Verhüllungsverbot, Autolärm und Blutspende
31.12.2024 SchweizZahlreiche neue Gesetze und Verordnungen im kommenden Jahr
Ein landesweites Verhüllungsverbot, teurere Zigarillos, tiefere Wertfreigrenze für Einkäufe im Ausland und neue Regeln für Einzahlungen in die dritte Säule: Am 1. Januar 2025 treten verschiedene neue ...
Zahlreiche neue Gesetze und Verordnungen im kommenden Jahr
Ein landesweites Verhüllungsverbot, teurere Zigarillos, tiefere Wertfreigrenze für Einkäufe im Ausland und neue Regeln für Einzahlungen in die dritte Säule: Am 1. Januar 2025 treten verschiedene neue Bestimmungen in Kraft. Ein Überblick von A bis Z.
Altersvorsorge | Wer keine Beiträge oder lediglich Teilbeiträge in die Säule 3a eingezahlt hat, kann diese Vorsorgelöcher ab 2025 unter gewissen Voraussetzungen stopfen. Die angepasste Verordnung dazu tritt am 1. Januar in Kraft. Nachträgliche 3a-Einkäufe können nur für Jahre mit AHVpflichtigem Einkommen im Inland gemacht werden. Möglich sind solche Einkäufe in Höhe von höchstens dem «kleinen Beitrag» an die Säule 3a. 2025 sind das 7258 Franken pro Kopf.
Blutspende | Ab dem neuen Jahr dürfen in der Schweiz grundsätzlich alle Menschen Blut spenden. Zudem wird die Unentgeltlichkeit der Blutspende im Gesetz verankert. Die entsprechenden Änderungen des Heilmittelgesetzes treten am 1. Januar in Kraft. Hintergrund ist, dass schwule und bisexuelle Männer nach Ausbruch der Aids-Epidemie von 1988 bis 2017 pauschal vom Blutspenden ausgeschlossen waren – unabhängig von ihrer persönlichen Lebenssituation und ihrem Verhalten. Bislang sind Männer nur zur Blutspende zugelassen, wenn sie in den vergangenen zwölf Monaten keinen Sex mit Männern hatten.
Bundesrats-«Zückerli» | Der Bundesrat verzichtet ab 2025 auf die Loge im Stadttheater Bern und die Dauerfreikarte der Schweizer Seilbahnen. Bereits 2024 liess er sich diese in Rechnung stellen. Bis Ende 2023 hatte er sie gratis erhalten. Das Bundesamt für Justiz (BJ) kam indessen zum Schluss, dass die Dauerfreikarte unter Umständen gegen das Verbot der Vorteilsannahme verstossen könnte. Deshalb beschloss der Bundesrat, die Seilbahn-Abonnements 2024 zu bezahlen. In einer Neubeurteilung entschied er später, ab 2025 auf den Kauf der Abonnements für seine Mitglieder, den Bundeskanzler sowie Partnerinnen und Partner zu verzichten.
Ehen von Minderjährigen | In der Schweiz gelten ab Anfang Jahr strengere Bestimmungen gegen Ehen von Minderjährigen. Sie zielen insbesondere auf sogenannte Sommerferienheiraten. Im Ausland geschlossene Minderjährigenheiraten werden generell nicht mehr anerkannt, sofern mindestens einer der Ehegatten bei der Eheschliessung seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Zudem erhalten Betroffene und Behörden mehr Zeit, gegen Ehen vorzugehen. Gerichte können künftig Ehen bis zum 25. Lebensjahr eines minderjährig verheirateten Ehepartners für ungültig erklären. Die Revision betrifft nur im Ausland geschlossene Ehen.
Einkaufstourismus | Auf das neue Jahr hin sinkt die Wertfreigrenze bei Einfuhren für den privaten Gebrauch. Das bedeutet, dass Reisende ab 2025 Waren zum privaten Gebrauch noch bis zum Gesamtwert von 150 Franken pro Person und Tag steuerfrei einführen dürfen. Ist der Gesamtwert pro Person höher, muss auf den eingeführten Waren die Schweizer Mehrwertsteuer entrichtet werden. Bislang lag die Obergrenze bei 300 Franken. Mit der Verordnungsänderung setzte der Bundesrat einen Auftrag des Parlaments um. Dieses will mit der Massnahme dem Einkaufstourismus entgegenwirken.
Energiegewinnung | In Eignungsgebieten, welche die Kantone mit Rücksicht auf Natur- und Landschaftsschutz sowie die Landwirtschaft bezeichnen müssen, haben neu auch grosse Solaranlagen mit einer Winterstromproduktion von mindestens 5 Gigawattstunden (GWh) grundsätzlich Vorrang. Mitspracherechte hat die Bevölkerung aber weiterhin. Beispielsweise bleiben in Gemeinden Abstimmungen über konkrete Projekte möglich. Für 16 explizit genannte Wasserkraftprojekte gibt es planerische Erleichterungen mit gegenüber heute weniger Mitsprachemöglichkeiten. Wasserkraftwerke dürfen ausserdem unter gewissen Bedingungen in Biotopen von nationaler Bedeutung, in gewissen Wasser- und Zugvogelreservaten, auf Gletschervorfeldern und alpinen Schwemmebenen geplant werden.
Energie-Beiträge | Wer eine Photovoltaikanlage von mindestens 100 Kilowatt Leistung über einem bisher unüberdachten Parkplatzareal bauen will, erhält neu einen Bonus. Neu können auch für Projekte für Windenergie-, Wasserkraft- sowie Geothermie-Kraftwerke Gesuche um Übernahme von höchstens 40 Prozent der anrechenbaren Projektierungskosten gestellt werden.
Hühnerküken | Die Eierbranche hat dank moderner Technologie einen Ausweg aus dem Töten männlicher Küken gefunden. Zum Einsatz kommt eine nicht-invasive Geschlechtsbestimmung für das noch nicht ausgebrütete Küken. Dank der sogenannten In-ovo-Geschlechtsbestimmung mit spezieller Bildgebungstechnologie kann das Geschlecht am elften oder zwölften Tag der Bebrütung festgestellt werden. In der konventionellen Landwirtschaft erfolgt die Umstellung auf die Geschlechtserkennung im Ei in einem Schritt. Die technischen Einrichtungen dafür werden in beiden grossen Brütereien ab Anfang 2025 in Betrieb genommen. Bis Ende 2025 sollten die Prozesse vollständig umgesetzt sein.
Klima | Die Schweiz hat vom neuen Jahr an Wegmarken für die Senkung ihrer Treibhausgasemissionen bis auf «Netto Null» im Jahr 2050. Das Klimaschutzgesetz ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Während Letztere auf Verbote – etwa von fossilen Treibstoffen – und einen Absenkpfad setzte, bevorzugte das Parlament gesetzlich verankerte Verminderungs- und Etappenziele.
Krankenkasse | Wer sein Krankenkassenmodell ändern möchte, kann dies in gewissen Fällen ab 2025 auch unter dem Jahr tun. Bisher konnten Versicherte, die sich für eine Wahlfranchise über 300 Franken und die freie Wahl der Leistungserbringer entschieden, ihr Versicherungsmodell nicht unterjährig wechseln. Neu wird das System flexibler. Neu können Betroffene in ein Modell mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer – beispielsweise Hausarzt-, HMO- oder Telemedizin-Modell – beim eigenen Versicherer wechseln, um weniger Prämien bezahlen zu müssen. Der unterjährige Wechsel zu einem anderen Versicherer bleibt weiterhin nicht möglich.
Kredite | Der Höchstzinssatz für Konsumkredite wird dem sinkenden Zinsniveau angepasst. Auf Anfang Jahr sinkt der Höchstzinssatz für Barkredite von 12 auf 11 Prozent. Gesenkt wird auch der Höchstzinssatz für Überziehungskredite, zum Beispiel bei Kreditkarten, nämlich von 14 Prozent auf 13 Prozent. Für 2024 waren beide Sätze wegen steigender Zinsen um je einen Prozentpunkt angehoben worden; dies wird nun wieder rückgängig gemacht.
Strassenlärm | Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat die Liste der zu vermeidenden Geräusche aktualisiert. Ab 2025 ist es ausdrücklich verboten, vermeidbaren Lärm mit Auspuffanlagen, insbesondere Knallgeräusche, zu erzeugen. Es drohen Bussen bis zu 10 000 Franken. Bestehende lärmbezogene Ordnungsbussen – wie etwa für das unnötige Laufenlassen des Motors – werden von 60 Franken auf 80 Franken erhöht.
Stromversorgung | Das Stromversorgungsgesetz schafft die Grundlagen, um in der Schweiz rasch mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasser, Sonne, Wind oder Biomasse zu produzieren. Dies soll die Abhängigkeit von Energieimporten und das Risiko von kritischen Versorgungslagen verringern. Das Gesetz umfasst sowohl Förderinstrumente als auch neue Regelungen für Produktion, Transport, Speicherung und Verbrauch von Strom und es führt eine obligatorische Wasserkraftreserve ein.
Tabak | Tabak für Zigaretten zum Selberdrehen, Zigarren sowie Zigarillos wird ab dem 1. Januar teurer. Herkömmliche Zigaretten sind von der Steuererhöhung nicht betroffen. Die Steuererhöhung entspricht bei Feinschnitttabak zum Selberdrehen von Zigaretten, Tabakprodukten zum Erhitzen sowie Snus einem Preisaufschlag von rund 40 Rappen pro Detailverkaufspackung. Der Bundesrat erwartet Mehreinnahmen von rund 45 Millionen Franken.
UKW-Radio | Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR schaltet die UKW-Antennen per Ende Dezember 2024 ab (siehe Artikel auf Seite 6). Um DAB+ empfangen zu können, benötigt man ein entsprechendes Gerät oder einen Adapter. Seit einigen Jahren werden Neuwagen serienmässig mit digitaler Technologie ausgestattet. Ausser über die modernen Kanäle wird dagegen weiterhin eine Mehrheit der Privatradios in der Schweiz auch via UKW sende, insbesondere jene in der Westschweiz. Ende 2026 läuft jedoch dann auch ihre Frist ab.
Verhüllungsverbot | Ab dem Neujahrstag darf man in der Schweiz an öffentlich zugänglichen Orten das Gesicht nicht mehr verhüllen. Die Gesetzesänderung geht auf die Burka-Initiative zurück. Vorgesehen sind bei Verstössen Bussen von bis zu 1000 Franken. Das Verbot betrifft nicht nur Trägerinnen religiöser Gesichtsschleier. Das neue Gesetz erfasst beispielsweise auch Hooligans oder gewalttätige Demonstrierende, die sich vermummen. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen. Erlaubt bleibt die Verhüllung des Gesichts etwa in Gotteshäusern, an der Fasnacht, zum Schutz gegen Kälte oder zum Gesundheitsschutz. Behörden können Verhüllungen ausserdem an Demonstrationen bewilligen, wenn diese zur Ausübung der Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit notwendig sind.
Zulagen | Ab 2025 steigen die Renten von AHV und IV um 2,9 Prozent. Der Bundesrat hob die Minimalrente um 35 auf 1260 Franken an. Die Kinderzulage steigt von 200 auf 215 Franken, die Ausbildungszulage von 250 auf 268 Franken pro Monat. Die Erhöhung der Familienzulagen ist die erste Anpassung seit Inkrafttreten des Familienzulagengesetzes im Jahr 2009. Sie macht 7,1 Prozent aus. Die Familienzulagen sollen die Kosten von Eltern für den Unterhalt der Kinder teilweise ausgleichen.
Zuwanderung | Für Erwerbstätige aus Kroatien gilt ab dem 1. Januar wieder die volle Personenfreizügigkeit. sda.
BASELBIET
Altersbetreuung | Die Änderung der Altersbetreuungs- und Pflegeverordnung betrifft die sogenannte «Erfassungsmethodik», eine kantonsweit geltende Vorgabe für die Alters- und Pflegeheime (APH) zur Erfassung der Kosten und Leistungen in der stationären Pflege. Die Methodik wird durch die Ergebnisse der in den Pflegeheimen durchgeführten Zeiterfassungsstudie (ZES) ergänzt. Die bisher geltende pauschale Personalzuteilung wird abgelöst.
Apotheker | Für Apothekerinnen und Apotheker mit abgeschlossenem Staatsexamen, die sich noch in Weiterbildung zum eidgenössischen Fachtitel befinden und in eingeschränkter Stellvertreterfunktion in Apotheken tätig sind, werden gewisse Einschränkungen zeitlicher und örtlicher Natur flexibilisiert. Zudem soll für Drogistinnen und Drogisten, welche die Voraussetzungen für eine fachlich eigenverantwortliche Berufsausübung nicht erfüllen, neu ebenfalls eine gleichartige eingeschränkte Stellvertreterbewilligung geschaffen werden.
Sozialhilfe und Asyl | Die Höhe des Grundbedarfs in der Sozialhilfe wird der Teuerung angepasst. Die Anpassung erfolgt im Rahmen der automatischen Teuerungsanpassung des Sozialhilfegesetzes. Der Grundbedarf für eine Einzelperson wird dabei von 1031 auf 1061 Franken angehoben. Der Regierungsrat passt zudem das Abgeltungssystem im Asyl- und Flüchtlingsbereich an. Durch das neue Abgeltungssystem wird die unterschiedliche Lastenverteilung unter den Gemeinden besser abgebildet. Das neue Abgeltungssystem berücksichtigt die Aufnahmequote in den Gemeinden und ermöglicht eine zusätzliche Abgeltung von Risikofällen. Zudem entlastet es die Gemeinden in administrativer Hinsicht.