Waldpolitik braucht ein gutes Fundament
20.11.2025 PolitikSimon Tschendlik, Landrat Grüne, Bubendorf
Im Baselbiet reden wir gerne vom Sparen. Das ist verständlich. Aber niemand käme auf die Idee, beim Auto immer nur zu fahren und nie in den Service zu gehen. Wer die Wartung auslässt, zahlt später ...
Simon Tschendlik, Landrat Grüne, Bubendorf
Im Baselbiet reden wir gerne vom Sparen. Das ist verständlich. Aber niemand käme auf die Idee, beim Auto immer nur zu fahren und nie in den Service zu gehen. Wer die Wartung auslässt, zahlt später viel mehr – wenn der Motor kaputt ist. Genauso ist es mit unserem Wald. Wenn wir heute in Pflege, Schutz und stabile Bestände investieren, verhindern wir morgen teure Schäden durch Sturm, Trockenheit und Schädlinge. Die vorbeugende Arbeit ist unscheinbar, aber sie ist die günstigste und fairste Politik. Das ist keine Frage von Ideologie, sondern gelebte Forstpraxis.
Darum ist es gefährlich, dass die Unterstützungsgelder für den Wald im Ausgaben- und Finanzplan gekürzt werden sollen. Wer beim «Service» spart, riskiert hohe Kosten – und schwache Wälder. Darum habe ich für die kommende Budgetdebatte mit Kollegen Anträge eingereicht:
1. «Waldpflege im Klimawandel nicht kürzen». Die Verwaltung will das Programm ab 2026 jährlich um 80 000 Franken kürzen – obwohl es mit 1,5 Millionen Franken (2025–2028) bereits erheblich unterfinanziert ist. Wer denkt, dass sei ein grosszügiger Betrag, soll bedenken, dass dies bei 20 100 Hektaren berechnet einem Unterstützungsbeitrag von 0,774 Rappen pro Quadratmeter Waldfläche entspricht – fürwahr kein fürstlicher Betrag. Dass dieser noch weiter gekürzt werden soll, leuchtet kaum ein.
2. «Naturschutz im Wald stärken». Der Kanton will beim Programm «Naturschutz im Wald» weiter kürzen und zusätzlich 600 000 Franken an bereits zugesagten Bundesgeldern gar nicht ausschütten – plus eine weitere Kürzung von 300 000 Franken im Jahr 2029. Das gefährdet Waldränder, Strukturvielfalt und neue Sonderwaldreservate – also genau jene Resilienz, die wir für Hitze, Trockenheit und Stürme brauchen. Mein Vorstoss beantragt: plus 200 000 Franken pro Jahr 2026–2028 (total 600 000) sowie plus 300 000 Franken im Jahr 2029. So sichern wir begonnene Biodiversitätsmassnahmen, statt sie auf halbem Weg abzuwürgen. Es geht darum, beschlossene Ausgaben zu erhalten und nicht weiter abzubauen.
Wer jetzt einwendet, «der Holzverkauf soll’s richten», dem antworte ich: «Schön wär’s.» Aber vielerorts decken die Holzerlöse nicht einmal die Erntekosten. Die Folge: Investitionen werden verschoben – und am Ende wird es für alle teurer. Der Wald liefert Schutz vor Naturgefahren, beherbergt 80 Prozent aller Landlebewesen, filtert Wasser, speichert CO2 und bietet Erholung. Dieses «Gratis»-Paket bezahlen heute Waldeigentümer – und morgen die Öffentlichkeit, wenn wir nicht gegensteuern.
Politik liebt den grossen Knall. Ein stabiler Schutzwald macht keine Schlagzeile, ein Steinschlag schon. Genau deshalb gehören Pflege, Biodiversität und Bildung im Wald ins Investitions-, nicht ins Konsumbudget. Was meine Vorstösse gemeinsam haben: Sie schaffen Planungssicherheit, ziehen Bundesmittel an und halten Wertschöpfung in der Region – solide Arbeit am Fundament unseres «Naturwerks».
Wir können warten, bis das nächste Extremereignis uns die Rechnung präsentiert. Oder wir handeln jetzt – klug, nüchtern, vorausschauend. Ich plädiere für Letzteres. Denn ein gesunder Wald schützt, was uns wichtig ist. Es geht um Verlässlichkeit statt Flickwerk, um Verantwortung statt Symbolpolitik. Wer jetzt Ja sagt zum Wald, sagt Ja zu kühleren Dörfern, sichereren Wegen, sauberem Trinkwasser – und zu einem Baselbiet, das seinen Kindern intakte Wälder übergibt. Und das ist jede Investition wert.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.

