Zu Weltmeisterinnen getanzt
05.09.2025 Sport, Weitere Sportarten«Under Construction» gewann Gold – mit Disziplin und Willen
Monatelanges Training, eiserne Disziplin und ein starkes Team-Mindset haben sich ausgezahlt: Die Tanzschule «Move in Arts» aus Liestal sicherte sich mit der Tanzgruppe «Under Construction» den ...
«Under Construction» gewann Gold – mit Disziplin und Willen
Monatelanges Training, eiserne Disziplin und ein starkes Team-Mindset haben sich ausgezahlt: Die Tanzschule «Move in Arts» aus Liestal sicherte sich mit der Tanzgruppe «Under Construction» den Weltmeistertitel im Jazzdance.
Michael Herrmann
Die Freude war riesig, als in Birmingham im Juli die Entscheidung fiel: Die Showtanzgruppe «Under Construction» der Tanz- und Musicalschule «Move in Arts» aus Liestal gewann an den «Global Dance Open 2025», also der Weltmeisterschaft, Gold in der Kategorie «Large Ensemble Jazzdance».
«Wir haben gehofft, dass wir weit vorne landen. Aber als wir tatsächlich ganz oben auf dem Podest standen, war das ein überwältigendes Gefühl», sagt Denise Döbeli, Inhaberin von «Move in Arts» und Leiterin der Formation. Bis zur Teilnahme an der WM war es ein weiter Weg. «Under Construction» musste sich in mehreren Ausscheidungswettkämpfen gegen nationale und internationale Konkurrenz behaupten. «Die Gruppe hat dabei immer wieder gezeigt, dass sie das richtige Mindset mitbringt – die Disziplin und den Ehrgeiz, alles zu geben», erklärt Döbeli. «Nach diesen Erfolgen war klar: Wir wagen den Schritt und fahren nach England.» Besonders war dabei der Zeitpunkt. Der Wettkampf fiel mitten in die Sommerferien – eine Phase, die in vielen Familien eigentlich als unantastbar gilt. «Das Ganze wäre ohne die Unterstützung der Eltern nicht möglich gewesen», betont Döbeli. «Dass alle Familien hinter diesem Projekt standen, hat den Erfolg überhaupt erst möglich gemacht.»
Harte Arbeit im Studio
Schon lange vor dem Abflug nach Birmingham war klar: Ein Weltmeistertitel erfordert höchste Präzision. «Viel Training war notwendig, um dieses Niveau zu erreichen», sagt Döbeli. «Die Gruppe besteht aus überdurchschnittlich disziplinierten Schülerinnen, die am liebsten den ganzen Tag im Studio verbringen würden.»
Rund 900 Schülerinnen und Schüler gehören zu «Move in Arts». Rund 120 davon trainieren in Wettkampfgruppen – mit einem Pensum von 15 bis 20 Lektionen pro Woche. Bei «Under Construction» kommen zusätzlich Schülerinnen hinzu, die eine Sportklasse besuchen und dadurch an einzelnen Vormittagen statt im Klassenzimmer im Tanzstudio stehen dürfen.
Der Trainingsalltag der Showtanzgruppe ist intensiv. «Vor allem die ständigen Anweisungen – dieses Bein höher, hier jazziger, da nochmals eine andere Drehung – machen den Sport sehr anspruchsvoll», so Döbeli. Als Aussenstehender würde man hier nur Bahnhof verstehen. Die Tänzerinnen aber setzten alles sofort um und wüssten genau, wo sie wieder stehen müssen.
Die Proben wechseln zwischen Musik- und Trockenübungen. «Die Musik geht los, die Figur wird in horrendem Tempo durchgetanzt, dann stoppen die Tänzerinnen, machen eine Übung ohne Musik, um einzelne Elemente zu verfeinern, und sofort geht es wieder zurück ins Tempo», beschreibt Döbeli den Ablauf. Diese Mischung aus Wiederholung, Geschwindigkeit und Detailarbeit sei entscheidend, damit am Wettkampftag jede Bewegung perfekt sitzt.
Vor der WM steigerte sich der Trainingsaufwand noch einmal deutlich. «Es standen bis zu vier Stunden Training pro Tag auf dem Programm. Die Choreografie hatten wir aber schon seit einem Jahr entwickelt und kontinuierlich verfeinert», sagt Döbeli. Die grösste Herausforderung sei dabei die Synchronität gewesen: «Im Jazzdance muss jede Bewegung zu 100 Prozent gleichzeitig ausgeführt werden. Fehler dürfen keine passieren, sonst wirkt das Ganze nicht. Umso beeindruckender war es, wie geschlossen die Gruppe aufgetreten ist.»
Choreografie mit technischer Raffinesse
Für den «Global Dance Open» wählte die Formation eine Choreografie mit vielen technischen Elementen: Sprüngen, Drehungen, ausdrucksstarken Bewegungen und Abfolgen, die hohe Beweglichkeit voraussetzen. «Wir wollten das Spektrum des Jazzdance zeigen – Kraft, Dynamik und Präzision, kombiniert mit Emotion und Ausdruck», erklärt Döbeli. Die Tänzerinnen seien dabei stets mit Begeisterung bei der Sache gewesen. «Man hat gespürt, dass sie das Tanzen lieben. Sie kommen oft schon vor dem Training ins Studio und verbringen auch ausserhalb der Proben Zeit miteinander. Diese Mischung aus Disziplin und Freude ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.»
Auch wenn Döbeli die Hauptverantwortung trägt, hebt sie das Gemeinschaftsgefühl hervor. «Die Tänzerinnen haben als Gruppe Teamgeist gezeigt. Sie haben sich gegenseitig getragen und motiviert. Das war in Birmingham sehr deutlich spürbar – sowohl vor als auch nach dem Auftritt.» Der Wettkampf selbst sei für alle ein prägendes Erlebnis gewesen. «Die Atmosphäre in Birmingham war einzigartig. Wir spürten den Wettkampfgeist, gleichzeitig aber auch den Respekt für die Leistungen der anderen Nationen. Für die Tänzerinnen war es sehr motivierend zu sehen, auf welchem Niveau international getanzt wird», sagt Döbeli.
Zwischen Leidenschaft und Zukunftsfragen
Ob die jungen Weltmeisterinnen eines Tages Profikarrieren anstreben, lässt Döbeli offen. «In diesem Alter ist es völlig normal, dass manche schon konkrete Vorstellungen haben und andere noch nicht. Wichtig ist, dass sie die Leidenschaft fürs Tanzen mitnehmen – ob sie später Tänzerin, Tanzpädagogin oder etwas ganz anderes werden.» Bei der Tanzschule gehen jede Woche Anfragen für Auftritte ein. Ob dies nun ein Musical ist, eine Firmenveranstaltung oder eine Musikgruppe, die Background-Tänzerinnen braucht, Tanzen ist vielfältig und sehr gefragt. Im Moment stehe ohnehin die Freude über den WM-Erfolg im Vordergrund. «Dieser Titel ist eine Belohnung für die vielen Stunden harter Arbeit.»
Für «Move in Arts» ist der Erfolg nicht nur ein grosser Moment, sondern auch ein Meilenstein in der Geschichte der Tanzschule. «Dass wir als Schweizer Tanzschule einen WM-Titel holen, ist etwas Besonderes», sagt Döbeli. «Es zeigt, dass wir international konkurrenzfähig sind.» Gleichzeitig sei der Sieg Ansporn weiterzumachen. «Ein solcher Erfolg gibt Rückenwind. Aber er verpflichtet uns auch, die Qualität zu halten und weiterzuentwickeln. Ich bin überzeugt, dass die Tänzerinnen den Schwung aus Birmingham mitnehmen und noch viele tolle Auftritte folgen werden.»