Steuererhöhung abgeblockt
04.12.2025 SissachPotenzielle Zuzüger sollen nicht abgeschreckt werden
Mit 97 zu 80 Stimmen hat die Gemeindeversammlung von Sissach die vom Gemeinderat beantragte Erhöhung des Steuerfusses abgelehnt. Das Budgetdefizit erhöht sich damit auf 2,26 Millionen Franken.
Christian ...
Potenzielle Zuzüger sollen nicht abgeschreckt werden
Mit 97 zu 80 Stimmen hat die Gemeindeversammlung von Sissach die vom Gemeinderat beantragte Erhöhung des Steuerfusses abgelehnt. Das Budgetdefizit erhöht sich damit auf 2,26 Millionen Franken.
Christian Horisberger
Mit der Steuererhöhung um 2 auf 59 Prozent der Staatssteuer wolle der Gemeinderat die Verluste in den Rechnungen der kommenden Jahre reduzieren und so das Schuldenwachstum bremsen, warb der Sissacher Finanzchef Dieter Stebler (FDP) an der Gemeindeversammlung vom Dienstag für die bittere Pille: «Wir wollen der nächsten Generation keinen Schuldenberg überlassen», so der Gemeinderat. Sein Appell verfing nicht. Die «Gmäini» lehnte in einer separaten Abstimmung über den Steuersatz die Erhöhung mit 97 zu 80 Stimmen bei 9 Enthaltungen ab.
Der Finanzchef begründete die Anhebung des Steuerfusses zuvor mit stark steigenden Kosten, insbesondere für die Altersversorgung und die Kesb, sowie mit um 0,3 Prozent höheren Löhnen bei moderat steigenden Steuereinnahmen. Die Steuererhöhung (Mehrertrag: 580 000 Franken) sowie Sparmassnahmen oder hinausgeschobene Ausgaben im Umfang von 500 000 Franken eingerechnet, resultiere bei Ausgaben von 37,6 Millionen Franken immer noch ein Verlust von 1,68 Millionen (die «Volksstimme» berichtete).
Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) gab dem Budget ihren Segen, aber wohl zähneknirschend. Denn deren Präsident Hubertus Ludwig hielt an der Versammlung einmal mehr fest, dass Sissach über seine Verhältnisse lebe. Ohne ein tiefgreifendes, echtes Sparprogramm könne es nicht weitergehen, sagte der RPK-Chef. Eine Steuererhöhung sei für ihn nur dann akzeptabel, wenn er echte Sparanstrengungen erkenne. Zum Abbau der durch Investitionen wie die Dreifach-Sporthalle wachsenden Schulden sei es eine Überlegung wert, Bauland zu veräussern. Er tönte ferner an, dass die Kosten bei der Altersversorgung nicht unabänderlich seien. Der Hebel müsse hier beim Kanton angesetzt werden.
Unattraktiv für Zuzüger
In der Debatte zum Budget stiess Sonja Gerber (Friedensrichterin) ins gleiche Horn wie der RPK-Präsident. Sie erkenne den klaren Willen zum Sparen nicht. Die Gemeinde tätige Ausgaben, welche ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen würden. Und sie habe nicht den Eindruck, dass in der Vergangenheit im gleichen Masse gute Steuerzahler zugezogen sind, wie Sissach zur Erhöhung seiner Attraktivität Geld ausgegeben hat. Die Steuererhöhung, so Gerber, werde Sissach für Zuzüger weniger attraktiv machen, weshalb sie diese ablehne. Sie stellte den Antrag, separat darüber abstimmen zu lassen.
Versammlungsteilnehmer Thomas Lüthi teilte Gerbers Einschätzung: Sissach sei eine der letzten Oberbaselbieter Gemeinden mit einem «einigermassen attraktiven Steuerfuss». Dieser sei insbesondere angesichts der überdurchschnittlich hohen Mieten und Immobilienpreise im Dorf beizubehalten. Stattdessen seien bei den Ausgaben die Prioritäten anders zu setzen und zum Beispiel nicht sechsstellige Beträge für «Schwammstadt-Bäume» oder ein Gestaltungskonzept für die Begegnungszone auszugeben.
Damit reizte Lüthi Elvira Graf, ehemaliges Mitglied der Kommission Begegnungszone. Diese kritisierte ihrerseits die kürzlich für 200 000 Franken erstellte «Flugpiste» in der Begegnungszone als «ästhetischen Albtraum». Darauf hätte man besser verzichtet und nicht jetzt auf die 135 000 Franken für die Planung der Umgestaltung, sagte sie. Zudem merkte Graf an, dass eine Steuererhöhung aufgrund insgesamt 20 Millionen Franken für die Kunsteisbahn längst angezeigt gewesen wäre. Es wäre falsch, «auf dem Buckel der Schule und Kinder zu sparen». Damit zielte sie auf eine Aussage von Dieter Stebler ab, den geplanten Aus- und Umbau des Primarschulhauses Dorf überprüfen zu wollen.
Nach dem Nein zur Steuererhöhung bewilligte die Versammlung das Budget ohne weitere Diskussion knapp mit 67 zu 63 Stimmen bei 36 Enthaltungen. Der Gemeindepräsident versicherte, dass der Gemeinderat mit dem Geld sorgfältig umgehe und das Volk über jede Sondervorlage bestimme: «Es gibt Beispiele in der Geschichte, als die Gemeindeversammlung mehr Geld ausgegeben hat, als es der Gemeinderat wollte.»
Ja zu Gemeindeinitiativen
Mit überwältigendem Mehr befürwortete der Souverän die beiden Gemeindeinitiativen, die den Kommunen eine finanzielle Entlastung bringen sollen (siehe Seite 4). Einzig Hansjakob Speich, pensionierter Leiter des Rechtsdiensts der Baselbieter Regierung, sprach sich dagegen aus. Er merkte an, dass eine Entlastung der Gemeinden eine Belastung des Kantons bedeuten würde: «Dann erhöht der Kanton die Steuern.» Was gut töne, sei letztlich ein Nullsummenspiel. Gemeindepräsident Peter Buser hielt dem entgegen, dass die Initiativen auch ein Signal der Gemeinden an den Kanton seien, «dass die Aufgabenteilung nicht überall richtig ist». Das stach. Die Versammlung beschloss mit nur einer beziehungsweise zwei Gegenstimmen, die beiden Gemeindeinitiativen zu unterstützen.
Am längsten wurde über die neue Leistungsvereinbarung (2026 bis 2028) zwischen der Gemeinde und der Sport Sissach AG als Betreiberin von Kunsteisbahn und Schwimmbad diskutiert. In der Vorlage gestrichen wurde der Passus, wonach die Kunsteisbahn in Sissach gewonnenen Solarstrom (Sissastrom) beziehen muss. Das bringe eine Stromkostenreduktion von 10 Prozent, wie Gemeinderat Stephan Marti (Pro-Sissach) ausführte. Die jährliche Subvention an gemeinnützigen Leistungen bei der «Kunsti» wurde um 10 000 Franken reduziert. Kritisiert wurde die Zusatzabgeltung für Energiepreise: Im Fall eines Verlusts der AG soll die Gemeinde zusätzliche Beiträge an die Energiekosten leisten, sofern die Nettostromkosten gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind.
Themenweg im 2. Quartal 2026
Am Wort Nettostromkosten stiess sich ein Versammlungsteilnehmer. Es müsse Strompreis heissen. Darüber entbrannte eine Debatte über mangelnde Kosten- und Energieeffizienz der Sport Sissach AG. Unter anderem wurde die Frage nach dem Sinn gestellt, bereits im August den Eislauf-Betrieb aufzunehmen. Stephan Marti, der den Gemeinderat in der Sport Sissach AG – einer Gesellschaft der Einwohnergemeinde – vertritt, machte deutlich, dass sowohl auf den Energieverbrauch als auch aufs Geld geschaut werde. Mit einem neuen Gerät für eine kostengünstigere Eisbereitung mache man gute Erfahrungen und zusätzliche Eiszeit werde nur dann verkauft, wenn es damit etwas zu verdienen gebe, was die Kosten für die Gemeinde senke. Einem Änderungsantrag im Vertrag – «Strompreis» anstatt «Nettostromkosten» – wurde schliesslich mit deutlichem Mehr stattgegeben.
Ohne längere Diskussion hiess die Versammlung einen Nachtragskredit gut, der im Februar fast zum Scheitern des Themenweg-Projekts geführt hatte: Zusätzlich zum bereits bewilligten Bruttokredit stand ein Nachtragskredit von 30 000 Franken zur Debatte. Eine Formalität, «die Sie keinen Franken kostet», versicherte Gemeinderat Robert Bösiger, der in die Bresche gesprungen war und das Projekt nun durchzieht. Trotz der Erhöhung des Kredits werde die Einwohnergemeinde für das Projekt dank Sponsoren keinesfalls mehr als 65 000 berappen müssen – gemäss dem ursprünglichen Kreditantrag. Mit dem zusätzlichen Geld könnten zusätzliche Sitzgelegenheiten geschaffen und zwei der sieben Stationen mit Lichteffekten ausgestaltet werden, sagte Bösiger. Eröffnet werde der Themenweg im zweiten Quartal des kommenden Jahres.

