Schule im Sinne einer glücklichen Gesellschaft
06.06.2024 HölsteinKathrin Käser möchte eine «Lebendige Schule» gründen
Seit sechs Jahren hegt die Primarlehrerin Kathrin Käser den Wunsch, eine sogenannte «Lebendige Schule» im Waldenburgertal zu gründen. Es soll eine Privatschule werden, wobei der Fokus auf ...
Kathrin Käser möchte eine «Lebendige Schule» gründen
Seit sechs Jahren hegt die Primarlehrerin Kathrin Käser den Wunsch, eine sogenannte «Lebendige Schule» im Waldenburgertal zu gründen. Es soll eine Privatschule werden, wobei der Fokus auf eine ganzheitliche Bildung jedes Kindes im Sinne einer glücklichen Gesellschaft gerichtet ist.
Sander van Riemsdijk
Ob der Aufwand und ihre Vorstellungen einer ganzheitlichen Schule im Sinne einer «Lebendigen Schule» zum Erfolg führen, ist noch lange nicht klar. Aber versuchen möchte es die Primarlehrerin Kathrin Käser trotzdem. «In unserem heutigen Schulsystem mit den Vergleichen, dem Druck und den Bewertungen wird die angeborene Lernfreude bei den Kindern zunichtegemacht», begründet sie ihre Pläne. Mit dem Projekt «Lebendige Schule» möchte sie dieser negativen Entwicklung entgegenwirken und einen Raum schaffen, wo die Kinder ihre Lernund Lebensfreude beibehalten können. Dann sagt sie erläuternd zum konzeptionellen Inhalt ihrer ganzheitlichen Schule: «Die Kinder sollen ihrem inneren Rhythmus folgen dürfen und in ihren individuellen Stärken und Schwächen entsprechend unterstützt werden. Sie sollen leben, anstatt nur zu funktionieren.»
Die Idee, eine «Lebendige Schule» zu gründen entstand bei Kathrin Käser vor sechs Jahren. Während ihres Studiums zur Primarlehrerin hat sie oft Stellvertretungen gegeben, so auch für ein halbes Jahr in einer 1. Klasse. «In dieser Zeit ist mir bewusst geworden, wie unterschiedlich Kinder und ihre Bedürfnisse wirklich sind», sagt sie. «Und alle sollen zur gleichen Zeit das Gleiche lernen?» Sie gibt sich selbst die Antwort auf ihre Frage: «Diese Rechnung kann ja nicht aufgehen.»
Als sie die Kinder nach drei Monaten wieder besuchte, stellte sie fest, dass das Leuchten in den Augen mancher Kinder fehlte. Dies wurde zur Initialzündung, sich über eine alternative Schulform Gedanken zu machen. «Dies, weil ich gemerkt habe, was das heutige staatliche Schulsystem mit gewissen Kindern macht.»
Schule im Waldenburgertal
Kathrin Käser hat klare Vorstellungen, wie die künftige Schule aussehen und wie der Tagesablauf gestaltet werden soll. Die Infrastruktur soll aus verschiedenen Räumlichkeiten konzipiert sein und Platz bieten für maximal 20 Kinder in verschiedenen Schulstufen. Auch ein Kindergarten soll im Sinne einer schulischen Gemeinschaft integriert werden. Einen Umschwung mit Wald und Tieren soll es geben, um das naturbezogene Lernen zu fördern. In Oberdorf aufgewachsen, möchte sie ihrer Heimat mit dem Standort der Schule im Waldenburgertal etwas zurückgeben. «Es wird dem Tal guttun», sagt sie.
Käser hat bereits eine geeignete Liegenschaft im Tal im Blick, die momentan zum Kauf angeboten wird. Wo, möchte sie noch nicht verraten. Bevor ihre Vision umgesetzt werden kann, fehlt noch einiges, darunter das nötige Kleingeld. Der Start der «Lebendigen Schule» hat die Visionärin auf Beginn des Schuljahrs 2025/26 vorgesehen. Ein überaus sportliches Ziel, wie sie auch selbst findet.
Um den Kauf einer Liegenschaft mit der nötigen Struktur zu finanzieren, hat Kathrin Käser vor zwei Monaten ein Crowdfunding gestartet. Dieses soll noch bis zum 25. Juni andauern. Mit den bis heute zugesagten etwa 15 000 Franken ist sie noch weit von ihrem Ziel von 1,1 Millionen Franken entfernt. Für Kathrin Käser kein Grund, ihre Vision zu beerdigen. Im Gegenteil. Als nächsten Schritt hat sie sich nun mit ihrem Anliegen an mehrere Stiftungen gewendet und wird bei Erfolg Ende Oktober einen Antrag zur Bewilligung der Schule beim Amt für Volksschulen Baselland einreichen. So ganz ohne Staat geht es dann doch nicht. Sie hat die Vision, dass der Staat künftig auch Privatschulen finanziert, damit jedes Kind in seinem geeigneten Rahmen lernen darf. Ein selbst entworfenes Logo soll den Bekanntheitsgrad des Projekts in der Region steigern.
Mit der Gründung einer solchen Schule, die als Privatschule geführt wird, geht es offensichtlich um mehr. Kathrin Käser möchte damit ihren Beitrag zu einer glücklichen Gesellschaft leisten, wie sie betont. «Glück ist das höchste Gut. Der Schlüssel dazu ist eine ganzheitliche Bildung, in der sich Kinder in dieser Schule nach ihrem inneren Rhythmus entfalten können.» Eine Philosophie, die sich am Kopf-Herz-Hand-Prinzip von Johann Heinrich Pestalozzi orientiert. In der künftigen «Lebendigen Schule» sollen die Kinder im Rahmen der Projektarbeit und gemeinsamen Lerneinheiten nach dem Prinzip des «SEE-Learnings» (soziales, emotionales und ethisches Lernen) ohne Leistungsdruck ihre Talente entfalten können. Wobei die eigene Entwicklung und der Umgang mit Emotionen im Zentrum steht.
Bildung ist das Fundament
Es stellt sich bei allen lobenswerten Gedanken die Frage, ob ihr ehrgeiziges Konzept einer «Lebendigen Schule» die Kinder auf den späteren Eintritt in eine leistungsorientierte Gesellschaft mit einer nicht immer ausgewogenen Work-Life-Balance vorbereitet. Die Schule ist nicht frei von idealistischen Komponenten. «Bildung ist das Fundament, auf das wir unsere Gesellschaft von morgen bauen», repliziert Kathrin Käser. Vieles stimme zurzeit nicht in der Gesellschaft. Wieso solle die «Lebendige Schule» nicht einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen und kreativen Zukunft für Kinder liefern? «Oder anders gesagt: Einen Beitrag zu einem besseren Zusammenleben bieten», so Käser.
Zur Person
svr. Kathrin Käser ist 31 Jahre alt und in Oberdorf aufgewachsen. Sie wohnt in Hölstein und unterrichtet die 6. Primarklasse in Lupsingen. Neben der Ausbildung zur Primarlehrerin hat sie die Facherweiterungen für Französisch und Sport absolviert. Momentan ist sie in der Weiterbildung für das «SEE-Learning». Sie reist gerne, mit dem Ziel, andere Kulturen kennenzulernen. Sie ist vielseitig, kreativ in Handwerk und Handarbeit und spielt Gitarre. Ebenso singt sie gerne und liebt ihre beiden Kater.