Währschaftes Essen vom Tiba-Holzherd
08.10.2024 LangenbruckDie 70-jährige Bergwirtschaft Dürstel bleibt Traditionen treu
Ellen Bartholomäus und Ingemar Keller bieten eine gutbürgerliche Küche und laden ihre Gäste in eine Wirtsstube ein, die Charme und Gemütlichkeit ausstrahlt. Seit Kurzem vermieten sie zudem ...
Die 70-jährige Bergwirtschaft Dürstel bleibt Traditionen treu
Ellen Bartholomäus und Ingemar Keller bieten eine gutbürgerliche Küche und laden ihre Gäste in eine Wirtsstube ein, die Charme und Gemütlichkeit ausstrahlt. Seit Kurzem vermieten sie zudem eine Ferienwohnung. Und auch der neue Eigentümer hat Pläne.
Elmar Gächter
Wer Zeit und Musse hat, wandert auf befestigtem Weg in knapp einer Stunde vom Passdorf Langenbruck in Richtung Bölchen zum hinteren Teil des Dürsteltals. Schneller geht es auf vier Rädern, stets vor Augen, dass mit Gegenverkehr gerechnet werden muss und ein Kreuzen auf dieser schmalen Strasse nur an einzelnen Ausweichstellen möglich ist. Der Abstecher lohnt sich jedoch allemal.
Da ist einerseits das ehemalige Herrenhaus, 1680 von einem wohlhabenden Bauern erstellt, daneben das etwas jüngere Nebengebäude als ehemalige Unterkunft für sein Gesinde. Längst hat sich dieser Ort zum Ziel hungriger und durstiger Besucher entwickelt und seit 1954 einen Namen als Bergwirtschaft Dürstel gemacht.
Es ist die Geschichte, die auch für das heutige Pächterpaar mitentscheidend war, hier seiner gastronomischen Leidenschaft nachzugehen. «So haben wir uns dies vorgestellt, als wir eine neue Wirkungsstätte suchten. Ein Lokal, das Charme und Gemütlichkeit ausstrahlt, wo man sich einfach heimisch fühlt», sagt Ellen Bartholomäus, die zusammen mit ihrem Lebenspartner Ingemar Keller das Restaurant betreibt.
Einfach gestaltete sich der Start vor sechs Jahren für das Wirtepaar nicht, war das Gastlokal vor seinem Einzug doch zwei Jahre lang geschlossen. Dann kam die für die Gastronomie einschneidende Corona-Zeit. «Es fehlten plötzlich die für unseren Betrieb wichtigen Wandergäste», blickt Keller zurück. Heute laufe der Betrieb wieder gut, auch wenn weit weniger Wandergruppen als vor Corona Einkehr hielten. Der Gastrobetrieb lebe vor allem von Tagesausflüglern, die zur Hauptsache an Wochenenden den Weg in den «Dürstel» finden. Und wie bei vielen anderen Bergrestaurants, ist auch hier der Betrieb wetterabhängig. «Lange Regenperioden wie im Juni können einen schon an den Anschlag bringen», so Keller.
«Kochen ohne Schnickschnack»
Neben dem heimeligen Ambiente fühlten sich die Gäste vor allem vom gastronomischen Angebot angezogen. Es sei ihre währschafte, gutbürgerliche Küche, die geschätzt werde. «Wir kochen einfach, ohne Schnickschnack, und vor allem alles frisch und selber zubereitet. Zudem beziehen wir unsere Zutaten so weit wie möglich aus der näheren Umgebung», hebt Keller hervor.
Dies gelte auch für die Kaninchen und Rehe, die ab Herbst die Speisekarte bereichern. Bei ihm gebe es keine Fertigsaucen, alles bereite er von A bis Z selber zu. Und das ganz Besondere: Er kocht die meisten seiner Speisen auf einem Holzherd. «Als mir der Eigentümer vor zwei Jahren einen Gasherd in die Küche stellen wollte, habe ich abgewinkt. Was gibt es Schöneres, als Gemüse oder Suppen auf dem Tiba-Herd köcheln zu lassen und dabei erst noch den angenehmen Duft von brennendem Holz in der Nase zu spüren», so Keller.
Seine Partnerin Ellen Bartholomäus ist gelernte Chemielaborantin, hat jedoch viele Jahre im Gastgewerbe gearbeitet, unter anderem im eigenen Betrieb. Eigentlich hatte sie nicht die Absicht, in die Gastroszene zurückzukehren. Doch: «Da Ingemar und ich beide im Aussendienst tätig waren und kaum mehr gemeinsame Stunden verbringen konnten, haben wir uns entschieden, zusammen diese Bergwirtschaft zu führen.»
Keller hat zwar keine Kochlehre absolviert, bezeichnet Kochen jedoch als seine absolute Leidenschaft. Bereits mit fünf Jahren habe er seine Grossmutter beim Kochen tatkräftig unterstützt. «Viele Rezepte meiner Oma habe ich nach wie vor in meinem Kopf. Richtig stolz bin ich auf unsere Linzertorte. Sogar unser Hausbäcker liess sich, und dies will etwas heissen, davon überzeugen und erfreut sich an diesem einmaligen Produkt.»
Neuer Betriebszweig
Das Wirtepaar – sie aus Berlin, er aus Südbaden stammend – setzt künftig auf eine weitere Dienstleistung. Die beiden haben im Nebengebäude eine 4,5-Zimmer-Wohnung gemietet, welche sie selber renoviert haben und Feriengästen als Wellness-Suite anbieten. Die Räume sind hell und gross und mit modernem Komfort ausgerüstet. Selbst eine Infrarot-Sauna ist vorhanden, ein Jacuzzi in Planung.
«Es ist ein Ort, um abzuschalten, man kann einfach die Beine hochlegen», sagen beide begeistert. Ein Frühstück werde zwar nicht angeboten, auf Wunsch würden die entsprechenden Zutaten jedoch zur Verfügung gestellt. Die Absicht sei zudem, im Mehrfamilienhaus weitere Wohnungen in diesem Stil anzubieten.
Vor wenigen Wochen hat ein neuer Eigentümer die Bergwirtschaft und das Nebengebäude gekauft. Er will die Beiz sanft renovieren und unter anderem einen Durchgang von der Wirtsstube mit ihren 30 Plätzen zum Säli für rund 20 Personen erstellen.
Ellen Bartholomäus und Ingemar Keller ist es wichtig, dass dabei der Charme des Gasthauses erhalten bleibt. Hier fühlen sie sich selber und auch ihre Gäste wohl, was sie sich auch für die Zukunft wünschen. Vor allem hoffen sie auf möglichst schönes Herbstwetter, bei dem sie als allseits geschätzte Gastgeber ihre Besucher auch im Gartenrestaurant verwöhnen dürfen.