«Wir sprechen den Konkurrenzkampf nicht an»
28.12.2024 SportAktuell befindet sich der Oltinger Bob-Anschieber Dominik Hufschmid zwischen zwei Leistungstests, um sich für den Weltcup und die WM aufzudrängen. Das Bobteam Vogt, dem Hufschmid angehört, steht vor den ersten Rennen nach dem tragischen Unfall im vergangenen Winter.
...Aktuell befindet sich der Oltinger Bob-Anschieber Dominik Hufschmid zwischen zwei Leistungstests, um sich für den Weltcup und die WM aufzudrängen. Das Bobteam Vogt, dem Hufschmid angehört, steht vor den ersten Rennen nach dem tragischen Unfall im vergangenen Winter.
Luana Güntert
Herr Hufschmid, aktuell absolvieren Sie Leistungstests. Wie ist das für Sie, ständig bereit sein zu müssen, aber keine Gewissheit zu haben, ob Sie ein Rennen fahren dürfen?
Dominik Hufschmid: Ich kenne das nicht anders, das gehört im Bobsport leider dazu. Aber der ganze Sport geht bei uns Anschiebern grundsätzlich in diese Richtung: Wir trainieren den ganzen Sommer über, um dann im Winter bloss für ein paar Sekunden den Bob anzuschieben.
Wie fit sind Sie?
Sehr fit. Ich mache mir keine Sorgen, dass ich nicht gut abschneiden werde. Vor sechs Wochen habe ich mir zwar den kleinen Zeh gebrochen, was mich etwas zurückgeworfen hat, doch jetzt bin ich wieder fast dort, wo ich vor der Verletzung war.
Andere Bobteams sind bereits in den Weltcup gestartet. Warum befindet sich Ihr Team noch in den Vorbereitungen und fährt erst am 4. Januar sein erstes Rennen?
Unser Pilot Michael Vogt musste sich im Sommer einer Rückenoperation unterziehen. Deshalb haben wir die ersten Rennen verpasst. Das hat aber auch seine Vorteile – so musste Michael nämlich noch nicht entscheiden, wer bei ihm mitfahren darf (lacht).
Sie lachen. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, als Anschieber für das Team Vogt ausgewählt zu werden?
Diese Saison ist speziell, da im März die Weltmeisterschaft im amerikanischen Lake Placid stattfindet. Das heisst, dass im Weltcup die üblichen, vom Piloten zusammengestellten Teams fahren, während die Teams für die WM auseinandergerissen werden. Für die WM entscheidet nämlich der Verband, welche Piloten welche Anschieber haben – er wählt die Konstellation, in der er möglichst grosse Medaillenchancen für die Schweiz sieht. Ich denke, dass ich im Weltcup sicher den Viererbob von Michael Vogt anschieben darf und es auch für einige Zweierfahrten reichen könnte. In welches Team ich dann für die WM eingeteilt werde, ist schwer zu sagen. Ich nehme an, dass ich mit zwei verschiedenen Piloten die Zweier- und Viererrennen bestreiten werde. Bald werden wir über die WM-Teams informiert, denn die Leistungstests sind vom Verband organisiert, der dann die Teams zusammenstellt. Unser Pilot Michael Vogt nutzt die Tests auch für sein eigenes Team, um so über seine Anschieber entscheiden zu können.
Spüren Sie im Team einen Konkurrenzkampf zwischen den Anschiebern?
Ja, schon ein bisschen, obwohl wir das Thema nicht ansprechen. Wir gönnen es einander auch, wenn der andere für ein Rennen aufgeboten wird.
Mit welchen Resultaten rechnen Sie diese Saison?
Im Weltcup kann ich es schlecht einschätzen, da unklar ist, wie fit unser Pilot nach seiner Operation wirklich ist. An der WM erhoffe ich mir und meinen dann zugeteilten Teamkollegen einen Platz in den Top 6.
Aktuell befinden Sie sich in Oberhof (D), um dort morgen Ihren zweiten Leistungstest zu absolvieren. Wie haben Sie Weihnachten verbracht?
Ich konnte ein paar Tage zu Hause mit der Familie verbringen. Doch eigentlich hat es nur gereicht, um allen schnell Hallo zu sagen. Denn bis am 20. Dezember waren wir noch im norwegischen Lillehammer, wo wir auf der Bahn und im Kraftraum trainierten. Am 21. kamen wir in die Schweiz und vorgestern stand schon der erste Leistungstest auf dem Programm.
Im vergangenen Winter verunfallten Sie mit dem Team Vogt in Altenberg (D). Vor allem Ihren Fricktaler Teamkollegen Sandro Michel hat es schwer getroffen – er wurde lebensgefährlich verletzt. Wie geht es ihm heute?
Ich würde sagen, er kommt gut zurecht, auch wenn die Umstände sehr schlecht sind. Sandro geht nach wie vor an Krücken. Er selber hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, irgendwann wieder zurück im Eiskanal zu sein. Er wird in St. Moritz mit uns dabei sein, um wieder etwas Bobluft zu schnuppern.
Auf welches Rennen freuen Sie sich am meisten diese Saison?
Auf die Weltcup-Rennen im Zweierund Viererbob in St. Moritz im Januar. Dort werden wir auch erstmals in diesen Teams unterwegs sein, die der Verband für die WM zusammenstellt. Für mich ist es immer schön, wenn man «zu Hause» antreten kann. Zudem habe ich schon von vielen aus meinem Umfeld gehört, dass sie vor Ort sein werden, um uns anzufeuern.
Erstes Rennen nach heftigem Unfall
lug. Am 4. Januar wird das Bobteam Vogt wieder an einem Weltcup-Rennen starten. Das Rennen findet in Winterberg (D) statt. Gestartet wird am Samstag im Zweierbob und einen Tag später im Viererbob.
Es werden die ersten beiden Rennen nach dem schweren Sturz des Teams am 13. Februar 2024 sein. Bei einer Trainingsfahrt in Altenberg (D) verunfallte das Team. Während sich Dominik Hufschmid und Andreas Haas leichtere Verletzungen zuzogen, erlitt Pilot Michael Vogt eine schwere Gehirnerschütterung und eine Schulterverletzung. Am meisten getroffen hat es Sandro Michel, den Anschieber aus Gipf-Oberfrick, der zuhinterst im Schlitten sass. Er wurde aus dem Bob geschleudert und vom zurückrutschenden Schlitten, der mit den drei Athleten mehr als 500 Kilogramm schwer war, überfahren. Neben Rippenbrüchen, einem gebrochenen Schulterblatt, abgeschlagenen Muskeln am Brustkorb, erheblichem Blutverlust und einem Lungenflügel, der sich mit Blut gefüllt hat, hat es ihn vor allem im Hüftbereich schlimm erwischt. Dort hatte er eine 35×50 Zentimeter grosse Wunde. Der Hüftknochen war ausgekugelt und sichtbar.
Nach den Weltcup-Rennen finden im März als Saisonhöhepunkt die Bobund Skeleton-Weltmeisterschaften in Lake Placid (USA) statt.