Technik ist wichtiger als Pferdestärken
09.09.2025 Basel, AutoDie Baselbieter Polizei präsentiert einen Einsatzwagen an der «Auto Basel»
Nicht an den Motoren lässt die Baselbieter Polizei schrauben, ihre Einsatzfahrzeuge werden anderweitig aufgemotzt. So, dass die Leute in der Zentrale und die Polizistin auf Streife stets ...
Die Baselbieter Polizei präsentiert einen Einsatzwagen an der «Auto Basel»
Nicht an den Motoren lässt die Baselbieter Polizei schrauben, ihre Einsatzfahrzeuge werden anderweitig aufgemotzt. So, dass die Leute in der Zentrale und die Polizistin auf Streife stets wissen, wo ihre Kollegen sind.
Daniel Aenishänslin
Sie fliegen beinahe über den Asphalt. Auf halsbrecherischer Verfolgungsfahrt lassen sich die Einsatzfahrzeuge der Polizei – strotzend vor PS – nicht abschütteln. Blaulicht und Sirene bahnen ihnen den Weg, kein Rotlicht hält sie auf. Dies sei eine doch etwas übertriebene Darstellung von Einsätzen im Polizeiauto und der Motorenleistung der Fahrzeuge, meint Marcel Wyss, Leiter Interne Kommunikation der Baselbieter Kantonspolizei.
Die Baselbieter Polizei markiert mit ihrer Basler Partnerorganisation Präsenz an der «Auto Basel». Hier steht eines der Baselbieter Einsatzfahrzeuge. Ein auf die Polizeiarbeit zugeschnittener Passat Alltrack Kombi 2.0 von Volkswagen mit Turbolader. 230 Stundenkilometer Spitze. Die Fahrzeuge sollten in jeder Situation beherrscht werden. Doch dazu später mehr.
Gemäss Wyss werden die Motoren der Polizeifahrzeuge nicht mit zusätzlichen Pferdestärken aufgemotzt, auch werden die Autos nicht tiefer gelegt. Vielmehr setze die Polizei auf Alltagstauglichkeit. Für ihre Fahrzeugwahl bedeute das etwa mehr Bodenfreiheit und damit erhöhte Geländegängigkeit noch vor höherer Maximal-Geschwindigkeit.
Der Turbodiesel im Passat kommt mit knapp 200 PS ab Werk, und dabei bleibt es auch. Durchgesetzt hat sich das Automatikgetriebe. Die Baselbieter Polizei verwendet in der Regel Kombis, denn es wird einiges an Material mit auf Streife genommen. Braucht es noch mehr Platz, wenn beispielsweise mehr als ein Delinquent mitgenommen werden muss, kommt das Modell Multivan von Volkswagen, ein Kleinbus, zum Einsatz.
Platz für Pistole und Taser
Marcel Wyss betont, was wirklich wichtig ist: «Unsere Mitarbeitenden verbringen einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit in den Polizeifahrzeugen, weshalb wir unser Augenmerk auch auf Praxis- und Erfahrungswerte wie Ergonomie, Zuverlässigkeit und Sicherheit richten.» Die Polizistinnen und Polizisten tragen einen Gürtel, den sie auch nicht ablegen, wenn sie Streife fahren: An diesem Gürtel werden neben unterschiedlichen Werkzeugen auch die Pistole und der Taser getragen. Das braucht Platz, sonst wirds ungemütlich. «Heutige Serienfahrzeuge verfügen über ein breites Spektrum an Sicherheits- und Assistenzsystemen, die auch in unseren Einsatzfahrzeugen zur Anwendung kommen», so Wyss. Eine eigens für Polizeifahrzeuge entwickelte Software wacht darüber, dass das Fahrzeug genau das macht, was Lenkerin und Lenker wünschen. Beispielsweise setzt sofort der Spurhalteassistent aus, wenn der Blaulichtbalken seine Arbeit aufnimmt. Danach steuert die Person am Lenkrad völlig frei von Fremdeinwirkung.
Mediensprecher Marcel Wyss führt aus: «Es werden polizeispezifische Komponenten wie Blaulichtbalken, Sicherheitsbeleuchtung und Kommunikationssysteme mit deren technischen Komponenten verbaut.» Konkret befindet sich zwischen Lenkrad und Beifahrer ein Display, auf dem Aufträge aus der Zentrale umgehend angezeigt werden.
Dank GPS ist sowohl für die Zentrale als auch für das Personal auf Streife rund um die Uhr ersichtlich, welches Fahrzeug sich wo aufhält. Dieses System benötigt zusätzliche Energie. Dafür sorgt ein extra vom Spezialisten für die Polizei verbauter Akku. Ein Steckdöschen hinter dem linken Hinterrad lässt den Akku erahnen. Dieser zusätzliche Strom ist unverzichtbar, denn das System bleibt rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, in Betrieb, das Fahrzeug online stets sichtbar.
BMW aus den 1980ern
«Das Fahrzeug wird so ausgerüstet, dass das Einsatzmaterial sicher im Fahrzeug mitgeführt werden kann und im Bedarfsfall schnell zugänglich ist», erklärt Wyss. Auch diesen nötigen Einbau übernimmt eine spezialisierte Firma. Wie hoch die Kosten dafür sind, konnte Marcel Wyss kurzfristig nicht in Erfahrung bringen. Bei der Beschaffung der VW-Kombis im Jahr 2010 betrugen die Kosten für die Autos rund 50 000 Franken und die der Ausrüstung weitere 40 000 Franken.
Auf jeden Fall sind die heutigen Patrouillenfahrzeuge teurer als jene, welche die Basler Kantonspolizei für ihre BMW-Flotte der 1980er-Jahre anschaffte. Die Basler zeigen gleich neben dem modernen Baselbieter Exponat ein Stück aus ihrer polizeihistorischen Sammlung, einen BMW 528i, Jahrgang 1984. Etwa gleich viel Leistung wie der aktuelle Passat, aber mit Stufenheck, völlig GPS-frei und noch mit den alten Blaulichtern statt Blaulichtbalken, wie sie einst die Kollegen von Oberinspektor Derrick einsetzten.
Der Kofferraum des Passats mit seinen Auszugsschubladen ist gut gefüllt. Hier drin führt die Polizei Blitzlampen und Absperrband mit, Fotoapparate, Ölbinder, Pylonen und Signaldreiecke. Darüber hinaus ein Gerät, um einen Hundechip auslesen zu können, oder Alkoholtestgeräte. Das bringt zusätzliches Gewicht, das man am Steuer erst einmal beherrschen können muss. Polizeisprecher Wyss: «Unsere Polizistinnen und Polizisten besuchen regelmässig Sicherheitsfahrtrainings, wo sie im Umgang mit ihren Einsatzfahrzeugen geschult werden.»
Schneller als die Polizei erlaubt
Im Einsatzfahrzeug dürfe man sich ein wenig mehr erlauben als die gewöhnliche Autofahrerin. Grundsätzlich bleibe eine Führerin oder ein Führer eines Polizei-, Feuerwehr-, Sanitäts- oder Zollfahrzeugs auf dringlichen oder taktischen Dienstfahrten straffrei, wenn die Verkehrsregeln verletzt werden. Voraussetzung sei, dass mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen werde und die erforderlichen Warnsignale abgegeben würden.
«Hat die Fahrzeugführerin oder der Fahrzeugführer nicht die Sorgfalt walten lassen, die nach den Umständen erforderlich war, oder auf dringlichen Dienstfahrten nicht die erforderlichen Warnsignale abgegeben, so kann nach aktuellem Recht die Strafe gemildert werden», so Wyss weiter. Die Beurteilung dringlicher Einsatzfahrten erfolge in Absprache mit der Staatsanwaltschaft durch die Baselbieter Polizei oder direkt durch die Staatsanwaltschaft.
Blaulicht und Sirene bahnen den Streifenfahrzeugen der Polizei also den Weg und Rotlicht hält sie auch nicht auf. Doch sind die PS-strotzenden Boliden auf halsbrecherischer Verfolgungsfahrt letztlich doch eher Fiktion als Realität. Und die muss mit 200 PS auskommen.