Time to say goodbye
20.11.2025 Sport«Ich bin ausser mir über den Entscheid des SFV», «whatsappt» Adrian mir an einem Novemberabend. Pia Sundhage sei die erste Trainerin gewesen, die es verstanden hätte, «aus dem Haufen von Jung und ‹Alt›» ein Team mit denselben Zielen zu bilden. ...
«Ich bin ausser mir über den Entscheid des SFV», «whatsappt» Adrian mir an einem Novemberabend. Pia Sundhage sei die erste Trainerin gewesen, die es verstanden hätte, «aus dem Haufen von Jung und ‹Alt›» ein Team mit denselben Zielen zu bilden. «Der Verband hat es definitiv vermasselt, dies weiterzuentwickeln», lässt Adrian weiter Dampf ab. Er ist nicht der Einzige, der sich bei mir in den vergangenen Wochen erbost und enttäuscht zu dem Thema gemeldet hat. Selbst Stephy, eine Freundin aus der Schule in Niederdorf, die mit Sport so gut wie nichts am Hut hat, fragte mich mit grossen Augen: «Was ist passiert mit der Nationaltrainerin? Kannst du es mir erklären?»
Im Grunde ist es einfach: Der Schweizerische Fussballverband wollte den zum Jahresende auslaufenden Vertrag mit Nationaltrainerin Pia Sundhage nicht verlängern und hat Anfang November mit dem Spanier Rafel Navarro einen neuen Coach vorgestellt. Nüchtern betrachtet ein ganz normaler Vorgang im Fussball. Dass nun aber Fans und Fussball-Interessierte mit mehr Emotionen auf den Sundhage-Abgang reagieren und es auch medial ein grosses Thema war, ist verständlich. Nach der Heim-EM mit solch grosser Euphorie und dem erstmaligen Erreichen eines EM-Viertelfinals ist die Schwedin den Schweizer Fans ans Herz gewachsen.
Natürlich hat das Thema auch mich als Reporterin der Frauen-«Nati» beschäftigt. Noch im Zusammenzug Ende Oktober, als ich Sundhage mehrmals interviewte, waren Zukunftsfragen omnipräsent. Ich versuchte, Frau Sundhage mit Aussagen wie «Es könnte Ihr letztes Heimspiel mit der Schweiz sein …» und «Haben Sie während des Spiels daran gedacht, dass es das letzte Mal sein könnte?» empathisch und «süüferli» darauf anzusprechen. Weil ich merkte, dass diese Sache mehr an ihr nagte, als sie öffentlich zeigen mochte. Weil sie gerne Schweizer Nationaltrainerin geblieben wäre.
Dass der SFV sie mehr als drei Monate lang im Ungewissen über die Zukunft liess, war «unnötig und auch etwas unwürdig», merkte ich in einem Statement in der «Tagesschau» an. Aber als Reporterin ist es – so sehr ich Pia Sundhage mochte und so angenehm die Arbeit mit ihr war – auch ein gewohnter Vorgang, mich auf neue Situationen einzulassen – von Berufs wegen unparteiisch. Mir bleibt, auf die ersten Auftritte der Schweiz unter Navarro gespannt zu sein. Und auf die Reaktionen, die ich dann vielleicht von Adrian und Co. erhalte.
Seraina Degen
Seraina Degen (38) ist in Niederdorf aufgewachsen. Als Torhüterin spielte sie lange leidenschaftlich Fussball, heute bleibt sie beruflich am Ball – als Redaktorin bei SRF Sport.

