«Weisch no?»
09.10.2025 Sissach800 Jahre Sissach – Klassenzusammenkunft der 80-Jährigen Einstige Sissacher Schülerinnen und Schüler mit Jahrgang 1945 haben sich am Dienstag zu einer Klassenzusammenkunft getroffen, um gemeinsam auf ihren 80. Geburtstag und zugleich auf das Sissacher Jubiläum ...
800 Jahre Sissach – Klassenzusammenkunft der 80-Jährigen Einstige Sissacher Schülerinnen und Schüler mit Jahrgang 1945 haben sich am Dienstag zu einer Klassenzusammenkunft getroffen, um gemeinsam auf ihren 80. Geburtstag und zugleich auf das Sissacher Jubiläum anzustossen. Alle schwelgten wieder einmal in Erinnerungen.
Jürg Gohl
Die beiden Ballone in Zifferform vor dem Restaurant Sonne in Sissach formen die Zahl 45. Sie sind nicht in einem knalligen, sondern in einem dunkel-dezenten Rot gehalten, das an einen edlen Wein, nicht an einen zeitgemässen Powerdrink erinnert. Schliesslich treffen sich hier nicht etwa lauter 45-Jährige zu ihrer Klassenzusammenkunft, sondern ehemalige Schülerinnen und Schüler, die alle den Jahrgang 45 tragen. Sie werden oder wurden mit anderen Worten in diesem Jahr 80 Jahre alt und nutzen das 800-Jahr-Jubiläum ihres Schulorts, um sich wieder einmal zu sehen.
Das Tagesprogramm sieht zu Beginn ein kurzes Treffen «ab 10 Uhr» zum Kaffee vor. Doch als die Kirchturmuhr schlägt, herrscht bereits Hochbetrieb im Gasthaus Sonne. «Wer bist du schon wieder?», «Du warst doch in der Parallelklasse», «Du hast dich seit unserem letzten Treffen überhaupt nicht verändert». Und immer wieder wandert ein verstohlener Blick auf das Namensschildchen des Gegenübers. Niemand will sich schliesslich eine Blösse geben. Auf einem Tisch hat «s Bärger Lisbeth» Klassenfotos von damals ausgelegt – schwarz-weiss, natürlich.
Nach dem Willkommens-Kaffee begibt sich die gut 30-köpfige Gruppe ins Sissacher Heimatmuseum, wo sie der frühere Gemeinderat Paul Bieri durch die Jubiläumsausstellung «800 Jahre Sissach» führt und für sie der Posamenterstuhl eigens in Betrieb genommen wird. Nach dem Mittagessen und einem Referat von Mitorganisator Hans-Ruedi Gunzenhauser über die vergangenen 80 Jahre aus weltpolitischer und vor allem regionaler Sicht ist die Klassenzusammenkunft zu Ende. Eigentlich. Doch als das letzte «Weisch no?» erzählt ist und sich die Hartnäckigsten verabschieden, dämmert es draussen bereits.
Von der «Ohrfyyge» zum Gendern
Mit Hans-Ruedi Gunzenhauser, den seine früheren Mitschülerinnen und Mitschüler nicht mit dem in Sissach gebräuchlichen Übernamen «Tscheiar», sondern mit «Schaascha» ansprechen, teilt sich Yvo Vögeli, der Sohn des damaligen Klassenlehrers Fritz Vögeli, die Organisation des Anlasses. In seiner Begrüssung führt er unter anderem aus, dass die Klassenzusammenkunft bewusst als «Jahrgänger-Treffen» geplant ist, und geht auf das Jahr 1945 ein. Damals ereigneten sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und später der Abwurf der Atombomben auf Japan. «Wir gehören einer glücklichen Generation an, wir leben seit 80 Jahren in Frieden und sahen die Entwicklung von der ‹Ohrfyyge› zum Gendern, vom ersten Schwarz-Weiss-Fernseher zum Smartphone. Wohlstand und Lebenserwartung stiegen.»
Geboren am 9. Januar 1945 ist Heini Stebler, der «Büchel-Heini», der älteste am Tisch, der theoretisch sogar noch vier Monate Weltkrieg erlebte. Zugleich hat er am Dienstag die kürzeste Anreise, wohnt er doch gleich gegenüber der «Sonne». Die längste Bahnfahrt nimmt Ueli Fausch, der Grösste am Treffen, in Kauf. Er ist der Sohn der Sissacher Dichterin Helene Bossert und wohnt in Genf. Emil Graf stellt aber alle in den Schatten. Im Alter von 55 Jahren, also vor 25 Jahren, hängte er seinen Beruf als Sekundarlehrer an den Nagel und wanderte der Liebe wegen nach Bolivien aus. Dort engagierte er sich gemeinnützig. Eine Klassenzusammenkunft sei für ihn aber Anlass genug für einen ausgiebigen Besuch in seiner alten Heimat Sissach.