ein Jahr zuvor von Trabzonspor zum FCB gestossen. Cetin konnte sich bei uns nicht richtig durchsetzen. Er hatte jedoch in der Türkei als U-21-Internationaler einen bekannten Namen. So wurde Gaziantep Sport auf ihn aufmerksam und wollte ihn verpflichten.
René C. Jäggi fand niemanden, der die Verhandlungen in der Türkei führen wollte, und so fragte er mich. Also stieg ich im Frühling 1999 in Zürich ins Flugzeug. Mit einer Zwischenlandung in Istanbul ging die Reise weiter nach Gaziantep, nahe der syrischen Grenze. Dort wurde ich von einem Mitarbeiter abgeholt und ins Hotel gebracht. Nach dem Bezug des Zimmers ging es schnurstracks in den Trainingscampus der ersten Mannschaft.
Ich wurde bereits vom Vorstand erwartet. Grandios war, dass kein Verantwortlicher eine Fremdsprache konnte. Und so warteten wir bei Tee und Biskuits auf den «Boss». Er sprach etwas Englisch und wir konnten uns einigermassen verständigen. Die Verhandlungen ergaben einen Preis von 300 000 Deutschen Mark. Der Euro wurde schliesslich erst 2002 eingeführt. Dieser Betrag war auch für René C. Jäggi und Vize-Präsident Mario Cueni in Ordnung. Cueni setzte den Vertrag in Basel auf und faxte ihn dem Präsidenten in dessen Firma.
Als der Präsident wieder in den Campus zurückkehrte, hatte er zwei Plastiksäcke mit insgesamt 300 000 DM dabei. Ich bin natürlich erschrocken. Wie bringe ich das Geld in diesen Plastiksäcken in die Schweiz?
Am anderen Tag nahm ich den Flug zurück. Der Flughafen in Gaziantep war schwer bewacht von Polizisten mit Maschinengewehren. Ich habe das Geld auf das Kontrollband gelegt und gehofft, dass es keine Probleme gibt. Tatsächlich hat niemand darauf reagiert und ich habe gedacht, der «Boss» hat wohl Bescheid gegeben, dass da ein Ausländer kommt mit viel Geld, der durchgewinkt werden muss. Das gleiche Prozedere in Istanbul – ich bin ohne Probleme durchgekommen. Auf jeden Fall habe ich aber an beiden Flughäfen Blut geschwitzt.
Bei der Landung in Zürich ist mir aufgefallen, dass zwei Polizeiautos auf das Flugzeug warteten. Ich habe gedacht, jetzt haben sie einen Tipp aus der Türkei erhalten und suchen mich – einen Mann, mit zwei Plastiksäcken voller Geld. Doch weit gefehlt. Ich konnte ohne Probleme durch das Spalier von Polizisten marschieren. Hinter mir verhafteten sie einen jungen Mann, der wahrscheinlich etwas «ausgefressen» hatte.
Glücklich bin ich auf der FCB-Geschäftsstelle, damals noch in der Lehenmattstrasse, angekommen und konnte René und Mario die beiden Plastiksäcke übergeben. Ein grandioses Abenteuer mit einem sehr guten Ende.
Marcel Hottiger hat als Fussball-Instruktor und Trainer vom Nachwuchs bis zu den Profis gearbeitet. Beim FC Basel war er lange Nachwuchschef, bei YB Sportdirektor. Seit 2021 trainiert er die AC Rossoneri.