Wie ging das schon wieder mit dem Glück und Schmied?
07.11.2025 PolitikAndrea Sulzer, Gemeindepräsidentin Waldenburg, Grüne
In einer gerechten Welt, in der Chancen und Güter ausgewogen verteilt sind, wäre vielleicht jede und jeder seines eigenen Glückes Schmied. Davon sind wir heute weit entfernt. Die ...
Andrea Sulzer, Gemeindepräsidentin Waldenburg, Grüne
In einer gerechten Welt, in der Chancen und Güter ausgewogen verteilt sind, wäre vielleicht jede und jeder seines eigenen Glückes Schmied. Davon sind wir heute weit entfernt. Die Voraussetzungen für ein glückliches, erfüllendes Leben – was wir uns alle wünschen! – sind ungleich verteilt. Kinder armer Eltern haben statistisch ein deutlich höheres Risiko, selbst in Armut zu leben. Das liegt nicht an den Genen, sondern an sozialen, ökonomischen und strukturellen Bedingungen: weniger Zugang zu guter Bildung, Nachhilfe und unterstützenden Netzwerken. So reproduziert sich Ungleichheit über Generationen. Nicht alle können ihr Glück unter den gleichen Bedingungen schmieden.
So wie Armut vererbt wird, wird auch Reichtum vererbt. Mit etwas Glück am Lebensanfang stehen den einen alle Türen offen, während anderen die Mittel fehlen. Ungleichheit begleitet uns seit Langem, nimmt jedoch nicht ab: Die Einkommensunterschiede wachsen, reiche Haushalte profitieren stärker vom Wachstum. Auch hat sich die Steuerlast pro vererbtem Franken in den vergangenen 35 Jahren um zwei Drittel reduziert, ein Vorteil für die ohnehin Vermögenden. Grosse ökonomische Unterschiede in einer Gemeinschaft verringern das gegenseitige Vertrauen und das Gefühl gemeinsamer So- lidarität. Starkes Ungleichgewicht fördert Polarisierung und das Gefühl, der Staat diene nur einigen wenigen. Dadurch werden stabile Mehrheiten und langfristige Reformen schwieriger. Starke Ungleichheiten sind für eine Gesellschaft nicht nachhaltig und für unsere Zukunft nicht akzeptabel.
Was tun? Neben mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung und starken sozialen Sicherungssystemen ist eine Erbschaftssteuer ein wirksames Mittel. Die «Initiative für eine Zukunft» schlägt vor, auf Erbschaften und Schenkungen ab einem Freibetrag von 50 Millionen Franken eine Bundessteuer von 50 Prozent zu erheben. Von der Steuer betroffen wären, gemäss Recherchen der Wochenzeitung «WOZ», 2800 von 5,4 Millionen Steuerpflichtigen (juristische Personen/Firmen sind davon nicht betroffen). Der Rohertrag dieser Steuern soll zur Unterstützung des sozial gerechten, ökologischen Umbaus der Gesamtwirtschaft, insbesondere in den Bereichen der Arbeit, des Wohnens und der öffentlichen Dienstleistungen, eingesetzt werden.
Die Initiative fordert uns heraus, über Ungleichheit und deren Folgen nachzudenken. Welche Gesellschaft wollen wir unseren Nachkommen hinterlassen? Für mich stehen Solidarität, eine sozial gerechte und ökologische Wirtschaft, intakte Umwelt und Chancengerechtigkeit im Zentrum. Dazu braucht es ein Umdenken und den Mut, heisse Eisen aufzugreifen – wie die Erbschaftssteuer für Überreiche. Genau solche Diskussionen tragen dazu bei, unsere Zukunft sozial gerechter und ökologischer zu gestalten. Darum: Setzen Sie sich mit der Initiative auseinander, diskutieren Sie mit Ihren Kindern und Freunden – wir gestalten unsere Zukunft gemeinsam.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.

