Warum ist Landschaft schön?
28.01.2025 SissachTalk mit Markus Ritter und Ina Boesch
vs. Wie stellen wir uns eine soziale und ökologische Wende vor? Und was tun wir dafür? Diese Fragen prägen die «Cheesmeyer»-Gespräche 2025 in Sissach unter der Leitung von Ueli Mäder.
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Talk mit Markus Ritter und Ina Boesch
vs. Wie stellen wir uns eine soziale und ökologische Wende vor? Und was tun wir dafür? Diese Fragen prägen die «Cheesmeyer»-Gespräche 2025 in Sissach unter der Leitung von Ueli Mäder.
Der Biologe Markus Ritter und die Kulturhistorikerin Ina Boesch erörtern am ersten Abend, wie wir Landschaft wahrnehmen und Umweltprobleme angehen (können). Im Vordergrund stehen eigene (Projekt-) Erfahrungen, zudem das Lebenswerk von Annemarie und Lucius Burckhardt. Die Basler Universitätsbibliothek würdigt es in der Ausstellung «sehend denken». Das Buch «Raum und Macht» (Mäder, u.a., Zürich 2014) setzt sich ebenfalls damit auseinander.
Markus Ritter ist mit der Materie besonders vertraut. Wie verletzlich Lebewesen sind, bewegte ihn schon früh. Lehrpersonen erkannten seine Neugier. Und inzwischen hält er selber unzählige Vorträge, auch über Vögel. «Die Moderne hat eine respektvolle Koexistenz zwischen Mensch und Natur aufgekündigt», sagt er. Und ein rücksichtsvoller Umgang mit der Landschaft gestalte sich heute dornenvoll. Die Widerständigkeit dagegen sei beharrlich, «neuerdings sogar verantwortungslos zynisch».
Wert der Natur
Annemarie und Lucius Burckhardt halten den Wert der Natur hoch. Sie bildeten Architektur-Studierende an der ETH Zürich und der Kasseler Hochschule aus. Zur nachhaltigen Entwurfsarbeit gehöre eine intakte Umwelt, betonten sie. Und jeder Werkzeug-Kasten der Landschaftsästhetik benötige die «Promenadologie». Die von ihnen begründete «Spaziergangs-Wissenschaft» beinhaltet ein reflektiertes Wahrnehmen und kollektives Nachdenken. Krisen haben laut Mitstreiter Ritter das Interesse für solche «Gegenentwürfe zur Misere» geweckt. An der ETH trifft er als Gast-Dozent immer wieder auf gestaltungswillige Studierende. Von Burckhardts Kreativität inspiriert, versuchten sie, deren Ansätze weiterzuentwickeln. Wichtig sei nun, dieses kritische Denken in eine berufliche und politische Praxis einzubringen, «die sich verantwortungsbewusst für eine umwelt- und sozialverträgliche Zukunft engagiert».
Konstruktiver Widerständigkeit ist auch Ina Boesch, Autorin von erzählenden Sachbüchern, auf der Spur. Die langjährige Kulturredakteurin bei Radio SRF 2 beschäftigte sich unter anderem mit internationaler Literatur und der Migration.
In ihrem originellen Kulturprojekt im Bündner Hochtal Avers kamen, «wie in einer Nussschale», wichtige Alpengeschichten zusammen. Während 15 Jahren präsentierte die Plattform «hexperimente» eine bunte Palette an künstlerischen Aufführungen und Ausstellungen. So etwa zu Themen wie Tourismus oder Wasserkraft, die regional verbunden und global brisant sind.
In ihrem Buch «Schauplatz Avers. Geschichten einer Landschaft» erzählt Boesch exemplarisch die Geschichte des Avers aus verschiedenen Perspektiven. Zentral ist, wie Menschen ihre Landschaft sahen, nutzten und prägten. Bereits im 17. Jahrhundert zog das abgelegene Tal auch Naturforschende an, «die dort seltene Blumen jagten und Handelsrouten auskundschafteten». Gleichzeitig wurden Frauen und Männer als vermeintliche Hexen oder Hexer verfolgt.
Die Autorin erzählt ebenfalls «von Avnerinnen und Avnern, die der Armut entflohen und in Übersee ihr Glück suchten; von Männern und Frauen, die in den Sommermonaten zur Heuernte ins Hochtal pilgerten; von Unternehmen, die in den 1960er-Jahren ein gigantisches Feriendorf errichten wollten; und vom Vorhaben, das Seitental Madris zur Energiegewinnung zu fluten».
So vermittelt Boesch die Geschicke einer Landschaft, «die sich trotz ihrer wechselhaften Geschichte seit Jahrhunderten kaum verändert hat». Und was bedeuten diese Erfahrungen für eine soziale und ökologische Wende? Das diskutieren die beiden naturkundigen Gäste im «Cheesmeyer» weiter.
«Warum ist Landschaft schön?», Donnerstag, 30. Januar, 19.00 bis 20.30 Uhr, «Cheesmeyer», Hauptstrasse 55, Sissach