Trotz schlechter Zahlen eingebürgert
11.06.2025 AnwilFinanzchef Darryl Ackermann wird ein echter «Ammeler»
An einem grösseren Wohnbauprojekt sollen sich die Anwilerinnen und Anwiler beteiligen können: Die Gemeindeversammlung bewilligte einen Kredit, um die Grundlagen für die Gründung einer Genossenschaft zu ...
Finanzchef Darryl Ackermann wird ein echter «Ammeler»
An einem grösseren Wohnbauprojekt sollen sich die Anwilerinnen und Anwiler beteiligen können: Die Gemeindeversammlung bewilligte einen Kredit, um die Grundlagen für die Gründung einer Genossenschaft zu erarbeiten. Zudem hiess sie die Rechnung mit einer Viertelmillion Verlust gut.
Christian Horisberger
An der Anwiler Gemeindeversammlung führte nichts an Darryl Ackermann vorbei. Mit der Rechnung und zwei Kreditvorlagen hatte der Gemeinderat nicht nur den Lead in drei Geschäften, er war zudem die zentrale Figur eines vierten Traktandums, einer Einbürgerung: Der angehende Rechtsanwalt mit Heimatort im Kanton Solothurn, der in Anwil aufwuchs, beantragte das Bürgerrecht. Dieses erteilte ihm die Einwohnergemeindeversammlung einstimmig, zudem gab es Applaus. Dies, obwohl Ackermann den Anwilern zuvor «eines der schlechtesten Ergebnisse in den vergangenen Jahren» vorlegen musste, wie er selber sagte.
Die Rechnung 2024 weist bei Ausgaben von 2,96 Millionen Franken einen Verlust von 266 000 Franken aus. Budgetiert war eine schwarze Null. Die deutliche Abweichung begründete der Finanzchef mit einem starken Kostenanstieg in den Bereichen Asylwesen, Lohnkosten für Lehrkräfte sowie Pflegeheime und Spitex. Es sei teils auch zu optimistisch budgetiert worden. So bei den Steuererträgen, beim Finanz- und Lastenausgleich und auch bei der Kindertagesstätte. Das Angebot werde zu wenig genutzt, sagte der Finanzchef. Die Gemeinde sei bestrebt, durch Ferienangebote oder Kooperationen mit privaten Betreuungsangeboten zusätzliche Einnahmen zu generieren, erklärte er. Sollte sich aber auf lange Frist keine Verbesserung ergeben, müsse das Angebot allenfalls eingestellt werden. Das hörte der frühere Gemeindepräsident Marcel Koenig nicht gern: Er forderte den Gemeinderat auf, die Flinte nicht zu rasch ins Korn zu werfen, zumal in wenigen Jahren durch eine Gesetzesänderung mit staatlichen Geldern für die Kinderbetreuung zu rechnen sei.
Überbauung mit Genossenschaft
Die Aufwertung des Gebiets «Eichmet» mit Schule und Kindergarten, KiTa, Gemeindeverwaltung, Mehrzweckhalle, Werkhof und einer gemeindeeigenen Baulandparzelle wird die Gemeinde für einige Jahre beschäftigen. Nach einer Zonenplanänderung im Herbst 2023 soll das dortige Wohnbauprojekt mit Einfamilienhäusern und Mietwohnungen nun weiter vorangetrieben werden. Auf Vorschlag der «Eichmet»-Kommission soll das Grundstück nicht einem Investor zur Entwicklung übergeben, sondern eine eigene Trägerschaft angestrebt werden, an der sich die Einwohnerinnen und Einwohner beteiligen können – dies nach dem Vorbild eines genossenschaftlichen Wohnbauprojekts in Kienberg. Für eine Kostenschätzung, juristische Abklärungen für eine Genossenschaftsgründung und fürs Erstellen eines Dossiers für mögliche Kapitalgeber hat die Gemeindeversammlung mit wenigen Gegenstimmen einen Kredit von 30 000 Franken bewilligt.
Ackermann informierte die Versammlung zudem über einen Grundsatzentscheid des Gemeinderats zur Mehrzweckhalle: Man habe sich für eine Sanierung und Erweiterung und damit gegen einen Neubau ausgesprochen, da sich die Bausubstanz in einem guten Zustand befinde. Auch hier folgte der Gemeinderat der «Eichmet»-Kommission, die in einem nächsten Schritt das Raumprogramm für den sogenannten «Treffpunkt Ammel» erarbeitet, von dem die Mehrzweckhalle ein Teil sein wird.
Wesentlich weiter fortgeschritten ist die Planung zur Nutzungsoptimierung des Alten Schulhauses, das vor allem vom Frauenverein rege genutzt wird. Nachdem ein erster Kredit bereits aufgestockt worden ist, stand eine weitere Erhöhung zur Debatte, um gehbehinderten Menschen den Zugang zu Toiletten zu ermöglichen. Der Gemeinderat sah zwei Möglichkeiten: Einen Treppenlift zum WC im 1. Stock oder eine neue, barrierefreie Toilette im Erdgeschoss, die durch einen sogenannten «Eurokey» jederzeit auch von aussen zugänglich wäre.
In der Einladung zur «Gmäini» hatte der Gemeinderat noch die günstigere Treppenlift-Lösung für 20 000 Franken favorisiert. Als die einheimische Geschwister-Broglin-Stiftung wenige Tage vor der Versammlung in Aussicht stellte, die zusätzlichen 40 000 Franken fürs separate Behinderten-WC zu übernehmen, änderte der Gemeinderat seine Meinung. Und die Versammlung folgte ihm nach einer angeregten Diskussion: Somit wurde der Kredit um brutto 60 000 Franken auf nun 160 000 Franken aufgestockt.
«Lex Anwil» chancenlos
ch. Gar nichts zu diskutieren gab es an der Anwiler Gemeindeversammlung überraschend zu einer aussergewöhnlichen Forderung: Die Einwohner Felix Krucker und Urs Wiederkehr beantragten für die Gemeinde eine «Lex Anwil». Demnach sollen diverse Reglemente aufgehoben und vielerlei «Unsitten» und Vergehen künftig explizit geduldet werden. Die Aufzählung ist abenteuerlich: Aufzuheben seien das Hundereglement, das Strassenverkehrsgesetz (zugunsten von Spielstrassen) oder die Nacht- und Ruhezeiten. Regeln betreffend Lärm- und Geruchsimmissionen, Ruhe, Ordnung, Sicherheit, Anstand, Respekt und sozialem Frieden seien ebenfalls für nichtig zu erklären. Uneingeschränkt zu dulden seien hingegen Mobbing an der Schule und gegenüber Minderheiten, Beschimpfungen, Beleidigungen, falsche Schuldzuweisungen, Morddrohungen, Hasstiraden und so weiter.
Die Antragsteller kamen der Einladung des Gemeinderats nicht nach, ihre Beweggründe für ihr Begehren darzulegen, sie waren an der Versammlung auch nicht präsent. Ein Votum des früheren Gemeindepräsidenten Marcel Koenig deutete darauf hin, dass es bereits einige Scharmützel zwischen den Antragstellern und den Gemeindebehörden gegeben hat, auch vor Gericht. Gemeindepräsident Michael Schaffner interpretierte den eigentümlichen Antrag auf Nachfragen der «Volksstimme» so: Da die Behörden auf Beschwerden der beiden Männer verschiedentlich nicht in deren Sinne reagiert hätten, seien sie wohl der Meinung, dass die Grundlagen, auf die sich ihre Beschwerden stützen, genauso gut aufgehoben werden könnten. Wenig überraschend erklärte die Versammlung den Antrag einstimmig als nicht erheblich. Damit ist er vom Tisch.