Streit wegen Hunden beigelegt
11.01.2024 LauwilBauern und Hundehalter gerieten sich in die Haare, Gemeinderat vermittelte
Einige Lauwiler Bauern reagierten radikal auf Hundekot und niedergetretenes Gras auf ihren Wiesen: Sie stellten Elektrozäune auf, was viele Hundehalter auf die Palme brachte. An einem vom Gemeinderat ...
Bauern und Hundehalter gerieten sich in die Haare, Gemeinderat vermittelte
Einige Lauwiler Bauern reagierten radikal auf Hundekot und niedergetretenes Gras auf ihren Wiesen: Sie stellten Elektrozäune auf, was viele Hundehalter auf die Palme brachte. An einem vom Gemeinderat initiierten runden Tisch fanden die Kontrahenten einen Kompromiss. Dieser schränkt die Freiheit der Hunde stark ein.
Andreas Hirsbrunner
Im vergangenen Spätsommer ist in Lauwil ein massiver Streit zwischen Bauern und Hundehaltern ausgebrochen. Jetzt zeichnet sich überraschend schnell eine Lösung ab. Gemeindepräsident Raymond Tanner sagt zum kurzen und intensiven Prozess inmitten eines emotionalen Umfelds: «Ich bin fast schon begeistert, wie es gelaufen ist. Der Gemeinderat hat dann auch viele positive Feedbacks aus der Bevölkerung erhalten, denn kaum einer rechnete damit, dass bei diesem hochgekochten Thema überhaupt eine Lösung möglich ist.» Und der fürs Thema zuständige Gemeinderat Renato Degiorgi fasst im neusten Dorfblatt den Konflikt unter dem Titel «Von Hunden und Rindern – eine Geschichte mit Potenzial zu einem Happy-End» zusammen.
Ausgangspunkt des Streits war, dass mehrere Landwirte vor ein paar Monaten ihre Parzellen entlang von viel begangenen Wegen und Strassen mit Elektrozäunen mit zwei Litzendrähten einhagten, obwohl kein Vieh auf den Weiden war. Sie begründeten die Massnahme damit, dass sie so ihre Wiesen vor dem vielen Hundekot und dem Niedertreten des Grases schützen wollten. Das wiederum habe etliche Hundehalter erzürnt, die sich bei der Gemeinde beschwert hätten, erzählt Tanner. Die Bauern andererseits hätten gesagt: «Wir haben genug.»
Der Gemeinderat sei zuerst der Meinung gewesen, es handle sich hier um einen Streit zwischen Privatparteien und die Gemüter würden sich wieder beruhigen. «Dem war aber nicht so. Deshalb beschlossen wir zu vermitteln und luden auf den 30. November alle Bauern und alle Hundehalter zu einem runden Tisch ein», so Tanner.
Je länger, desto sachlicher
Gekommen seien rund 30 Personen. Er habe den Abend dann nach einer kurzen Einleitung zur rechtlichen Situation und zur – neutralen – Rolle des Gemeinderats moderiert und nur eingegriffen, wenn die Diskussionen zu persönlich geworden seien. Je länger, je mehr sei es zu einem sachlichen Gespräch gekommen mit einem ersten Vorschlag seitens der Hundehalter, dass die Wiesen vom 1. April bis 31. Juli nicht betreten werden dürften, wenn das Gras höher als eine Faust hoch sei.
Die Bauern hätten das untereinander besprochen und dann ihrerseits den Vorschlag gemacht, das Betretungsverbot bis Ende Oktober auszudehnen, weil dann die Vegetationsperiode abgeschlossen sei. Die Hundehalter seien nach kurzer Diskussion einverstanden gewesen. Aus dem Plenum sei noch der Vorschlag gekommen, dass es nächsten Herbst nochmals ein derartiges Treffen geben soll, um zu schauen, ob die Lösung für beide Seiten stimmt, fasst Tanner den Diskussionsabend zusammen. Und er ergänzt: «Wir werden das auf jeden Fall nächsten Herbst einplanen.»
Unter dem Strich heisst das nun für Lauwil, dass vom 1. April bis 31. Juli auf dem ganzen Gemeindebann Leinenpflicht für Hunde herrscht – jene im Wald für diesen Zeitraum gilt aus Wildschutzgründen für den ganzen Kanton – und vom 1. August bis zum 31. Oktober eine Leinenpflicht ausserhalb des Waldes. Letztere gilt nur für jene kurzen Momente nicht, wenn das Gras nach einem Schnitt kürzer als eine Fausthöhe ist.
Der Gemeinderat will nun den Kompromiss in einem neuen Merkblatt zur Hundehaltung festhalten und dieses im Frühjahr veröffentlichen. Gleichzeitig sollen an allen neuralgischen Stellen im Dorf Informationstafeln auf die Regeln aufmerksam machen. Letzteres ist vor allem für Auswärtige gedacht, denn Tanner sagt: «Wir haben nicht nur eine relativ hohe Hundedichte im Dorf, sondern als zusätzliches Problem auch einen beachtlichen Hundetourismus. Viele Leute kommen mit dem Auto und lassen hier ihre Hunde frei.» Wobei das ein Stück weit auch der Preis dafür ist, dass das Baselbieter Bergdorf am Fusse des Passwangs mit einer attraktiven Landschaft und vielen Naturwerten gesegnet ist. Zur Lösung gehört auch, dass die Gemeinde ein paar zusätzliche Robidogs aufstellen und das kommunale Hundereglement überarbeiten will.
Direktbetroffene ohne Euphorie
Was sagen Direktbetroffene zur neuen Regelung? Hundebesitzerin Nicole Dudler, die auch eine Hundeschule betreibt, meint: «Für uns Hundehalter wird es halt schwierig, während dieser Zeit dem Hund den täglichen Freilauf hier in Lauwil zu geben.» Sie verstehe aber die Bauern auch, die auf ihr Gras angewiesen seien und deren Vieh davon leben müsse. Auf eine entsprechende Frage sagt Dudler, dass sie damit rechne, dass viele Hundehalter auf die Nachbardörfer ausweichen werden. Das hält übrigens auch Gemeindepräsident Tanner für möglich. Also eine Umkehr der heutigen Hundetourismus-Situation.
Zurückhaltend tönt es von Bauernseite. Werner Dürrenberger, mit mehreren Parzellen in unmittelbarer Dorfnähe der am stärksten betroffene Landwirt, sagt: «Wenn sich die ‹Hündeler› an die Abmachungen halten, bringen sie etwas. Aber wir müssen jetzt mal abwarten und schauen; ich bin skeptisch.» Zu schlecht seien seine Erfahrungen. So habe er Hundehalter gesehen, die mit ihren Tieren mit Frisbee-Tellern im hohen Gras gespielt hätten und immer wieder solche, die den Kot einfach liegen liessen. Oft seien das Zuzüger, denen das Verständnis für die Landwirtschaft fehle. Zudem wachse die Zahl der Hunde in Lauwil ständig. Gemäss Gemeindeverwaltung leben aktuell 44 Hunde in Lauwil; vor fünf Jahren waren es 43, vor zehn Jahren 33.