Unscheinbare Einwanderer
04.11.2025 NaturAndres Klein
Pflanzen mit grossen farbigen Blüten fallen auf. Sie sind daher oft beliebt. Viele Naturliebhaberinnen und -liebhaber kennen ihre Namen. Das gilt für Orchideen, Glockenblumen und Enziane genauso wie für den Mohn oder die Hundsrose. Sind die ...
Andres Klein
Pflanzen mit grossen farbigen Blüten fallen auf. Sie sind daher oft beliebt. Viele Naturliebhaberinnen und -liebhaber kennen ihre Namen. Das gilt für Orchideen, Glockenblumen und Enziane genauso wie für den Mohn oder die Hundsrose. Sind die Blüten aber klein und grünlich, kennt sie kaum jemand.
Seit sich unser Klima stetig erwärmt, kommt ein unscheinbares Kraut mit grünlichen Blüten nicht nur im Mittelmeerraum, im Tessin und in den Bündner Südtälern vor, sondern kann auch vermehrt in der Nordwestschweiz beobachtet werden. Es heisst «Niederliegendes Glaskraut».
Diese Pflanze gedeiht an Mauern, auf Steinhaufen, an Weg- und Strassenrändern und auf Ruderalflächen. Sie wird maximal 40 Zentimeter hoch, ist meist niederliegend und verzweigt. Die Sprosse steigen zum Teil bogenförmig auf. Die Blätter sind 1 bis 4 Zentimeter lang, eiförmig bis rundlich und zugespitzt. Sie sind oberseitig leicht glänzend und mit flaumigen Haaren bestückt. Die Stängel sind manchmal kahl, manchmal behaart. Die Hochblätter sind am Grunde etwas verwachsen und bilden ein kelchartiges Gebilde. Die Blütenstände stehen dicht-knäuelig in den Blattwinkeln mit männlichen, weiblichen und zwittrigen Blüten. Die Blüten sind 2 bis 3 Millimeter im Durchmesser und grün. Die Staubfäden sind rötlich. Die Pflanzen blühen von April bis Juli. Einzelne Exemplare können auch noch im Herbst aufblühen. Die Früchte (Nüsschen) sind 1,5 Millimeter lang, weniger als 1 Millimeter breit. Sie haben ein stumpfes hinteres und ein spitzes vorderes Ende, oft mit einem kleinen Stachel.
Wie auch andere Einwanderer kann das Glaskraut auch nützlich sein. Die Asche dieser Pflanze kann zur Reinigung von Glas verwendet werden, da sie Kaliumnitrat enthalten, das leicht scheuernd wirkt. Die Asche wurde auch zum Herstellen von Emaille verwendet. Für E-Mails hingegen eignet es sich nicht …
Der Name «Glas» könnte auch eine Analogie von Glas hinsichtlich der leicht zerbrechlichen Stängel sein. Der wissenschaftliche Name «Parietaria» stammt vom lateinischen Wort «paries» für Mauer ab und weist auf die Standortbedingungen hin. Im Deutschen gibt es auch Namen wie Mauerkraut, Wandkraut, Tag-und-Nacht-Kraut oder Sankt-Peters-Kraut.
Weiter verbreitet als das Niederliegende Glaskraut ist das Aufrechte Glas-Kraut. Es kommt in der Schweiz im Wallis, im Tessin, am Genfer-, Neuenburger- und Bielersee sowie entlang der Aare vor.
Früher wurden die Glaskräuter auch als harntreibendes Mittel eingesetzt. Auch bei Ödemen und Nierensteinen kamen sie zur Anwendung. Heute werden diese Pflanzenarten nicht mehr zu medizinischen Zwecken eingesetzt. Die Glas-Kräuter haben keine Brennhaare. Sie können somit ohne Schaden von unseren Händen berührt werden. Das Glas-Kraut gehört zur der Familie der Brennnesselgewächse und sie brennt nicht, so wie nicht alle Leute aus der Familie Klein wirklich klein sind.
Andres Klein ist Botaniker. Er lebt in Gelterkinden.

