Zeitreise durch 800 Jahre
05.09.2025 SissachSonderausstellung im Heimatmuseum zum Gemeinde-Jubiläum
Während 800 Jahren kann sich vieles verändern, kann manches geschehen, wie ein Besuch der neuen Sonderausstellung «Sissech 800 Joor» zeigt. Eröffnet wird die Ausstellung übermorgen Sonntag.
...Sonderausstellung im Heimatmuseum zum Gemeinde-Jubiläum
Während 800 Jahren kann sich vieles verändern, kann manches geschehen, wie ein Besuch der neuen Sonderausstellung «Sissech 800 Joor» zeigt. Eröffnet wird die Ausstellung übermorgen Sonntag.
Martin Stohler
Die älteste Urkunde, in der Sissach erwähnt wird, stammt aus dem Jahr 1226. Sissach hiess damals allerdings noch Sissaho. Diese Urkunde, beziehungsweise eine Kopie davon, ist Teil der neuen Sonderausstellung des Heimatmuseums Sissach. Die Datierung auf das Jahr 1226 erzeugt einiges Stirnrunzeln, fehlt mit ihr doch ein Jahr, soll das 800-Jahre-Jubiläum schon 2025 gefeiert werden … Allerdings könnte die Rechnung trotzdem aufgehen, dann nämlich, wenn das Dokument in den letzten Dezembertagen des Jahres 1225 entstanden ist. In diesem Fall wäre es auf 1226 datiert worden. Denn die bischöfliche Kanzlei, in der es verfasst wurde, liess das neue Jahr jeweils am 25. Dezember beginnen. Wie dem auch sei: In Sissach hat man sich entschlossen, das 800-Jahre-Jubiläum 2025 zu begehen und es im selben Jahr zu feiern wie das 500-Jahre-Jubiläum der reformierten Kirche St. Jakob, deren Neubau 1525 fertig wurde.
In die Sonderausstellung miteinbezogen wurden auch die Funde, die bei archäologischen Ausgrabungen der Ruine Bischofstein gemacht wurden und Teil der Dauerausstellung in der «Waffenkammer» sind. Das «Museum. BL» ergänzt diese Exponate durch Fundstücke aus seinen Beständen.
Die Burg Bischofstein wurde 1250 von den Herren von Eptingen erbaut. Später gaben sie diese dem Bischof von Basel und erhielten sie wieder als Lehen zurück. Beim Erdbeben von 1356 wurde die Burg zerstört. Die Ruine ging schliesslich 1560 an die Stadt Basel über.
Die Eisenbahn kommt
Im grossen Saal des ersten Stocks geht das Zeitreisen dann so richtig los. Hier lassen wir das Mittelalter hinter uns und steuern Richtung Neuzeit. Ortspläne aus verschiedenen Jahrhunderten lassen manches Detail erkennen. Stammbäume zeigen die verzweigten Linien des Familiennamens Tschudi nach, und in einer Leseecke können sich die Besucherinnen und Besucher in Bücher über Sissach vertiefen.
Unbedingt einen Blick sollte man auf die Fotos der «alt-ehrwürdigen Eiche auf der Allmend» werfen. Dieser imposante, 550 bis 600 Jahre alte Baum brach in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli 1943 «ohne äussere Veranlassung zusammen», wie es in der Bildlegende heisst.
Mit dem Jahr 1855 kam die Eisenbahn nach Sissach. Um die Verbindung von der Dorfstrasse zum Bahnhof zu ermöglichen, musste ein Gebäude zwischen dem Gemeindehaus und dem Gasthof Sonne weichen. Wer sich etwas Zeit nimmt, kann das verschwundene Haus noch auf einem Ortsplan von 1856 entdecken. Im Gefolge der Bahn siedelten sich in Sissach bald neue Industriebetriebe an, auch das Warenhaus Cheesmeyer profitierte von seiner Nähe zum Bahnhof und zur Bahn.
Aus der Zeit des elektrischen Bahnbetriebs datiert ein Exponat, das «Bähnler»-Herzen höher schlagen lässt. Für Kurt Messer jedenfalls, der zusammen mit Diana Niederhauser, Remo Claire und Peter Gysin die Sonderausstellung konzipiert und realisiert hat, ist das Wappenschild der Ae-6/6-Lokomotive «Sissach» ein Glanzlicht der Ausstellung. Lokomotiven dieses Typs wurden in den Jahren 1952 sowie 1955 bis 1966 in insgesamt 120 Exemplaren hergestellt. 25 von ihnen wurden zu sogenannten Kantonallokomotiven, der Rest wurde nach Orten benannt, die für die Schweizer Eisenbahnen und ihre Geschichte besondere Bedeutung haben.
Begegnungszone von oben
Vor dem Aufstieg zum Dachstock bietet sich ein Abstecher ins «Sissacherstübli» an. Hier wimmelt es nur so von Sissacher Wappen. Ebenfalls ist hier eine Fotografie der Grabplatte eines Vertreters des Geschlechts «von Sissach» zu sehen, nämlich des Abtes Berchtold II. von Sissach, der von 1395 bis 1425 als Abt das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen leitete.
Unter dem Dach sind wir dann definitiv im 20. und 21. Jahrhundert angekommen. Die linke Seite des lang gezogenen Raums wird von einer Luftaufnahme der Begegnungszone dominiert. Bewegung bringt eine elektrische Bahn ins Ganze, deren Schienen auf dem Bahntrassee verlegt sind. An den Stellwänden vis-à-vis sieht man Fotos und entsprechende Chronologien von Gebäuden und Bauvorhaben, die in Sissach einiges zu reden gaben: die Badi, die Kunsteisbahn, der Chienbergtunnel und natürlich die Autobahn. Auch hier lassen sich immer wieder erstaunliche Details entdecken.
Die rechte Raumhälfte ist Sissachs Industrie und Gewerbe gewidmet. Hier sind neben Fotos und Firmengeschichten auch einzelne Objekte ausgestellt. Darunter befindet sich der multifunktionale Tisch mit versenkbarem Bügelbrett der Firma Heid. Er stammt aus einer Zeit, als die Küchen noch klein waren und das Inventar aus einem Herd, einem Schüttstein, einem «Chäschtli» und einem kleinen Tisch mit Stühlen bestand.
Bretter aus dem Pfarrhaus
In der Sonderausstellung «Sissech 800 Joor» gibt es einiges zu lesen und noch viel mehr zu sehen. Dies liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Fotos. Diese stammen hauptsächlich aus dem enormen Fundus der Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Heimatschutz Sissach (AGNHS), aus dem Bildarchiv der ETH Zürich und aus den Beständen der Staatsarchive Baselland und Basel-Stadt sowie von «SBB Historic» und Swisstopo.
Zum Schluss noch ein Wort zum Museums-Café. Dieses kommt derzeit als einfache ländliche Gaststube daher, wie man sie von früher kennt. Der rustikale Eindruck wird durch eine teilweise Holzverkleidung der Wand verstärkt. Bei den verwendeten Brettern handelt es sich um recycliertes Material: Bodenbretter aus dem Pfarrhaus, die gegen 200 Jahre alt sein sollen.