Da war sie, die 92. Minute, als sich Niclas Füllkrug im Schweizer Strafraum in die Höhe schraubte und zum erlösenden Ausgleich für die Deutschen einnickte. Der Jubel bei Schwarz-Rot-Gold war riesig, man lag sich in den Armen und feierte den soeben erreichten Gruppensieg. Wir ...
Da war sie, die 92. Minute, als sich Niclas Füllkrug im Schweizer Strafraum in die Höhe schraubte und zum erlösenden Ausgleich für die Deutschen einnickte. Der Jubel bei Schwarz-Rot-Gold war riesig, man lag sich in den Armen und feierte den soeben erreichten Gruppensieg. Wir auf der Gegenseite waren total bedient, der Sieg gegen unseren grossen Rivalen war zum Greifen nah. Das Spiel war nicht reich an Torszenen, es lebte vor allem von der unglaublichen Spannung und Intensität. Und das erlösende Hurra der Deutschen zeugte auch von der taktisch, spielerisch und kämpferisch grossartigen Leistung der Schweizer Nati. Wir haben unseren Tischnachbarn in der «BrewDog Bar» an der Kaiserstrasse gratuliert und noch das eine oder andere leckere Bier genossen. Doch der Reihe nach: Warum sassen wir eigentlich in einer Bar? Unser Ziel war doch die offizielle Fanzone gewesen.
Es begann am Sonntagmorgen mit der schlechten Nachricht, dass sich unser Reiseleiter krankheitsbedingt für den Ausflug nach Frankfurt abmelden musste. So bestiegen wir in Basel um die Mittagszeit halt nur zu siebt den Zug. Die Fahrt dauerte etwas länger als geplant, was unserer guten Stimmung aber keinen Abbruch tat – unsere Zugnachbarn sahen das wohl etwas anders.
Nach dem Check-in im Hotel kehrten wir beim Italiener um die Ecke zum Essen ein. Das Essen war in Ordnung, das Bier hingegen schmeckte abgestanden. Aufgestanden sind wir, als der Schweizer Fanmarsch, eigentlich unbewilligt, singend und klatschend an uns vorbeizog und die Kaiserstrasse in ein rot-weisses Meer verwandelte. Mittendrin waren ein paar weitere Oberbaselbieter auszumachen, die für einen kurzen Schwatz bei uns Halt machten. Darunter war mit Heinz Degen auch der Mann, welcher der «Volksstimme» von unserem geplanten Ausflug erzählt und so diesen EM-Beitrag initiiert hatte. Danke für die Arbeit, Heinz!
Als der Kellner uns fragte, ob wir noch gerne einen Grappa oder Limoncello zum Abschluss hätten, entschieden wir uns für Letzteren. Die sieben Limoncelli kamen prompt – ebenso wie der Kellner mit der Rechnung. Wir staunten nicht schlecht: 52,50 Euro – 7,50 pro Gläschen! «So gar nicht Italiener-like», fanden wir und machten uns schnell auf in Richtung Mainufer, wo sich die offizielle Fanzone befindet. Dort angelangt standen wir vor verschlossenen Türen. Obwohl es noch volle zwei Stunden bis zum Anpfiff dauerte, war die Fanzone schon voll und ein Einlass unmöglich.
Wir kehrten also wieder in die Kaiserstrasse zurück und fanden mit «Brew-Dog» die eingangs erwähnte Bar mit feinem Bier und dem grossen Bildschirm, wo wir uns nach lustigem Kartenspiel das spannende Spiel der Nati gegen den grossen Nachbarn reinzogen.
Silas Götz
Silas Götz (38) ist langjähriges Mitglied des FC Gelterkinden, hat über viele Jahre die Fussballschuhe für den Verein geschnürt und ist noch als Schreiberling für das Kluborgan tätig. Mit Freunden geht er seit 2012 regelmässig auf EM- und WM-Reisen, um sich die Spiele im Public Viewing in geselliger Runde neben Kartenspiel und beim einen oder anderen Bierchen genüsslich zu Gemüte zu führen.
Die EM hautnah
vs. Nur rund 2 Kilometer ist das Oberbaselbiet an den nördlichsten Zipfeln von Deutschland entfernt. Entsprechend lassen es sich einige Fussball-Fans aus dem «Volksstimme»-Gebiet nicht nehmen, die Europameisterschaft beim «grossen Nachbarn» live zu verfolgen. Die «Volksstimme» präsentiert im Verlauf der EM sporadisch Erlebnisse von Oberbaselbieter EM-Touristen.