«Wir probieren den Klienten eine Lehre zu verkaufen»
15.11.2024 PorträtAls Geschäftsführerin des Vereins «zRrächtCho» steht Mirjam Würth in Kontakt mit Flüchtlingen unterschiedlicher Herkunft. Jene aus Afghanistan erlebt sie als freundlich, anpassungsfähig und zielorientiert. Sie kommen in die Schweiz, um hier zu bleiben.
...Als Geschäftsführerin des Vereins «zRrächtCho» steht Mirjam Würth in Kontakt mit Flüchtlingen unterschiedlicher Herkunft. Jene aus Afghanistan erlebt sie als freundlich, anpassungsfähig und zielorientiert. Sie kommen in die Schweiz, um hier zu bleiben.
Christian Horisberger
Frau Würth, die «Volksstimme» hat in der gestrigen Ausgabe beschrieben, wie sich ein jüngerer Flüchtling aus Afghanistan dafür engagiert, um sich in der Schweiz ein neues Leben aufzubauen. Dabei legt er Tugenden an den Tag, wie wir sie hierzulande schätzen: Ehrgeiz, Fleiss und Integrationswillen. Ist das typisch für Flüchtlinge aus diesem Land? Mirjam Würth: Ich erlebe die jungen Menschen aus Afghanistan als sehr zielorientiert. Sie fallen auf durch Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Anpassungsfähigkeit. Das sind Eigenschaften, die uns vertraut sind. Diese Flüchtlingsgruppe integriert sich nach meinen Erfahrungen oft sehr schnell und problemlos.
Eine hohe Hürde für eine rasche Integration ist die Sprache. Wie kommen Menschen aus Afghanistan mit Deutsch zurecht?
Gut, denn sie haben eine hohe Affinität zu Sprachen, da sie aus einem mehrsprachigen Land stammen, wie auch die Schweiz eines ist. Zudem erlebe ich sie als überdurchschnittlich lernwillig. Vor wenigen Tagen hat mich ein 20-Jähriger von sich aus gebeten, ihn bei der Anschaffung eines Computers zu unterstützen, mit dessen Hilfe er unsere Sprache schneller lernen möchte. So etwas finde ich mega cool.
Wie ist der Bildungsstand der afghanischen Asylbewerber, die unser Land erreichen?
Sehr heterogen. Einige waren noch nie in der Schule und sind nicht alphabetisiert; unter Umständen verfügen sie über eine informelle Bildung und waren bereits berufstätig, etwa als Coiffeur oder als Maurer. Andere sind hochgebildet: Kürzlich habe ich einen Piloten kennengelernt, und ich hatte es auch schon mit einem Mediziner, einem angehenden Zahnarzt und einem Regisseur zu tun. Das Spektrum ist breit.
Sie sprechen nur von Männern. Dabei sind es doch die Frauen, die vom Taliban-Regime unterdrückt werden. Das ergibt keinen Sinn.
Seit der Machtübernahme der Taliban flüchten viele Männer, mehrheitlich zwischen 22 und 25 Jahren, aber auch unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA). Frauen aus dem Land rauszubekommen ist wahnsinnig schwierig. Dafür bräuchten sie einen Pass. Dies wiederum setzt Behördengänge voraus, für die sie sich von einem erwachsenen Mann, sei es ein Sohn, Bruder oder der Ehemann, begleitet werden müssen, da sich Frauen in der Öffentlichkeit nicht alleine bewegen dürfen.
Wie kommen die Männer, die es in ein sicheres Land wie die Schweiz schaffen, mit der hiesigen Situation zurecht?
Sie befinden sich zwischen zwei Welten. Sie haben Zuflucht im sicheren, organisierten Land gefunden, in dem Trinkwasser aus dem Hahnen fliesst. Ihre Familien hingegen sind mit Unsicherheit, Ungerechtigkeit und Gewalt auf dem Schulweg konfrontiert; ihre Schwestern und Mütter sind entrechtet, dürfen keine Schule besuchen und nicht arbeiten. Damit zurechtzukommen, fällt den wenigsten leicht.
Der junge Mann in unserem strebt eine Zukunft in der Schweiz an. Eine Rückkehr ist für ihn keine Option. Ist das der Regelfall oder die Ausnahme?
Ich stelle unseren Klienten immer die Frage, wo sie sich sehen, wenn sie sich fünf Jahre in der Zukunft vorstellen. Dann werden mir fast immer Bilder von hier geschildert. Es scheint, als sehen sie die Situation in ihrer Heimat als so desolat an, dass eine Rückkehr für sie keine Option ist. Stattdessen wollen sie hier Fuss fassen.
Zwischen Flüchtlingen aus Eritrea ist es zu teils offenen Konfl ikten gekommen. Gibt es auch zwischen Afghanen in der Schweiz Spannungen?
Ich weiss von keinen solchen Konflikten. Aufgrund der Situation im Herkunftsland wäre das Potenzial dazu vorhanden, aber ich habe den Eindruck, dass sie froh sind, hier in Sicherheit zu sein und die Konflikte aus der Heimat hier nicht weiterziehen möchten.
«zRächtCho» führt Geflüchtete an unseren Arbeitsmarkt und unsere Gesellschaft heran. Worin sehen Sie dabei die grösste Herausforderung?
Im Vermitteln der Wichtigkeit von Berufsausbildung und Schule. Das Konzept und die Bedeutung einer mehrjährigen Berufslehre ist ihrem Mindset oft fremd.
Welche Alternative würden sie stattdessen wählen?
Lieber würden sie raschmöglichst einem Erwerb mit einem möglichst hohen Lohn nachgehen, um Geld an jene schicken zu können, die sie zurückgelassen haben. Es ist aber eine Tatsache, dass jemand mit einer abgeschlossenen Berufslehre in der Schweiz mit einer 94-prozentigen Wahrscheinlichkeit nie arbeitslos wird. Deshalb versuchen wir, unseren Klienten eine Lehre zu verkaufen. Dies bedeutet zwar eine längere Abhängigkeit von der Sozialhilfe, doch auf lange Sicht betrachtet ist unserer Gesellschaft und auch der Wirtschaft, die auf Fachkräfte angewiesen ist, besser gedient.
In einer kurzen Serie erzählt die «Volksstimme» die Geschichten junger Flüchtlinge aus Afghanistan und befasst sich mit den Integrationsbemühungen von ihnen und ihren Landsleuten. Bereits erschienen: «Der Schreiner aus Teheran» (14. November).
Verein «zRächtCho» berät und fördert ch.
Der 2018 gegründete gemeinziale Integration bietet «zRächtCho» nützige Verein «zRächtCho» Norddas «Tandem» an, eine Eins-zu-einswestschweiz unterstützt Menschen Begleitung, parallel zu den anderen mit Flucht- und Migrationserfahrung Programmen. Freiwillige, die bereit mit Förderprogrammen, um ihre besind, pro Woche eine Stunde mit eirufliche Integration und gesellschaftnem Flüchtling bei beliebigen Aktiviliche Teilhabe zu unterstützen. Die Protäten zu verbringen, sind jederzeit willgramme sind in folgende Bereiche unkommen. terteilt: Berufsvorbereitung (Abklärung Die von der Frenkendörfer Gemeindeder Arbeitsmarktfähigkeit, Vermittlung rätin und alt-Landrätin Mirjam Würth von arbeitsmarktrelevanten Kompeten- (SP) geleitete «zRächtCho»-Geschäftszen, Tagesstrukturen), Arbeitstraining stelle mit 14 Mitarbeitenden befindet (Arbeitscoaching, Erweiterung Deutschsich in Pratteln. Die Organisation finankenntnisse, erste Schritte in den Arziert sich durch die Entgelte für die erbeitsmarkt) sowie Arbeitsmarkt und brachten Betreuungsdienstleistungen Weiterbildung (Integration UMA, Supsowie aus Spenden und Stiftungsgelportet Education für Geflüchtete, Bedern. Aktuell werden im Auftrag von gleitung in Arbeit oder Ausbildung, Gemeinden 90 bis 100 Klientinnen und Schulung Administration). Für die so-Klienten betreut.