Vor dem ersten Schritt auf einem langem Weg
30.11.2023 KilchbergMandatieren die Einwohner heute den Gemeinderat mit Fusionsgesprächen?
Nach dem knappen Scheitern des Zusammenschlusses von Arisdorf und Hersberg richten sich alle Augen auf Kilchberg. Dort können heute Abend die Einwohnerinnen und Einwohner den Gemeinderat beauftragen, ...
Mandatieren die Einwohner heute den Gemeinderat mit Fusionsgesprächen?
Nach dem knappen Scheitern des Zusammenschlusses von Arisdorf und Hersberg richten sich alle Augen auf Kilchberg. Dort können heute Abend die Einwohnerinnen und Einwohner den Gemeinderat beauftragen, «Fusionsgespräche mit Zeglingen und Rünenberg» aufzunehmen.
Jürg Gohl
Das Budget wird sich, auch wenn es mit einem Minus von 80 000 Franken abschliesst, an der heutigen Einwohnergemeindeversammlung in Kilchberg mit einer Nebenrolle begnügen müssen. Weit grössere Folgen für die zweitkleinste Gemeinde im Kanton wird der Entscheid beim Traktandum 4 haben. Es endet mit dem Auftrag der Exekutive an sich selber: «Der Gemeinderat wird mandatiert, mit den Gemeinden Rünenberg und Zeglingen Fusionsgespräche aufzunehmen.»
Christine Mangold, die dort als auswärtige Gemeinderätin wirkt, ist überzeugt, dass sie und ihre beiden Amtskollegen Marcel Aeschbacher, der Gemeindepräsident, und Werner Wyprächtiger heute mit dieser Aufgabe betraut werden. Mit gutem Grund: Nicht nur der Gemeinderat ist überzeugt, dass eine Fusion mit den beiden Nachbarn die beste Lösung sei, auch eine Diskussionsrunde mit ausgewählten Gästen im März sowie ein öffentlicher Diskussionsanlass im September im Beisein von Regierungsrat Anton Lauber endeten mit einer breiten Zustimmung. Ein Ja heute Abend wäre der erste politische Entscheid in einem langen Hürdenlauf.
Kilchberg wie einst Hersberg
Analog zum früheren Regierungsrat Erich Straumann im Jahr 2008 in Hersberg wurde Christine Mangold als langjährige Gemeindepräsidentin von Gelterkinden 14 Jahre später vom Kanton damit beauftragt, in Kilchberg als «Statthalterin» einzuspringen, weil dort einer der drei Gemeinderatssitze nicht besetzt werden konnte. Neben den üblichen Dossiers übernahm sie von der Regierung zusätzlich den Auftrag, für Kilchberg «eine tragbare und nachhaltige Lösung» anzustreben. Oder kurz: eine Fusion.
Ähnlich wie bei Arisdorf und Hersberg spannen die drei Plateau-Gemeinden, für die sich das Kürzel Rükize längst etabliert hat, seit Jahren in allen erdenklichen Bereichen eng zusammen – von der Gemeindeverwaltung über die Sozialhilfebehörde bis zum Werkhof. Zudem beteiligen sie sich gemeinsam an grösseren Verbünden. «Eine Fusion wäre die logische Folge», sagt Christine Mangold und verwendet nach dem Hersberger Nein die Möglichkeitsform, «hier nehme ich alle als sehr offen wahr.»
Auch die beiden Nachbarn sind in diese Planspiele eingebunden, und es liegen von ihnen schriftliche Bestätigungen vor, in einer allfälligen Projektorganisation mitzuwirken. Unterstützung in personeller Hinsicht sagt auch der Kanton zu. Dieser Hinweis ist ihr deshalb wichtig, weil der Regierung aus Aridsdorf und Hersberg eine Mitschuld am Scheitern vor zehn Tagen zugewiesen wurde. Die Gemeinderätin auf Zeit hat aus der Distanz auch die Ereignisse um «Arisberg» beobachtet und folgert, dass sie als Promotoren um jeden Preis die Argumente möglicher Gegner kennen müssen, um ihnen frühzeitig mit Argumenten entgegentreten zu können. «Nun ist es durchaus denkbar, dass die erste Gemeindefusion seit Biel-Benken vor 51 Jahren bei uns stattfindet», sagt die frühere FDP-Landrätin. Ihr Mandat wurde um ein halbes Jahr bis zum 30. Juni 2024 verlängert. Sie kann sich aber auch durchaus vorstellen, danach die Rükize-Gemeinden in einer anderen Form auf ihrem Weg zu begleiten. «Ja, warum nicht?», antwortet Mangold, die als Oberbaselbieter Politikerin immer für regionales Denken eingestanden ist, «ich könnte dabei die Aussensicht beitragen.»
Appenzell sagt Nein, aber …
jg. Am vergangenen Sonntag hat das Stimmvolk von Appenzell Ausserrhoden deutlich Nein gesagt zum regierungsrätlichen Vorschlag, die 20 Gemeinden des Kantons zu drei, vier oder fünf Grossgemeinden zu fusionieren. 9889 Nein-Stimmen (oder 58 Prozent) standen 7024 Ja-Stimmen gegenüber. Noch deutlicher, nämlich mit 65 Prozent Ja, wurde hingegen eine Vorlage angenommen, die es Gemeinden einfacher machen soll, Fusionen einzugehen. Allerdings muss die Initiative zu einem Zusammenschluss von ihnen und nicht von oben kommen. Die Stimmbeteiligung von 46,5 Prozent zeigt auf, dass das Thema Gemeindefusionen durchaus bewegt.