Wasserfassung seit Jahrzehnten ohne Schutz
01.11.2024 ZeglingenIn Zeglingen soll die Deponie für Aushubmaterial bei der früheren «Gipsi» erweitert werden. Überraschend kommt der Gemeinde dabei eine Grundwasserschutzzone in die Quere. Der Konflikt besteht seit vielen Jahren, bloss ist er niemandem aufgefallen.
...In Zeglingen soll die Deponie für Aushubmaterial bei der früheren «Gipsi» erweitert werden. Überraschend kommt der Gemeinde dabei eine Grundwasserschutzzone in die Quere. Der Konflikt besteht seit vielen Jahren, bloss ist er niemandem aufgefallen.
Christian Horisberger
Eigentlich hätten es die Zeglinger längst selber merken müssen. Aber wer hinterfragt schon, was jahrzehntelange Praxis ist: Als die Aushubdeponie bei der früheren «Gipsi» noch in Betrieb war, rollten werktags im Durchschnitt acht Lastwagen über die Strasse vom Südosten des Dorfs zur Deponie und zurück. Wenige Hundert Meter ausserhalb des Dorfs, beim Hofackerhof, führt die Strasse durch ein Quellgebiet, deren Fassung sich unter der Strasse befindet. Diese Situation ist aus der Warte des Grundwasserschutzes äusserst kritisch, wenn nicht fahrlässig. Bei einer Havarie auf der Strasse könnte das Quellgebiet verunreinigt werden.
Auf die nicht ausreichend geschützte, bereits im Jahr 1890 gefasste Eschenbrunnquelle aufmerksam wurde das Unternehmen Geo-Explorer. Im Auftrag der Gemeinde hatten die Hydrologen als Grundlage für die Überarbeitung der Zeglinger Gewässerschutzzonen eine Bestandesaufnahme gemacht. Die Erkenntnis aus dem Bericht war für Gemeindepräsident Fredi Rickenbacher ein Dämpfer. Nicht nur, weil die Gemeinde der Situation bisher keine Beachtung geschenkt hatte, sondern vor allem deshalb, weil Zeglingen auch in Zukunft auf diese Strasse angewiesen sein wird.
Weiteres Volumen von 2,5 Mio. m3
Die Bürgergemeinde plant im Bereich der ehemaligen Gipsgrube und teilweise auf der schon erfolgten Auffüllung eine neue Deponie für Aushubmaterial. Der Standort ist im Kantonalen Richtplan ausgeschieden (siehe Kasten). Die Deponie «Wanne» soll mit einem Volumen von 2,5 Millionen Kubikmetern rund sieben Mal grösser werden als die 2019 aufgefüllte Deponie «Gipsi». Bei der geplanten jährlichen Auffüllmenge von rund 30 000 Kubikmetern würde der Erlös aus dem Deponiebetrieb während rund 80 Jahren einen steten Zustupf für die Bürger- und Einwohnerkasse bedeuten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Lastwagen freie Fahrt zur Deponie haben.
Und dafür muss der Konflikt zwischen Strasse und Trinkwasserquelle gelöst werden.
Laut Fredi Rickenbacher wird sich der Gemeinderat kommende Woche mit den involvierten Stellen an einen Tisch setzen. Auf Lösungsansätze angesprochen, nennt der Gemeindepräsident spontan die Verlegung der Strasse, da Quellfassungen eingezäunt oder beispielsweise mit Buschwerk abgegrenzt werden sollten. Bei einem Blick in die Landschaft fragt er jedoch sogleich: «… aber wohin?» Oder aber man setzt beim Wasser an: Vorstellbar wäre für Rickenbacher, die Quelle weiter oben am Hang zu fassen, abseits der Strasse: «Dafür müsste der Quelle nachgegraben werden.»
Quelle aufgeben?
Auch ein Verzicht auf die Nutzung der Eschenbrunnquelle käme in Betracht. Laut Rickenbacher stammt bereits heute der grösste Teil des Zeglinger Trinkwassers aus der nahe gelegenen Hofackerquelle. Das häufig leicht belastete Eschenbrunn-Wasser werde ohnehin nur bei Trockenheit ins Reservoir geleitet (und mit UV-Strahlung behandelt) und fliesse ansonsten in den Bach. Als Kompensation wäre für den Gemeindepräsidenten ein grösserer Bezug von der Neunbrunnquelle, die sich auf Zeglinger Boden befindet und Kilchberg versorgt, zumindest eine Überlegung wert – oder ein Hochzonenreservoir gemeinsam mit Oltingen. An Quellwasser fehle es in und um Zeglingen jedenfalls nicht.
Fredi Rickenbacher ist zuversichtlich, dass sich eine Lösung finden lässt – «es fragt sich nur, welche». Und wie rasch sie sich umsetzen lässt: Denn für Zeglingen ist es von Interesse, dass die Zufahrt zur «Gipsi» zügig gesichert werden kann. Vorausgesetzt, die weitere Planung, das Betriebsbewilligungsverfahren, eine Zonenplanänderung und bauliche Massnahmen gehen wunschgemäss über die Bühne, könnte die Deponie laut Rickenbacher 2026 oder 2027 den Betrieb aufnehmen. Bisher hat die neue Deponie nur Kosten verursacht. Die Bürgergemeinde und die Betreiberfirma Grieder AG, Tecknau, haben je rund 100 000 Franken in die Planung gesteckt.
Aktuell keine Aushub-Deponie im Kanton
ch. Damit Aushubmaterial und Bauschutt, die bei Bautätigkeit in der Region anfallen, nicht über weite Strecken transportiert werden müssen, benötigt das Baselbiet Deponieflächen. Unverschmutztes Aushubmaterial wird auf Deponien des Typs A abgelagert, Typ B steht für mineralischen Bauschutt. Im Baselbiet aktuell in Betrieb stehen die B-Deponien Strickrain (Sissach), Bruggtal (Bennwil), Höli (Liestal) sowie Müsch (Wahlen). Diese verfügen über ein Restvolumen von insgesamt rund 3,2 Millionen Kubikmetern. Die im Baselbiet deponierte Inertstoff-Menge lag 2022 und 2023 im Bereich von rund 400 000 Tonnen. A-Deponien sind im Kanton zurzeit keine in Betrieb.
In Planung oder Abklärung befinden sich nach Angaben der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) neben Zeglingen drei weitere A-Deponien: Bruggtal (Bennwil), Schätlete/ Chlus (Blauen/Zwingen) sowie Tannenried (Sissach). In Hölstein seien wie in Zeglingen die Vorbereitungsarbeiten für die kommunale Zonenplanung am Laufen und für den Standort im Laufental werde eine Alternative im gleichen Gebiet abgeklärt.
Beim A-Standort Tannenried in Sissach handelt es sich um einen Nachfolgestandort für die B-Deponie Strickrain. Laut BUD-Sprecher Simon Rüttimann gibt es gegenwärtig noch keine Aktivitäten betreffend Tannenried, weil die Deponie Strickrain noch etliche Jahre in Betrieb sein wird: «Zwei gleichzeitig betriebene Standorte in einer Gemeinde wären nicht zielführend.»
Auch die B-Deponie Höli, die 2028 aufgefüllt sein dürfte, soll erweitert werden – bestenfalls nahtlos. Das dafür erforderliche Verfahren ist laut Bürgergemeindepräsident Franz Kaufmann im Gang.