Weniger Rennen, weniger Fahrer Radsport
23.10.2025 SportDas Ende des GP Oberbaselbiet bereitet Sorgen
Der Strassenradsport in der Region und in der ganzen Schweiz durchläuft eine schwierige Phase. Mit dem Wegfallen von Rennen verliert der Nachwuchs wichtige Wettkampfkilometer. Verantwortliche nennen Verkehrszunahme, Helfermangel und die ...
Das Ende des GP Oberbaselbiet bereitet Sorgen
Der Strassenradsport in der Region und in der ganzen Schweiz durchläuft eine schwierige Phase. Mit dem Wegfallen von Rennen verliert der Nachwuchs wichtige Wettkampfkilometer. Verantwortliche nennen Verkehrszunahme, Helfermangel und die Finanzen als Gründe.
Tobias Gfeller
Für den traditionsreichen GP Oberbaselbiet mit Start und Ziel in Zunzgen gibt es definitiv keine Zukunft. Dies bestätigt der Gründer und scheidende Präsident des Organisationskomitees, Andreas Wild. Auch mehrere Wochen nach der letzten Durchführung im August liessen sich keine Personen für ein neues Organisationskomitee finden. Mit Andreas und Ehefrau Graziella Wild hat das ganze OK nach vielen Jahren im Einsatz demissioniert. «Dass sich nachträglich jemand meldet, ist Wunschdenken», sagt Wild, der grundsätzlich im Freiwilligenbereich einen Mangel an Personen feststellt, die Verantwortung übernehmen oder sich als Helferinnen und Helfer am Tag selber zur Verfügung stellen.
Dieses Problem kennen viele Radsportveranstaltungen in der Schweiz, betont Andreas Wild, der auch als Präsident von Swiss Cycling beider Basel, der Vereinigung Schweizerischer Radsportorganisatoren (ASOC) und des Veloclubs Diegtertal (VCD) amtet. Es gelinge seit Jahren zu wenig, ehemalige Aktive für die Freiwilligenarbeit bei Veranstaltungen oder Verbänden zu gewinnen. «Zu viele Aktive verschwinden aus dem Radsport. Viel Wissen geht dadurch verloren.»
Das sieht auch Oliver Müller, Präsident des VC Kaisten, des langjährigen Clubs der Arboldswiler Nachwuchshoffnung Lars Emmenegger, so. «Wenn alle, die in den vergangenen 30 bis 40 Jahren vom Radsport profitiert haben, etwas zurückgeben würden, hätte der Radsport in der Schweiz heute einige Probleme weniger.»
Erschwerte Strassensperrungen
Für die Durchführung des GP Oberbaselbiet waren jedes Jahr um die 70 Helferinnen und Helfer im Einsatz. Neben der fehlenden Bereitschaft, mitzuwirken und mitzuhelfen, wird es gemäss Andreas Wild auch immer schwieriger, die für Radrennen nötigen Genehmigungen für vorübergehende Strassensperrungen zu erhalten. Der VC Kaisten organisierte während Jahren eine beliebte Bergrundfahrt und vereinzelt Etappen des GP Rüebliland. «Als ich noch aktiv war, fuhren wir auf Strecken, bei denen es aufgrund der Verkehrszunahme heute unvorstellbar wäre, Rennen zu fahren», gibt Oliver Müller zu bedenken.
Nicht überrascht vom Ende des GP Oberbaselbiet war Lukas Müller, Co-Präsident des RRC Nordwest Reigoldswil. «Wir beobachten seit einigen Jahren schweizweit den Trend, dass die Teilnehmerzahlen an Radrennen kontinuierlich zurückgehen. Gleichzeitig sind viele Radsportvereine strukturell schwächer aufgestellt als früher.» Lukas Müller war als Junior bei der ersten Austragung des GP Oberbaselbiet dabei. Das Ende des beliebten Rennens schmerze. Er spüre selber beim RRC Nordwest Reigoldswil, wie die Nachwuchszahlen und das Engagement von Trainern zurückgehen. VC-Kaisten-Präsident Oliver Müller spricht von einem Teufelskreis. «Gibt es weniger Rennen, gibt es weniger Fahrer – und umgekehrt.» Die Tendenz sei nicht neu, im Gegenteil, sagt Oliver Müller. «Der Rückgang schreitet seit den 1990er-Jahren voran.»
Trainings ersetzen Rennen nicht
Für Andreas Wild, Oliver und Lukas Müller sind Rennen schon nur für die Nachwuchsförderung unverzichtbar. «Ein Rennen ist nicht das Gleiche wie eine Trainingsfahrt», erklärt Oliver Müller und führt aus: Rennen seien gerade für Junge ein wichtiger Reiz und eine Motivation. «Und ohne Rennen verliert der Radsport auch an wichtiger Präsenz in den Dörfern und Regionen, was wiederum der Aufmerksamkeit bei den Jungen schadet.»
Die drei Fachmänner eint die Sorge um den Radsport in der Region Basel und der ganzen Schweiz. «Es freut mich sehr, dass wir im Spitzensport international mithalten können. Gleichzeitig ist die Basis gefährdet, wenn keine Rennen mehr durchgeführt werden können», mahnt Lukas Müller.
Bei Swiss Cycling, dem nationalen Radsportverband, bestätigt man die Aussagen der drei Protagonisten aus der Region Basel. Die Möglichkeiten für heimische Fahrerinnen und Fahrer, sich mit der Konkurrenz zu messen, würden immer rarer, sagt Kommunikationsleiter Micha Jegge. «Der zunehmende Verkehr in Kombination mit der föderalistischen Struktur in der Schweiz stellt eine grosse Herausforderung dar; es wird hierzulande immer schwieriger, Bewilligungen für Strassensperren zu erhalten.» In der dicht besiedelten und mit Verkehrsinseln versehenen Schweiz sei es gemäss Jegge generell eine vergleichsweise grosse Herausforderung, ein Radrennen durchzuführen.
Swiss Cycling mit neuer Rennserie
Dass es der Radsport in der Schweiz grundsätzlich schwer hat, zeigt sich schon an der angekündigten Verkleinerung der Tour de Suisse auf fünf Tage. Swiss Cycling hat im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der sinkenden Anzahl Rennen die Swiss Road Series lanciert – eine auf den Nachwuchs ausgerichtete, aber auch Elite-Wettkämpfe beinhaltende Rennserie. Kernstück sind neuartige Rennformate auf kurzen Rundkursen mit vergleichsweise professioneller Infrastruktur, was den Veranstaltern die Aufgabe erleichtern und das Event-Erlebnis für alle Beteiligten verbessern soll.
Die erste Saison war gemäss Micha Jegge ein voller Erfolg, die Resonanz von allen Seiten erfreulich. «Wir sind bestrebt, die Serie auszubauen, und ermuntern generell die Veranstaltenden, unsere neuen Formate oder zumindest Teile davon zu übernehmen.»
Im ausgedünnten Rennkalender bleiben die Dienstagabendrennen in Möhlin eine wichtige Konstante. Eine langfristige Sicherheit für die Rennen gäbe es aber nicht, mahnt Andreas Wild, Präsident von Swiss Cycling beider Basel. Die diesjährige Serie gewann übrigens Lars Emmenegger.

