Steuerfuss auf 59 Prozent erhöht
01.12.2023 SeltisbergEGV weist das Budget 2024 an den Gemeinderat zurück
Die EGV Seltisberg hat eine 10-prozentige Erhöhung des Steuerfusses auf 65 Prozent abgelehnt und das Budget mit der Auflage zurückgewiesen, ein neues Budget auf der Basis von 59 Prozent auszuarbeiten.
...EGV weist das Budget 2024 an den Gemeinderat zurück
Die EGV Seltisberg hat eine 10-prozentige Erhöhung des Steuerfusses auf 65 Prozent abgelehnt und das Budget mit der Auflage zurückgewiesen, ein neues Budget auf der Basis von 59 Prozent auszuarbeiten.
André Frauchiger
Bei der Behandlung des Budgets 2024 an der Einwohnergemeindeversammlung am Mittwochabend wurde die Stimmung emotional und der Gemeinderat musste einiges an Kritik einstecken: Der Hinweis des Gemeinderats, dass Seltisberg auch mit einer 10-prozentigen Erhöhung des Steuerfusses nur für das Jahr 2024 finanziell aus dem Schneider sei und in den folgenden Jahren nicht aus den roten Zahlen komme, brachte in der Gemeindeversammlung das Fass zum Überlaufen: Dem Gemeinderat wurde von verschiedenster Seite vorgeworfen, nicht sparsam genug zu sein und nach wie vor zu viele Investitionen zu tätigen. Auf allen Ebenen müsse gespart werden.
Ein Antrag aus der Versammlung, auf eine Erneuerung des verrosteten Schulzauns wie auch auf weitere werterhaltende Investitionen im Umfang von rund 110 000 Franken zu verzichten, wurde von vielen Anwesenden begrüsst. Schliesslich folgte die Versammlung mit 120 Ja-Stimmen einem Antrag aus der Versammlung, den Steuerfuss um vier auf 59 Prozent zu erhöhen und den Antrag des Gemeinderats auf 65 Prozent zu verwerfen. Der Antrag auf Rückweisung des Budgets 2024 wurde mit grossem Mehr gutgeheissen. Der Gemeinderat muss nun für die nächste Einwohnergemeindeversammlung im März kommenden Jahres ein neues Budget ausarbeiten – auf der Steuerfuss-Basis von 59 Prozent.
Eine Art Déja-vu für einige, die sich noch an die EGV aus dem Jahr 2021 erinnern: Auch dort wurden Stimmen gegen die Erhöhung des Steuerfusses laut. Lediglich um 3 auf 55 Prozent wurde damals erhöht. Den Spitzenplatz als steuergünstigste Gemeinde musste Seltisberg abgeben.
Mit 137 Ja-Stimmen gutgeheissen wurde die Prüfung der Auswirkungen einer Zusammenlegung der operativen Gemeindeverwaltungen mit dem Gemeinderat Lupsingen. Dies mit dem Zusatz, dass entsprechende Gespräche auch mit der Stadt Liestal geführt werden müssen. Einzelne Referierende versprachen sich von Liestal mehr Vorteile. Mangels Kandidaturen bleibt der Sitz eines Mitglieds im Wahlbüro der Gemeinde Seltisberg weiterhin vakant.
Mit 138 Stimmen wurde der Revision des Abfallreglements auf Anfang nächsten Jahres zugestimmt. Dieses sieht neue Grundsätze für die Abfallentsorgung vor, so unter anderem bei Anlässen, grösseren Betrieben und bei Einkaufsorten.
Gemeindepräsidentin Miriam Hersche bliebt gefasst und legte mit Argumenten dar, dass sie bereits im Jahr 2008 auf die Verschlechterung des Steuersubstrats wegen der Abwanderung und dem Ableben von sehr guten Steuerzahlenden hingewiesen habe. Die Erhöhung des Steuerfusses sei aufgezeigt worden.
Steuerfussparadies?
Seit Jahren konzentriere sich die Gemeindeexekutive aufs Sparen und auf die Optimierung der Einnahmen. Allein in den Jahren 2022 bis 2024 seien dies 1,1 Millionen Franken gewesen – primär im Bereich Verwaltung und Kultur. «Es ist bereits 2008 klar gewesen, dass sich die Gemeinde die erfolgte Steuersenkung gar nicht leisten kann», meint Hersche. Das Steuersubstrat habe sich verwässert. Dreimal habe der Gemeinderat in den letzten Jahren erfolglos eine Erhöhung des Steuerfusses beantragt. Rund 15 Jahre seien die Gemeindesteuern auch im Vergleich zu den Nachbargemeinden viel zu niedrig gewesen.
Die Infrastruktur der Gemeinde, darunter das rund 60 Jahre alte Gemeindehaus, sei vollkommen überaltert, hielt Miriam Hersche fest. Investitionen seien auf ein Niveau zusammengestrichen worden, das weder eine ausreichende Instandhaltung und schon gar keine Erneuerung erlaube. Seltisberg sei in einer völligen Schieflage: 8 Millionen Fremdkapital stehen nur 900 000 Franken Eigenkapital gegenüber. Das vom Gemeinderat vorgelegte Budget 2024, basierend auf einem Steuerfuss von 65 Prozent, sah bei einem Aufwand von 6,35 Millionen Franken einen Ertrag von 6,55 Millionen vor – einen leichten Überschuss also.
Die Revision des Steuerreglements wurde mit 118 Stimmen gutgeheissen. Dabei handelt es sich um eine Angleichung an die kantonalen Regelungen. In diesem Zusammenhang wurde vom Gemeinderat bekannt gegeben, dass Steuerpflichtige in Seltisberg der Gemeinde per Ende Oktober noch insgesamt 1,5 Millionen Franken Steuern schulden. Dies als zusätzliche Last für die Gemeinde.
Das Reglement über die Kinder- und Jugendzahnpflege wurde mit 98 Ja- gegen 21 Nein-Stimmen ebenfalls gutgeheissen. Es sieht vor, dass Eltern hierfür bei einem steuerbaren Einkommen von mindestens 80 000 Franken keine Subventionen der Gemeinde mehr erhalten.
Mit 127 Stimmen gutgeheissen wurde auch die Revision des Reglements zur Begrenzung von Zusatzbeiträgen durch die Gemeinde zu den Ergänzungsleistungen ab 1. Januar 2024. Klar zurückgewiesen wurde der Investitionskredit über 460 000 Franken für eine neue Transportleitung Grundwasserpumpwerk Unterbergen. Dies mit der Auflage, Offerten einzuholen und gestützt auf diese der nächsten EGV im März 2024 eine kostenpräzise Vorlage zu unterbreiten.